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Nadal: "Ich habe mich nie für so gut gehalten"

Nadal über sein Erfolgsrezept und die Spritzen-Tortur bei seinem 14. Paris-Titel.

Nadal: Foto: © getty

Rafael Nadal hat am Sonntag mit seinem 14. Turniersieg bei den French Open wieder einmal ein Stück Tennis-Geschichte geschrieben. 

Mit seinem 22. Grand-Slam-Titel schraubte der mittlerweile 36-jährige Spanier seinen ewigen Rekord weiter in die Höhe.

Das Wichtigste verkündete der Ausnahme-Athlet aber im Anschluss beim Sieger-Interview: Die Rekordjagd geht weiter. Der "Stier aus Manacor" wird nicht wie befürchtet sein Racket an den Nagel hängen und seine Karriere aus gesundheitlichen Gründen beenden.

Nadal kündigt Wimbledon-Start an

Ganz im Gegenteil dürfen sich die Tennis-Fans sogar schon auf ein baldiges Wiedersehen freuen. Scheinbar wird Nadal nämlich doch entgegen aller Erwartungen auch Ende Juni beim Grand-Slam-Turnier in Wimbledon an den Start gehen.

"Ich werde dort sein, wenn mein Körper dafür bereit ist. Wimbledon ist ein Turnier, das ich nicht verpassen will." In Wimbledon gibt es heuer keine Weltranglistenpunkte. Mit dieser Entscheidung reagierten die Organisationen ATP, WTA und ITF auf den Beschluss der Organisatoren, Aktive aus Russland und Weißrussland wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine nicht spielen zu lassen.

Ob sein Körper bereit sein wird, wird sich in den nächsten Wochen weisen. Kurz vor Paris sah es jedenfalls nicht gut aus. Sein neuerlich verstärkt aufgetretenes Müller-Weiss-Syndrom (Deformation des Mittelfußknochens im linken Fuß) hatte so große Schmerzen verursacht, dass ein neuerlicher Titel in Roland Garros ein Ding der Unmöglichkeit schien und weshalb er sogar seinen eigenen Arzt in die Seine-Stadt mitnahm.

Doch Nadal zeigte wieder einmal, dass er mit anderen Maßstäben zu messen ist als andere.

Schmerzstillende Injektionen in den Nerv

"Wenn ich nicht daran geglaubt hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht hier", meinte Nadal nach seinem Sieg im Eurosport-Interview. "Es war eine große Überraschung, das ich überhaupt hier sein konnte. Jeder aus der Welt des Tennis weiß, dass diese Art der Vorbereitung nicht ideal war. Ich habe wegen einem Rippenbruch eineinhalb Monate nicht trainieren können und hatte auch Probleme mit meinem Fuß."

Der Arzt habe aber die Schmerzen im Fuß unter Kontrolle gebracht: "Ich habe nichts gespürt. Er hat mit einer schmerzstillenden Injektion in den Nerv meinen Fuß so zur Ruhe gebracht, dass ich spielen konnte." Auf die Frage, wieviele Injektionen er in den letzten beiden Wochen bekam, antwortete Nadal: "Es ist besser, wenn ihr das nicht wisst."

Ehemalige Größen von Nadal begeistert

Ausgezahlt hat sich die Tortur in Paris jedenfalls. Mit seinen 22 Grand-Slam-Titeln führt er mittlerweile souverän das Alltime-Ranking vor Roger Federer und Novak Djokovic (je 20) an. Den viertplatzierten Pete Sampras, der vor 20 Jahren mit seinen 14 Major-Erfolgen einen vermeintlichen "Rekord für die Ewigkeit" aufstellte, hätte Nadal nun sogar alleine mit seinem Paris-Trophäen egalisiert.

Vor dieser Leistung können auch nur ehemalige Größen den Hut ziehen. "Vor zwei Jahren hätte ich mir noch gedacht, dass Novak einmal die meisten Grand-Slam-Titel haben wird", erinnert sich beispielsweise Chris Evert bei Eurosport zurück. "Novak war die Nummer 1 und bei Rafa hat man geglaubt, dass er nur mehr die French Open gewinnen könne und nicht mehr auf Hardcourts". Doch Nadal meldete sich Anfang diesen Jahres mit seinem überraschenden Sieg bei den Australian Open zurück und brachte sich dadurch selbst in die klare Pole Position.

"Jetzt ist er mit zwei Titeln voran und sein Körper scheint immer noch gut zu halten. Ich glaube, dass dieser Titel einer der wichtigsten seiner Karriere sein könnte. Vor vier, fünf Wochen wusste er noch nicht, ob er die French Open spielen könnte. Aber er hat es probiert und extrem schwierige und harte Matches absolviert. Im Finale hat er mit einer soliden Partie den Titel geholt", so Evert.

Der ehemalige Weltranglisten-Erste Mats Wilander sieht es ähnlich: "Aufgrund der vorangegangenen Probleme ist dies wahrscheinlich der süßeste Paris-Titel seiner Karriere. Und die 22 Grand-Slam-Titel könnten den Ausschlag geben, wer am Ende der Abrechnung als bester Spieler aller Zeiten angesehen wird."

Henman traut Nadal Wimbledonsieg zu

Tim Henman traut Nadal nun sogar auf Rasen den ganz großen Wurf zu: "Wenn er gesund bleibt, kann er auch in Wimbledon gewinnen", ist sich der ehemalige britische Weltklasse-Spieler sicher. "Auch ich hätte vor ein paar Jahren gesagt, dass einmal Djokovic der Major-Rekordsieger sein wird. Aber jetzt hat Nadal eine ganz große Chance darauf. Es wird ein faszinierender Kampf werden. Wobei man natürlich nicht vergessen darf, dass immer etwas Unvorhergesehenes passieren kann."

Henman sieht zudem eine weitere Motivationsspritze: "Rafa hat auch die Australian Open gewonnen und damit die Chance, heuer den Grand Slam zu schaffen. Das motiviert ihn sicherlich noch zusätzlich."

Nadal: "Hätte ich mir nie erträumen lassen"

Doch was sagt Nadal selbst zu seinen Rekorden? "Ich hätte mir nie erträumen lassen, dass ich diese Dinge, die ich jetzt erreicht habe, einmal erreichen könnte. Ich habe mich nie für für so gut gehalten", meinte Nadal in seiner gewohnt bescheidenen Manier bei der anschließenden Pressekonferenz.

"Ich habe einfach immer weitergemacht und einen Schritt nach dem anderen gemacht. Ich habe viel trainiert und immer versucht, einen Punkt nach dem anderen zu verbessern. Das war eigentlich das, was in meiner Tennis-Karriere das Wichtigste war. Ich bin in jede Trainingsstunde mit dem Ziel hineingangen, dass ich jetzt etwas in meinem Spiel verbessern will", führt er vor allem seinen disziplinierten Arbeitsethos als größte Stärke an.

"Diese Einstellung und viel, viel Hilfe von meinem tollen Team. Meine Familie und meine Freunde haben mich durch meine ganze Karriere begleitet. Das war sehr wichtig für mich. Auch alle Coaches, die ich hatte und die mir immer sehr nah waren. Ich habe von jeder Situation mit ihnen profitieren können. Nicht nur im Tennis - auch im Leben. Das hat mir in vielen Dingen geholfen", betonte Nadal immer wieder, dass eine derartige Karriere ohne Teamarbeit nicht möglich gewesen wäre.

"Ohne euch hätte ich schon aufgegeben", strich Nadal schon beim Sieger-Interview die große Bedeutung seines vom ehemaligen Weltranglisten-Ersten Carlos Moya angeführten Teams hervor.

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