Der 9. Mai 2025 wird für die Tolvanens ein Feiertag sein.
Familie, Verwandte und Freunde sind in Stockholm und sehen zu, wenn sich die Brüder Atte und Eeli im WM-Auftaktspiel zwischen Österreich und Finnland (16:20 Uhr im LIVE-Ticker >>>) gegenüberstehen.
Diese Konstellation ist freilich eine Besondere, das beweist auch der Blick in die Datenbank. Es gab bisher nur zwei Brüderpaare, die sich auf WM-Ebene begegnet sind - Steve (Kanada) und Larry Rucchin (Italien) 1998 sowie Robert (Tschechien) und Martin Reichel (Deutschland) 2003.
Nur Baby Tolvanen kann zum Spielverderber werden
Nur die Geburt von Atte Tolvanens erstem Kind könnte die Familienparty noch verhindern. Seine Frau Anna weilt hochschwanger in Helsinki, der Geburtstermin wurde mit 13. Mai berechnet.
Stand Donnerstagabend hatte es das Baby noch nicht eilig - umso schneller wird Tolvanen nach Finnland reisen, wenn der Anruf seiner Frau kommt. Er erklärte, dass er gar nicht in Stockholm wäre, wenn dieses spezielle Brüder-Duell nicht am Programm stehen würde.
"Wenn das Spiel gegen Finnland und Eeli nicht gewesen wäre, wäre ich wohl kaum hier. Ich weiß, wie besonders die Situation ist. Auch die Geburt des Erstgeborenen. Das möchte ich auch nicht verpassen", sagte der 30-Jährige gegenüber Medienvertretern.
Teamchef Roger Bader zeigte für die allgemeine Situation Verständnis: "Es gibt nichts Schöneres, als ein Kind zu bekommen. Das ist wichtiger als Eishockey."
Surreal und seltsam
Nicht nur für die vor Ort anwesenden Journalisten, die Atte und Eeli in den letzten Tagen regelrecht mit Fragen zum bevorstehenden Spiel durchlöcherten, ist dieses Duell etwas Außergewöhnliches.
"Es ist seltsam, aber es wird ein sehr schöner Freitagabend."
Auch die Brüder machen keinen Hehl daraus, dass in Schwedens Hauptstadt etwas lange Zeit Undenkbares geschehen wird. "Es wäre surreal und etwas, wovon ich nie geglaubt hätte, dass es passieren könnte", meinte Atte bereits im Februar gegenüber LAOLA1.
Sein vier Jahre jüngerer Bruder betonte: "Es ist seltsam, aber es wird ein sehr schöner Freitagabend." Im Sommer wird in der Heimat gemeinsam trainiert, "vielleicht habe ich ja noch ein paar Tricks für ihn parat", sagte Eeli mit einem Augenzwinkern.
Aber: "Vielleicht kennt er auch ein paar meiner Tricks. Wir haben sie in den Sommern ziemlich oft geübt. Er hat mir auch viele Dinge beigebracht, die aus der Sicht eines Torhüters wichtig sind", erzählte der NHL-Stürmer.
An der NHL geschnuppert, dann vor dem Karriereende
366 Spiele (84 Tore, 79 Assists) hat der Spieler der Seattle Kraken mittlerweile in der stärksten Eishockey-Liga der Welt bestritten, sein Weg in die NHL war früh vorgezeichnet, das Talent unbestritten.
Atte Tolvanen, dessen Goalie-Karriere einst startete, als ihn der älteste Bruder Joona Tolvanen (33) ins Tor stellte, war zumindest schon am Zubringer. Er verbrachte vier Jahre an der Northern Michigan University, nahm im Sommer 2017 mit Bruder Eeli am Training Camp der Nashville Predators teil.
In der Spielzeit 2018/19 folgten sechs Einsätze in der AHL, ehe es 2019 zurück in die Heimat zu den Lahti Pelicans ging. Nach einer Saison bei Ässät Sport stand die Laufbahn des Keepers am Scheideweg.
Die Optionen waren rar, die Situation wurde zur Herausforderung für die Psyche. Tolvanen war kurz davor, den Hut draufzuhauen und im Alter von 27 Jahren seine Karriere zu beenden.
"Er hat alles für diesen Sport gegeben"
Doch der mittlerweile 30-Jährige machte aus der Not eine Tugend, bei Vaasan Sport erhielt er einen Vertrag über zwei Monate, da sich Stammkeeper Rasmus Reijola, inzwischen bei Fehervar AV19 unter Vertrag, einer Hüft-Operation unterziehen musste.
Ende September folgte der Anruf aus Salzburg, der seine Karriere revitalisieren sollte. Die Roten Bullen waren auf der Suche nach einem Ersatz für den verletzten Jean-Philippe Lamoureux, der Finne hexte die Mozartstädter zu vier Meistertitel in Folge. Tolvanen wurde dreimal zum Playoff-MVP gekürt.

Seine beeindruckenden Leistungen brachten ihn auf das Radar des österreichischen Eishockeyverbands, der Tolvanen auf der Suche nach einer kurzfristigen Lösung des hiesigen Torhüter-Problems kurzerhand einbürgerte.
"Er hat alles für diesen Sport gegeben. Er hatte seine Höhen und Tiefen und hat sie durchgestanden. Jetzt hat er vier Meisterschaften in Folge gewonnen und sich für die Weltmeisterschaft qualifiziert", war Eeli stolz auf seinen älteren Bruder.
Auf einen der beiden Brüder wartet ein langer Sommer
Im Vorjahr sind beide während der WM noch gemeinsam mit ihrem Vater zusammengesessen und haben sich angesehen, wie Österreich gegen Finnland eine Sensation schaffte und durch ein Tor 0,2 Sekunden vor der Schlusssirene 3:2 gewann.
"Ich hatte eine Wette mit meinem Bruder und er musste mir am nächsten Tag das Mittagessen zahlen", erzählte Atte Tolvanen mit einem Lächeln. In Stockholm stehen nun beide am Eis, Atte mit dem Adler anstelle des Löwen auf der Brust.
Und er wird alles dafür geben, dass sein Bruder, mit dem er am Donnerstag noch Abendessen ging, ja nicht gegen ihn trifft. Sonst würde ein langer Sommer auf ihn warten. "Wir haben noch nicht viel darüber gesprochen, aber ich werde es bestimmt immer wieder zu hören bekommen, wenn er trifft."
Wenn Atte gegen Eeli ohne Gegentor bleibt, dreht sich der Spieß natürlich um - Bruderliebe eben.