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"Können Spieler nicht zur Impfung verpflichten"

Straka über kurzfristigen Lockdown, Problem von Impf-Pflichten und ATP-Zukunft.

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Viel schlimmer hätte es für Herwig Straka mit seiner Veranstaltungs-Firma "e|motion" eigentlich nicht kommen können: Einen Tag vor dem Start der Davis Cup Finals in der Innsbrucker Olympia-Halle wurde von der österreichischen Bundesregierung aufgrund der hohen Corona-Zahlen der Lockdown verkündet.

Das erhoffte Tennis-Fest musste trotz eines Kartenvorverkaufs mit einem Umsatz von über einer Million Euro vor leeren Rängen ausgetragen werden.

"Aus gesundheitlicher Sicht und aus Sicht des Staatsbürgers verstehe ich es schon. Als Veranstalter ist es halt ein Wahnsinn", so Straka im LAOLA1-Interview, in dem er auch über die finanziellen Auswirkungen, die Vorteile des neuen Davis-Cup-Modus und seinen pragmatischen Umgang mit der mittlerweile fast zwei Jahre dauernden Pandemie spricht.

Außerdem gibt der 55-jährige Steirer, der es in den 80er Jahren in seiner aktiven Zeit als Schwimmer unter anderem zum 60-fachen Landesmeister und Vize-Meister im Unterwasser-Rugby schaffte, als Mitglied des ATP-Boards Einblick in die aktuelle Impf-Diskussion auf der ATP-Tour, die Vorteile des Streamings gegenüber dem klassischen linearen TV, und er versucht, eine Prognose auf das kommende Jahr 2022 abzugeben.

LAOLA1: Zunächst einmal vielleicht ein kleiner sportlicher Rückblick: Wie zufrieden sind Sie mit dem Abschneiden des ÖTV-Teams?

Herwig Straka: Sportlich war natürlich nichts Großes zu erwarten. Es war schlussendlich nicht unter, aber auch nicht über den Erwartungen. Natürlich hätte man sich als Veranstalter gefreut, wenn wir weitergekommen wären. Da keine Zuschauer in der Halle waren, war das aber auch wieder egal. Ansonsten war es mit sechs Mannschaften auch für mich ein neues Erlebnis. Ich habe das recht positiv aufgenommen. Es war wirklich wie eine kleine Fußball-WM. Man hat einen guten Spirit gemerkt. Wir haben als Veranstalter auch von allen Teams sehr gutes Feedback bekommen – das freut uns natürlich. Das große Manko waren nun mal die fehlenden Zuschauer.

LAOLA1: Der Lockdown-Beginn war wohl der Worst-Case – einen schlimmeren Termin hätte es eigentlich nicht geben können als wenige Tage vor Turnierbeginn, oder?

Wir haben aufgebaut und aufgebaut und dann wurde in letzter Minute der Lockdown entschieden. Aber es ist halt so, wie es ist. Wenn es die Notwendigkeit ist, dann muss man das so akzeptieren.

Straka über die späte Lockdown-Entscheidung

Straka: Genau. Es hat ja bis zum Tag davor geheißen, dass es keinen Lockdown geben wird. Wir haben aufgebaut und aufgebaut und dann wurde in letzter Minute der Lockdown entschieden. Aber es ist halt so, wie es ist. Wenn es die Notwendigkeit ist, dann muss man das so akzeptieren.

LAOLA1: Wie groß ist der finanzielle Schaden? Der Kartenvorverkauf betrug über eine Million Euro. Das Gesamtbudget des Events belief sich auf fünf Millionen Euro.

Straka: Das kann man leider noch nicht beziffern. Das ist noch zu früh.

LAOLA1: Bekommt ihr in irgendeiner Form staatliche Unterstützung, um den Schaden in Grenzen halten zu können?

Straka: Es gibt sicher noch Gespräche, aber es ist noch zu früh, um hier etwas sagen zu können. Wir müssen das ganze Event jetzt einmal abschließen und dann schauen wir, was am Ende rauskommt.

LAOLA1: Die leere Olympia-Halle in Innsbruck war wahrscheinlich doppelt ärgerlich, weil ihr ja erst kurz davor bewiesen habt, wie gut eine derartige Veranstaltung auch in Corona-Zeiten ablaufen kann. 60.000 Zuschauer in der Wiener Stadthalle – und kaum Corona-Fälle.

