news

"Alles dabei, was Tennis zu bieten hat"

Experten und Spieler sind sich nach Wimbledon 2019 einig:

Foto: © getty

Was bitteschön war das für ein Wimbledon-Finale?

Der knapp fünf Stunden währende Fight zwischen Novak Djokovic und Roger Federer wird in die Tennis-Geschichte eingehen.

"Das war das beste Finale aller Zeiten", meinte nicht nur Sky-Experte Patrick Kühnen nach dem unglaublichen 7:6(5), 1:6, 7:6(4), 4:6, 13:12(3)-Sieg von Djokovic, der im fünften Satz zwei Matchbälle bei Aufschlag Federer abwehren musste.

"Es war alles dabei, was Tennis zu bieten hat. Die beiden haben sensationelles Tennis gespielt. Besser geht es nicht!", schwärmte Kühnen wenige Minuten nach dem verwandelten Matchball von Djokovic, der dabei von einem der seltenen Schlagfehler seines Kontrahenten profitierte.

Für Federer war es schon das dritte legendäre Wimbledon-Endspiel: 2009 zwang er Andy Roddick im fünften Satz mit 16:14 in die Knie, ein Jahr davor musste er sich seinem Langzeitrivalen Rafael Nadal mit 7:9 im Entscheidungs-Satz geschlagen.

Federer kann nach Finale scherzen

Für viele war dies das bislang beste Endspiel im Rasen-Mekka. Seit dem 14. Juli 2019 haben die meisten Tennis-Fans wohl ein anderes Match als solches abgespeichert.

Auf die künftige Unsterblichkeit dieser Partie angesprochen, bewies Federer kurz nach der bitteren Niederlage, dass er auch in solchen Momenten einer der größten Sportler aller Zeiten ist: "Also ich werde versuchen, das Finale so schnell wie möglich wieder zu vergessen", scherzte der Eidgenosse mit einem schelmischen Lächeln im Gesicht.

Federer: "Ich hatte meine Chancen"

Darin schwang freilich auch eine gehörige Portion Galgenhumor mit: Neben den zwei vergebenen Matchbällen machte Federer in der gesamten Partie sogar 15 Punkte mehr als sein Kontrahent.

"Ich hatte meine Chancen, aber so ist das nun mal im Tennis. Novak war einfach großartig, er hat das wirklich gut gemacht", gratulierte der weiterhin achtfache Wimbledon-Sieger seinem Bezwinger. "Es war ein großartiges Match. Es hatte einfach alles."

Djokovic: "Das ist surreal"

Dies sah auch Djokovic so, der die Partie als eines der Top-3-Matches seiner Karriere einstufen würde. "Und das gegen einen der Größten aller Zeiten. Wir hatten beide unsere Chancen. Leider kann es auch nach solch großartigen Matches nur einen Sieger geben."

Der 32-jährige Belgrader konnte seinen Triumph bei der Siegerehrung selbst noch nicht ganz realisieren. Selbst der Jubel nach dem Matchball fiel bei Djokovic ungewohnt verhalten aus.

"Nach zwei Matchbällen zurückzukommen, fühlt sich irgendwie surreal an. Ich werde ein bisschen brauchen, bis ich das verarbeitet habe", meinte Djokovic, der sich im Verlauf des fünften Satzes noch einmal beim Stuhl-Schiedsrichter erkundigte, wann denn nun das in Wimbledon neu eingeführte Tiebreak im fünften Satz überhaupt gespielt wird. Der Serbe schien nämlich schon beim Stand von 10:10 damit gerechnet zu haben.

Federer verpasst Alters-Rekord

"Ich habe am Ende eigentlich nur mehr gehofft, dass ich das Tiebreak erreiche", gab Djokovic zu. In diesen stellte er wieder einmal seine ungewöhnliche mentale Stärke unter Beweis, stellte er doch in allen drei Tiebreaks schon früh die Weichen auf Sieg und ließ Federer dabei nicht den Funken einer Chance.

Mit bald 38 Jahren könnte es für den Schweizer das letzte Grand-Slam-Finale seiner Karriere gewesen sein. Hätte Federer einen seiner beiden Matchbälle verwandelt, wäre er mit 37 Jahren und 11 Monaten zum ältesten Major-Sieger der Geschichte geworden. Diese Bestmarke gehört weiterhin Ken Rosewall, der mit 37 Jahren und 2 Monaten die Australian Open 1972 gewann.

"Ich hoffe, dass ich anderen Menschen trotzdem das Gefühl geben konnte, dass das Leben mit 37 Jahren noch nicht vorbei ist", lächelte Federer. "Ich fühle mich gut und ich habe alles gegeben. Ich kann auch noch stehen. Das ist schon mal etwas für einen 37-Jährigen."

Revanche in zwei Monaten?

Sieger Djokovic zeigte sich durch die Federer-Aussage gleich angestachelt: "Roger inspiriert mich, auch selbst mit 37 Jahren noch um Grand-Slam-Titel spielen zu können."

Djokovic feierte im Mai seinen 32. Geburtstag. Mit mittlerweile 16 Grand-Slam-Titel fehlen dem zweifachen Familien-Vater nun nur mehr vier Major-Siege auf Rekordhalter Federer.

In zwei Monaten steht mit den US Open das letzte Grand-Slam-Turnier des Jahres auf dem Programm. Gut möglich, dass wir in Flushing Meadows den nächsten großen Klassiker dieser beiden Ausnahme-Athleten bestaunen dürfen.

Kommentare