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J.J. Peterka: Vor der NHL-Zukunft wartet die ICE

Bernd Freimüller über die Stärken des NHL-Draftpicks bei Red Bull Salzburg:

J.J. Peterka: Vor der NHL-Zukunft wartet die ICE Foto: © GEPA

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Mit John Jason Peterka - trotz seiner amerikanischen Vornamen ein waschechter Münchner - spielt seit Saison-Beginn ein echter "Exot" in der ICE Hockey League.

Erstens, weil er erst 18 Jahre alt ist, zweitens, weil er beim EC Red Bull Salzburg einen Stammplatz besitzt und drittens, weil er bereits offensiv produzieren kann (sechs Punkte in sieben Spielen).

LAOLA1-Scout Bernd Freimüller wirft einen Blick auf den Zweitrunden-Draftpick der Buffalo Sabres.

Peterka spielt seit der Saison 2016/17 im Red-Bull-Eishockey-Gebilde – zuerst in der Akademie, dann letzte Saison bereits für Red Bull München in der DEL, die ihn aufgrund des ausgebliebenen Saison-Starts (Auftakt am 17. Dezember geplant) nach Salzburg überstellten. Dort spielt er seit Saison-Beginn und damit wurde er strenggenommen aus der ICE gedraftet.

Aber natürlich haben sich die Buffalo Sabres nicht aufgrund der beiden Liga-Spiele vor dem Draft für ihn entschieden, der Deutsche machte sich vor allem in der letzten Saison und dank einer sehr guten U20-WM einen Namen.

Was zeichnet den Flügel aus? Woran muss er noch arbeiten?

Peterka ist schon seit Jahren ein Offensiv-Bringer, egal in welcher Mannschaft er spielt. Das spiegeln meine sieben Reports seit seiner Akademie-Debüt-Saison 2016/17 wieder. "Dominierte nach Belieben" - "Mann gegen Jugendliche" - "Größere Intensität als andere" - "Schärfere Pässe, härtere Schüsse als bei Altersgenossen", lauten nur einige Reports. Natürlich spielte er fast immer gegen ältere Gegner, was seine Offensiv-Zahlen noch eindrücklicher machten: 94 Punkte in 48 Spielen sind immer eine Marke – umso mehr, wenn das einem 16-Jährigen in der tschechischen U19-Liga gelingt!

Am wenigsten Vertrauen brachten ihm noch die Coaches der deutschen U18-Nationalmannschaft beim Turnier in Frankreich im Frühjahr 2019 entgegen, wo er in der vierten Linie und mit limitierter Powerplay-Zeit spielte.

Einige Monate später bei der U20-A-WM in Ostrava sah es schon ganz anders aus – Peterka bildete dort mit Tim Stützle und Lukas Reichel (beide im Gegensatz zu ihm in der ersten Runde gedraftet) eine schnittige Waffe.

Jugendtypische Schwächen

Soweit zur Vergangenheit, die im Oktober für Peterka als 34. Pick im Entry Draft endete. Doch wie präsentiert er sich in aktuellen Saison für den EC Red Bull Salzburg?

Wie so viele junge Spieler, die im Nachwuchs aufgrund ihres offensiven Talents dominierten, muss sich Peterka die defensive Seite des Spiels erst aneignen. Im Jugendbereich sah er sich das Geschehen nach Puck-Verlusten oft erst einmal an, hoffte darauf, dass die Scheibe wieder zu ihm zurückkam, bevor er mit zeitlicher Verzögerung auf Backcheck umschaltete.

Das ist natürlich im Seniorenbereich nicht mehr in diesem Ausmaß der Fall, aber die Feinheiten des Defensiv-Spiels muss er noch lernen. Bester Beweis dafür etwa das erste Gegentor beim Spiel in Wien: Erst kann er eine aus der Rundung kommende Scheibe nicht kontrollieren, dann zögert er dabei, mit Intensität Richtung Mitte des Eises in die Schussrichtung zu skaten.

Wie viele junge Spieler hat er "Saucer Eyes", wenn es um den Puck geht – oft folgt sein Blick nur der Scheibe ("mesmerized by the puck"), er verliert dabei den Gegenspieler in seinem Rücken aus den Augen, sein Stock befindet sich nicht in der Passing Lane. Im Zweifelsfall befindet er sich auch vor dem Puck, versucht die Zone frühzeitig zu verlassen und bevorzugt die Offensive vor der Defensive.

