news

Viveiros: Ich kenne das NHL-Team nur vom Zuschauen

Der Ex-ÖEHV-Teamchef hat nach turbulenten Tagen viel zu erzählen.

Viveiros: Ich kenne das NHL-Team nur vom Zuschauen

Am 31. August wurde Emanuel "Manny" Viveiros (55) - in der vergangenen Saison Cheftrainer des WHL-Juniorenteams Spokane Chiefs - von der NHL-Franchise Vegas Golden Knights  zum Head Coach des neu gegründeten Farmteams in Henderson, Nevada, berufen.

Nach wenigen Tagen des Trainingscamps der Silver Knights war der Austrokanadier, der schon in der Saison 2018/19 als Assistenztrainer der Edmonton Oilers NHL-Erfahrung sammelte, zurück in der obersten Profiliga. Der Grund: Ein positiver Corona-Test im Trainerstab der Golden Knights und die dem Protokoll folgende Isolation aller Trainer.

Generalmanager Kelly McCrimmon (der 60-Jährige ist der jüngere Bruder der 2011 mit Lok Yaroslavl in einem Flugzeugabsturz ums Leben gekommenen NHL-Legende Brad McCrimmon) übernahm selbst die Position des Cheftrainers, der frühere KAC-, ÖEHV- und Ingolstadt-Coach Viveiros wurde als Assistent geholt.

"Ein wirklich komischer Tag"

(Text wird unter dem Video fortgesetzt.)

Viveiros sagt im LAOLA1-Gespräch: "Dienstag war ein verrückter Tag. Wir hatten normales Training mit den Henderson Silver Knights. Danach bekamen wir den Anruf von Kelly McCrimmon, wir müssten sofort einen weiteren Covid-Test machen. Mein Trainerstab und ich, wir waren alle negativ, und zweieinhalb Stunden später waren wir statt in unserer Trainingshalle schon im T-Mobile-Center in Vegas. Das sind nur 30 Minuten Fahrzeit. Es war ein wirklich komischer Tag."

Noch am selben Abend ging allerdings das Spiel gegen die St. Louis Blues trotz Hattricks von Max Pacioretty im Shootout 4:5 verloren.

Manny erklärt dazu: "Ich kannte unsere NHL-Mannschaft nur vom Zuschauen. Wegen der Covid-Protokolle beobachteten wir aus dem Farmteam die Golden Knights nur von der Tribüne während des Trainingslagers, aber arbeiteten nicht direkt mit dem Team. Also kein persönlicher Kontakt. Und die ersten NHL-Spiele schauten wir zuhause im TV. Ich hatte keine Möglichkeit, ein Training mit Kelly und der Mannschaft zusammen zu absolvieren, meine Assistants und ich kamen direkt zum Match gegen die St. Louis Blues und auf die Bank."

Wie lange geht das Engagement in der NHL?

Donnerstag (Ortszeit) wurde das zweite Heimspiel gegen die Blues, Stanley-Cup-Sieger 2019, kurzfristig verschoben – wegen erneuter Corona-Fälle bei den Golden Knights, bei einem Spieler (vermutet wird Topstar Alex Pietrangelo) und bei einem Mitglied des Trainerstabs. Die NHL formuliert die angeordnete Quarantäne so: "… haben sich in das Protokoll begeben."

Die Trainingshalle der Golden Knights wurde "bis auf Widerruf" geschlossen. Ob die nächsten Spiele der Golden Knights gegen San Jose (in Glendale/Arizona) wie angesetzt stattfinden werden, ist offen, ebenso der Nachtrag gegen die Blues. Die NHL will in den nächsten 48 Stunden entscheiden.

Vegas ist das dritte NHL-Team nach den Dallas Stars und den Carolina Hurricanes, deren Spiele wegen Coronafällen verschoben wurden. Mit dem Farmteam soll es am heutigen Freitag mit einem Pre-Season Game gegen San Jose Barracuda weitergehen.

"Die American Hockey League (AHL) beginnt für uns am 6. Februar in der eigenen, neu erbauten Lifeguard Arena in Henderson gegen Ontario Reign und umfasst nur 40 Spiele im Grunddurchgang, jeweils innerhalb der Division", erklärt Viveiros. Da wusste er noch nicht, dass er als Kontakt oder direkt Betroffener wohl nicht dabei sein würde.

Zu den Assistenztrainern der Golden Knights gehört auch der aus seiner Zeit in Bozen, im italienischen Nationalteam und in Mannheim gut bekannte Ex-Torhüter Mike Rosati.

Den Vergleich der Arbeit der Oilers-Organisation mit der, der Golden Knights nennt Viveiros, Junioren-Vizeweltmeister von 1986 mit Kanada, "schwierig, weil beide sehr effizient sind. Wie gut Vegas organisiert ist, sieht man an den sportlichen Erfolgen in diesen vier Jahren der Existenz. Das ist eine Top-Mannschaft mit Top-Management."

"Alle werden ihre NHL-Chance bekommen"

Natürlich verfolgte Viveiros auch den vergangenen NHL-Draft genau, in dem je drei Deutsche (Stützle, Reichel, Peterka) und Österreicher (Rossi, Nickl, Baumgartner) ausgewählt wurden: "Das zeigt genau die Arbeit, die in den Vereinen dort geleistet wurde. Das sind alle Topspieler, am besten kann ich John Jason Peterka einschätzen, weil er mit meinem Sohn Layne in Salzburg spielte – und ich sehe mir ja fast jedes Spiel der Red Bulls im Livestream an. Das ist eine derart positive Entwicklung für das deutsche und österreichische Eishockey. Ich bin mir sicher, dass alle ihre NHL-Chance bekommen werden, obwohl der Unterschied zwischen U20 und NHL gewaltig ist. Aber ich traue ihnen allen eine ausgezeichnete NHL-Laufbahn zu."

Und wie beurteilt der Ex-Oiler Viveiros den deutschen NHL-MVP Leon Draisaitl aus dem Oilers-Kader? "Die Reaktion auf Leon Draisaitl als MVP waren auch hier herüben riesig. Jeder Fachmann wusste über das Potenzial von Leon Bescheid, sah seine Steigerung. Deshalb war eigentlich niemand wirklich überrascht, als er ausgezeichnet wurde! Ich kenne Leon aus meiner Zeit bei den Oilers. Er ist top, als Spieler und als Persönlichkeit."

Europäische Vergangenheit bleibt in Erinnerung

Doch Viveiros vergisst auch nicht seine europäische Vergangenheit: "Ich schaue immer, was in der DEL und der ICEHL passiert, nicht nur wegen Layne. Ich habe zwar kaum persönlichen Kontakte, aber noch viele Bekannte. Livestreams helfen mir dabei, und wenn ich Layne zuschaue, ist das schon auch eine emotionelle Sache, genauso wie beim KAC oder einigen DEL-Teams."

Und das Ziel in der "inaugural season" der Silver Knights? "Gute Frage, aber schwierig zu beantworten. Natürlich so viel Erfolg wie möglich, aber wir kennen ja nicht einmal den exakten Kader. Unsere sechs Besten sind in der "Taxi Squad" (Alle Infos zum Taxi Squad >>>). Mein Job ist es, die jungen Spieler weiterzuentwickeln und fit für die NHL zu machen. Ich hoffe, sie bleiben alle gesund. Die Golden Knights haben so viele talentierte Spieler und Tiefe, sie können wieder um den Stanley Cup kämpfen. Aber was am wichtigsten ist: In dieser verrückten Pandemiezeit überhaupt spielen zu können!"


Kommentare