Schon am kommenden Freitag fällt der Startschuss für die neue Saison der win2day ICE Hockey League.
In dieser reichte es im Vorjahr für den HC Pustertal nur zu Rang elf und somit nicht für die Playoffs. Im Sommer hat man den Kader deswegen umgebaut.
Mit dem frischen Personal erhofft man sich bei den Südtirolern, wieder den Sprung unter die besten sechs Teams zu schaffen. Ob dies gelingt?
LAOLA1-Scout Bernd Freimüller unterzieht das Team einem detaillierten Check.

Sommeraktivitäten
Nach der reichlich schwachen letzten Saison lüftete man in Bruneck durch: Von den Legionären wurde nur Wyatt Ege (wohl wegen seines Preises) bestätigt, neun neue Gastarbeiter kamen. Dazu noch mit Alex Petan einer der konstantesten Scorer der Liga, mit Goalie Andreas Bernard ein weiterer Einheimischer mit guter Vita, zuletzt aber Problemen. Einzig bei der Besetzung der U24-Positionen im Kader (Jahrgang 2000 und jünger) wurde auf Kante genäht.
Ausrufezeichen des Kaders
An Mangel an Erfahrung wird der HCP heuer nicht scheitern: Ryan Stanton, Zach Sill und Jason Akeson kennen nicht nur die DEL, Rick Schofield ist mit 36 seit Jahren ein Faktor in der ICE. Insgesamt haben zehn Cracks den 30er erreicht. Bis auf wenige Ausnahmen setzte man im Legionärssegment auf Leute mit einer großen Vita und weniger auf Experimente wie in der Vorsaison (Ben Newhouse!).
Die Verpflichtung von Akeson ist (vielleicht mit der Ausnahme von Ryan Murphy in Salzburg) der aufsehenerregendste Transfer des Sommers. In fünf Saisonen in der DEL kam der Winger auf 250 Punkte. Der 33-jährige ist vor allem im Powerplay (wenn das Spiel statischer wird) immer noch brandgefährlich, sollte in der ICE zu einem konstanten Scorer werden. Es sei denn, sein Conditioning – stets ein Thema bei den DEL-Sportmanagern – sackt weiter kategorisch ab. Für die Arbeit ohne Scheibe werden ohnehin andere Spieler zuständig sein.
Die einheimischen Kräfte (ohne Italos) sind in ihrer Leistung vorhersehbar, das Wohl und Wehe des Teams hängt daher vor den Legionären ab. Sollte Daniel Catenacci aber den zweiten Wind bekommen, wären er und Petan zwei wichtige einheimische Scorer, der kleinwüchsige Dante Hannoun war noch einer der wenigen Lichtblicke der Vorsaison.
Auf dem Reißbrett sollten Stanton und Christian Kasastul solide Defensivdefender abgeben. Arvin Atwal ist ein Goon, wenn man einen solchen braucht, kann aber auch etwas spielen. Findet sich in dieser Besetzung noch ein zweiter guter Mann für das Powerplay neben Joel Messner?
Im Angriff sind die Rollen ebenfalls verteilt: Akeson, Petan und Schofield sollten scoren. David Morley ebenso, nur: Mit 33 und nach sieben Jahren in Norwegen wird das keine leichte Umstellung mehr. Mikael Frycklund wäre als Puckträger und -verteiler vorgesehen. Für die defensiven Rollen bieten sich natürlich Sill (ein PK-Spezialist) und die Einheimischen mit beschränkter Offensive wie Raphael Andergassen, Simon Berger, der mit einer Schulterverletzung jedoch monatelang ausfällt, und Matthias Mantinger an.
Fragezeichen des Kaders
Mit Thomas Sholl war man auf der Goalieposition in den letzten beiden Saisonen verwöhnt, er rettete so manch knappes Spiel. Heuer war der HCP-Führung der Torhüter-Spot keine Ausländerlizenz wert, Andreas Bernard und Jake Smith sollten als Tandem agieren. Geht das gut? Bernards Karriere entwickelte sich von einem Starting Goalie in der Liiga zu einem ICE-Backup, Smith agiert oft spektakulär, aber auf ICE-Niveau nie als Einser. Ergibt das ein Duo zweier (bestenfalls) 1B-Goalies oder überdurchschnittliches ICE-Goaltending?
Das PK könnte für Pustertal heuer sehr wichtig werden. Atwal ist immer für eine dreistellige PIM-Zahl gut, Frycklund gehört zu den wenigen Schweden, die ihre Coaches durch strunzdumme Strafen zur Verzweiflung brachten. Dazu noch der oftmals idiosynkratische Catenacci – alleine diese drei werden schon für genug Unterlegenheitssituationen sorgen. Ergibt das zuviel Unruhe oder gerät das umgekehrt zu einem Erfolgsrezept wie in der letzten Saison, als mit Salzburg und Bozen die Finalisten auch auf Einschüchterungspersonal setzten?
Eine neue und sehr schöne Halle. Eine Reihe von Klein- und Großsponsoren. Keinerlei Verfolgungswahn gegenüber Liga oder Referees selbst in einer schlechten Saison. Der HC Pustertal hat sich in vielen Aspekten als wertvolle Ligaergänzung erwiesen, agierte andrerseits aber höchst volatil: Tomek Valtonen ist zu Beginn der dritten ICE-Saison bereits der vierte Headcoach (Interimslösungen nicht eingerechnet), bei Misserfolgen halten sogar Drei-Jahres-Pläne nicht einmal drei Monate. Allerdings: Gerade wegen dieser Historie sollte Valtonen, dessen Trainerkarriere außerhalb Finnlands bisher eher holprig verlief, etwas mehr Jobgarantie haben als seine Vorgänger.
Hier könnte nachgerüstet werden
Zehn Legionäre stehen unter Vertrag, ich gehe von keinen großen Veränderungen in nächster Zeit aus. Einzig bei Morley könnte es verlockend sein, wieder ein großer Fisch im kleinen norwegischen Teich zu werden, wenn der Saisonstart nicht gelingt.
Ausblick
Zwei ICE-Saisonen - eine in den Playoffs (5.), einer außerhalb (11.). Eigentlich ein guter Einstand, was aber überraschend kam: Der Erfolg kam vor dem Misserfolg und nicht umgekehrt. Beim HCP tue ich mir immer schwer bei den Voraussagen, aber alles andere als eine klare Steigerung zur Vorsaison und ein Mitmischen um die ersten sechs Plätze müsste eine Enttäuschung darstellen…