news

Besser als je zuvor: Bekki Kalaydjiev über ihr Comeback

Der schwere Autounfall von Basketballerin Rebekka „Bekki“ Kalaydjiev ist gut zwei Jahre her. Fast all ihre Knochen waren damals gebrochen, aber nicht ihr Wille.

Besser als je zuvor: Bekki Kalaydjiev über ihr Comeback Foto: © ÖOC/Michael Meindl

Als Rebekka "Bekki" Kalaydjiev vergangenen Sommer auf der 3x3-Bühne ihr Comeback gab, wusste kaum jemand, was zu erwarten sein würde. Die damals 23-Jährige hatte sich gerade einmal eineinhalb Jahre davor bei einem Autounfall in den USA "so zirka jeden Knochen gebrochen". Schädelbruch, Wirbelbruch, ein in zwölf Teile zersplittertes Knie und weitere schwere Verletzungen hatte sich die Wienerin zugezogen – die Basketballkarriere hing mehreren Ärzten zufolge am seidenen Faden.

Was folgte, würden manche wohl als Basketballwunder beschreiben. Denn bereits bei den "European Games" im Juni führte die Guard-Spielerin das heimische Nationalteam ausgerechnet im physischen 3x3 wieder zu Siegen. Damit nicht genug, ist Kalaydjiev mittlerweile auch im 5-gegen-5 vielleicht stärker als je zuvor und rauscht mit ihrem US-College-Team in Florida, der SEU Fire, von Sieg zu Sieg.

Wer mit Kalaydjiev über ihren Weg zurück aufs Feld spricht, dem wird allerdings rasch klar, dass ihr unglaubliches Comeback wenig mit einem Wunder und viel mehr mit einem eisernen Willen und monatelanger harter Arbeit zu tun hat. Mit LAOLA1 hat die Ausnahmeathletin darüber gesprochen, wie sich ihr Spiel durch die Verletzungen verändert hat, wie das Leben als College-Basketballerin ist und was sie sich diese Saison noch vorgenommen hat.

LAOLA1: Nach einer Verletzung, die für andere das Karriereende bedeutet hätte, bist du zurück – und zwar vielleicht besser als je zuvor. Wie fühlst du dich, bist du wieder bei 100 Prozent?

Rebekka Kalaydjiev: Im Großen und Ganzen fühle ich mich wirklich richtig gut am Spielfeld. Seit ich im Krankenhaus wieder bei vollem Bewusstsein war, war für mich klar, dass ich besser als zuvor zurückkommen will. Auch wenn sich vielleicht die Erholungsphasen seitdem Unfall etwas verlängert haben, ist meine mentale Stärke in den letzten Jahren so gewachsen, dass ich das ausblenden und meinem Team trotzdem helfen kann.

LAOLA1: Deine Uni und dein Team haben dich am Weg zurück von Anfang an unterstützt. Wie ist es jetzt, als Führungsspielerin am Feld zu stehen und so eine erfolgreiche Saison zu spielen (Kalaydjiev ist mit 14,6 Punkten pro Spiel Top-Scorerin ihres Teams, Anm.)?

Kalaydjiev: Es ist ein unglaubliches Gefühl. Wenn ich darüber nachdenke, habe ich manchmal Tränen in den Augen. Ich habe schon das ganze Jahr das Gefühl, dass ich etwas zurückgeben möchte und das motiviert mich.

LAOLA1: Apropos erfolgreiche Saison: Ihr haltet bei 18 Siegen und sieben Niederlagen, seid damit eines der Top-Teams. Was habt ihr euch für die restliche Saison vorgenommen?

Kalaydjiev: Wir haben einen neuen Coach und viele neuen Spielerinnen dieses Jahr, was es am Anfang ein bisschen schwieriger gemacht hat. Aber wir sind immer weiter als Team zusammengewachsen und jetzt geht es bald los mit unserem Conference Tournament und dann hoffentlich dem NAIA-National-Tournament (die National Association of Intercollegiate Athletics, kurz NAIA, ist die US-College-Liga für kleine und mittlere Hochschulen, Anm.), wo es unser großes Ziel ist, so weit wie möglich zu kommen.

"Trotz positiver Gedanken kamen natürlich immer wieder Zweifel auf, besonders wenn Ärzte oder andere Leute, die sich auskennen, gesagt haben, dass ich mir nicht zu viel Hoffnung machen soll. Oder in Momenten, als ich mit Schmerzen im Bett gelegen bin und mein linkes Knie gefühlt doppelt so dick war wie mein Oberschenkelmuskel."