Alles natürlich behebbare Mängel, je eher sie Peterka abstellt – und Salzburg ist dafür eine sehr gute Gelegenheit – desto weniger Zeit wird er in Rochester (Farmteam der Sabres) verbringen müssen.

Pässe und Schüsse gefährlich

Im Gegensatz zu Coaches oder Scouts, die sich mit diesen Details natürlich genauer auseinandersetzen, sind Peterkas offensive Gaben. Die sind auch für die Allgemeinheit klar ersichtlich. Er ist sowohl ein Passgeber als auch ein Torjäger. Seine Pässe kommen schnell, genau und vor allem hart – letzteres oft ein Manko bei jüngeren Spielern.

Er ist zwar kein Pass-Zauberer wie etwa John Hughes oder Dragan Umicevic, aber er hat eine Gabe, die ihm in der NHL sehr zugute kommen wird: Er verarbeitet das Spiel schnell, klebt nicht zu lange an der Scheibe, leitet sie schnell weiter. "Twitchy hands", ein treffender Terminus, den ich in einem Scouting Bericht gelesen habe. Vor allem seine Backhand-Passes sind eine Waffe.

Peterka ist auch schussbereit, wenn es die Lage erfordert: Egal, ob mit Tap-Ins von nahe oder einem schnellen One-Timer von der rechten Halfwall im Powerplay – seine Tore entstehen aus unterschiedlichen Situationen, er ist sicher kein "Stationary Scorer" und seine Schüsse kommen schnell und ansatzlos, selbst wenn Gegenspieler nahe bei ihm sind. 

Dabei helfen ihm natürlich seine Beine, die wie seine Hände stets aktiv sind. Peterka kann sich aus und in den Verkehr um das Tor bewegen. Sowohl seine Agilität als auch Quickness sind herausragend. Obwohl er mit knapp 1,80 Metern nicht übermäßig groß ist, ist er mit 87 kg ein stämmiges Kraftpaket. Er steht irrsinnig stark auf den Eisen, schirmt die Scheibe an den Banden gut ab, kann sie gut weiterleiten. Sehenswert auch seine "Head Dekes" in vollem Speed, mit denen er an den Defendern der Liga vorbeiskaten kann.

Ein vollwertiger Import trotz der Jugend

Ich habe Peterka vor dem Draft mit Tomas Tatar verglichen – nicht unbedingt mit dem Tatar, der bis heute 575 NHL-Spiele mit 347 Punkten für Detroit, Vegas und Montreal aufweist, sondern dessen 17-jährigem Ich, das ich vor Jahren gescoutet habe. Tatar war in seinem Draftjahr in Zvolen vielleicht von der Spielintelligenz etwa vorne, Peterka ist aber im Altersvergleich der dynamischere Spieler.

Für mich ist Peterka zum jetzigen Zeitpunkt – und nur der ist für Red Bull Salzburg natürlich von Relevanz – ein vollwertiger Importspieler (auch wenn er nur zwei Punkte wegnimmt), ein Urteil, das ich bei allem Talent seines Linemates Justin Schütz für diesen nicht so vorbehaltslos fällen würde. Aber natürlich weist Peterka altersbedingt noch Leistungsschwankungen und die eben besprochenen defensiven Mankos auf. Mit denen müssen die Roten Bullen eben leben, was auch den einen oder anderen Punkt kosten kann, zuletzt wollte der Münchner öfters mit dem Kopf durch die Wand.

Wie geht es weiter?

Trotzdem schade, dass sein ICE-Dasein mit einem baldigen Ablaufdatum behaftet ist. Im Dezember steht er wohl kaum mehr zur Verfügung, da er sich mit dem deutschen U20-Team auf die WM vorbereitet. 

Das Engagement von Jack Skille (ein schussstarker, körperlich starker Winger) ist schon ein Vorgriff auf diese Zeiten, genauso wie eine Reaktion auf die Verletzungen der Drittlinien-Spieler Filip Varejcka und Mario Huber, die das Offensiv-Potenzial der Salzburger weiter schrumpfen lassen. Die Zeiten, wo die Roten Bullen auf vier starke Linien zurückgreifen konnten, gehören ohnehin der Vergangenheit an.

Was in Eishockey-Ländern wie Finnland oder Schweden gelebte Normalität darstellt, ist mit J.J. Peterka eben für die ICE weiter eine Ausnahme: Ein NHL-Prospect, dem man beim Entwickeln seines Spiels zuschauen kann, und an den man sich eines Tages gerne zurückerinnern wird.

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