Rebekka Kalaydjiev über den steinigen Weg zurück

LAOLA1: Unlängst hast du ein "Season High" mit 24 Punkten erzielt, du bist Top-Scorerin deiner Mannschaft – all das mit einem Knie, das in zwölf Teile gebrochen war. Hattest du jemals Zweifel, dass du nochmal auf so ein Level kommst?

Kalaydjiev: Ich hätte es mir einfach nicht vorstellen können, dass ich nur mehr halb so gut oder halb so intensiv spiele, auch wenn mir am Anfang öfter gesagt wurde, dass ich im schlimmsten Fall halt nur mehr zum Spaß spielen werde. Aber das war für mich überhaupt keine Option. Das war auch der Grund, warum ich so viel Motivation hatte, auf mein vorheriges Level zu kommen. Doch trotz positiver Gedanken kamen natürlich immer wieder Zweifel auf, besonders wenn Ärzte oder andere Leute, die sich auskennen, gesagt haben, dass ich mir nicht zu viel Hoffnung machen soll. Oder in Momenten, als ich mit Schmerzen im Bett gelegen bin und mein linkes Knie gefühlt doppelt so dick war wie mein Oberschenkelmuskel. Aber auch als ich schon Monate lang trainiert hatte, um wieder Muskeln aufzubauen, dann aber so starke Schmerzen hatte, dass gefühlt nichts weiterging. Oft hat es dann aber schon wieder gereicht, wenn ein einziger Arzt gesagt hat, dass ich wieder so spielen werde wie vorher. Und ich habe mir selbst gesagt, dass andere im Sport es schon geschafft haben, von schweren Verletzungen zurückzukommen. Also warum sollte ich das nicht schaffen?

LAOLA1: Hast du dein Spiel nach dem Unfall umstellen müssen?

Kalaydjiev: Ich fühle mich jetzt wohler, mit dem rechten Bein zu springen. Früher war das linke mein dominantes Bein. Und meine Nackenmobilität ist auch nicht mehr ganz die gleiche, was mein Spiel vielleicht etwas nach außen zur Dreierlinie verlagert hat, und in gewissen Situationen verwende ich jetzt mehr mein Spielverständnis und meine Erfahrung als meine Schnelligkeit und Explosivität. Das hört sich jetzt vielleicht so an, als wäre ich eingeschränkt am Feld, aber ich bin einfach so dankbar, wieder zu spielen, dass ich das nie als etwas Negatives gesehen habe und mich das nie hinuntergezogen hat. Im Gegenteil hat es dazu geführt, dass ich an anderen Dingen gearbeitet habe und meine mentale Stärke jetzt mehr einsetze, um am Spielfeld einen noch positiveren Einfluss zu haben als zuvor.

Rebekka „Bekki“ Kalaydjiev bei einem ihrer ersten 3x3-Trainings nach dem Comeback
Foto: © Basketball Austria

LAOLA1: Auch wenn es im 5-gegen-5 gerade super läuft, hast du letztes Jahr gezeigt, dass du es auch im 3x3 nicht verlernt hast. Dieses Jahr steht die Olympia-Quali (und danach vielleicht Olympia) an. Wird man dich wieder am Halbfeld für Österreich sehen?

Kalaydjiev: Ich freue mich schon sehr auf diesen Sommer und 3x3. Ich werde bei den Vorbereitungscamps für Olympia bzw. die Olympia-Quali auf jeden Fall dabei sein. Und auch für das 5-gegen-5-Nationalteam bin ich sehr offen. Ich freue mich immer, Österreich zu vertreten und auf internationale Gegner. Das ist immer eine Ehre, egal ob 3x3 oder 5-gegen-5.

LAOLA1: Du bist sehr jung in die USA gegangen, studierst und spielst Basketball in Florida. Wie ist das "College Life" als Basketballerin?

Kalaydjiev: Trotz all dem, was passiert ist, würde ich meine letzten sechs Jahre hier in Florida für nichts eintauschen. Obwohl ich auf lange Sicht in Europa leben möchte, hatte ich hier einige der schönsten Zeiten meines Lebens. Basketball hat hier so einen hohen Stellenwert, die Menschen sind sehr positiv, weil die Sonne fast die ganze Zeit scheint und man wächst ja als Person, wenn man so weit weg von zuhause ist. Das Leben in Florida ist für mich im Großen und Ganzen echt ein Traum und meine Mitbewohnerin und ich haben manchmal Momente, da schauen wir uns den Sonnenuntergang an und denken einfach nur "wow", wir können es uns echt glücklich schätzen im Leben.

Kommentare