Straka: Prinzipiell ist eine Veranstaltung, die man ernst nimmt – und wir haben sie sehr ernst genommen, ein sicherer Platz. Wir hatten in Wien bei 60.000 Zuschauern drei Corona-Fälle. Wir haben auch gesagt, dass wir uns zu 2G+ oder zu Masken verpflichten – aber wenn es um einen generellen Lockdown geht, kann man leider eh nichts mehr machen. Das Timing war diesmal halt wirklich außergewöhnlich schlecht. Als Veranstalter lebt man ja schon seit zwei Jahren immer mit dieser Ungewissheit. Man kann nichts planen und das ist für sich schon ein Wahnsinn. Wenn sich dann eine Nacht vor dem Eventbeginn die Türen schließen, ist es natürlich schwierig. Aber um es noch einmal zu sagen: Aus gesundheitlicher Sicht und aus Sicht des Staatsbürgers verstehe ich es schon. Als Veranstalter ist es halt ein Wahnsinn.

Leere Ränge bei Österreich gegen Deutschland
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LAOLA1: Keine Leute in der Halle und auch im linearen TV war der Davis Cup nur eingeschränkt mitzuverfolgen. Können Sie den Unmut mancher heimischer Tennis-Fans darüber nachvollziehen?

Straka: Die Fernsehrechte hat Kosmos abgewickelt. Damit haben wir nichts zu tun. Es gibt aber nun mal schon seit einiger Zeit einen Trend vom Fernsehen zum Streaming. Nur den Fernseher einzuschalten so wie es früher war – das wird es nicht mehr geben. Man muss sich langsam gewöhnen, dass das lineare und das digitale TV immer mehr miteinander verschmelzen. Darüber hinaus hat ServusTV das Streaming sehr gut gemacht. Man hat alle drei Partien auswählen können und es war noch dazu alles gratis.

LAOLA1: Das Streaming bietet sich bei Tennis wohl zusätzlich noch an, weil diese Sportart im klassischen Fernsehen immer schon sehr schwer planbar war - im Gegensatz zu beispielsweise einem Fußball-Spiel.

Straka: Über kurz oder lang ist das sicherlich die Zukunft. Wir befinden uns gerade in einem Zeitalter, in dem wir einen Übergang zwischen traditionell und neu haben. Solche Veranstaltungen stehen dann natürlich unter besonderer Beobachtung und werden deshalb vielleicht auch etwas mehr kritisiert, gleichzeitig helfen sie aber auch, die Leute zum Umdenken zu bewegen. ServusTV hat mir auch gesagt, dass die Stream-Zahlen sehr gut gewesen seien.

LAOLA1: Wie finden Sie den neuen Spielmodus? Hat dieser Zukunft bzw. können Sie sich vorstellen, wieder einmal die ATP-Finals als Veranstalter abzuwickeln?

Straka: Prinzipiell sind wir weiterhin sehr von den Finals überzeugt. Den Modus können wir eh nicht ändern, der ist ja Sache von Kosmos. Als Veranstalter ist es schon sehr angenehm und interessant, so viele hochkarätige Teams an einem Ort zu haben. Wir hatten in Innsbruck mit Novak Djokovic immerhin die Nummer eins der Welt. Bei einer normalen Davis Cup-Begegnung hat man das eher nicht. Wenn man dann auch noch Lokalmatadore hat, ist die Halle bis zum Bersten voll – das hat man in diesen Tagen auch in Italien und Spanien gesehen und das wäre auch bei uns so gewesen, wenn der Lockdown nicht gekommen wäre.

LAOLA1: Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass die Davis Cup Finals in den kommenden Jahren noch einmal nach Österreich kommen?

Straka: Wenn Österreich dabei ist, werden wir uns sicher wieder bewerben. Die Voraussetzung dafür ist aber eben, dass Österreich bei den Finals dabei sein muss. Sollte das der Fall sein, werden wir wieder Interesse haben. Das wird auch sicherlich Teil der kommenden Gespräche mit Kosmos sein, ob wir in Zukunft eventuelle Vorrechte haben, weil das beim ersten Mal nur so eine halbe Sache war.

LAOLA1: Um den Lockdown in Österreich vermeiden zu können, hätte wahrscheinlich auch eine höhere Impfquote im Land geholfen. Eine Diskussion, die es auch auf der Tour gibt. Sie haben sich in Ihrer Funktion als Mitglied des ATP Boards schon vor Wien dafür ausgesprochen, dass sich alle Spieler impfen lassen sollten. Wie verfolgt ihr dieses Ziel weiterhin?

Straka: Es ist natürlich weiterhin unser Ziel, aber wir können die Spieler nicht dazu verpflichten. Ob die Spieler das annehmen oder nicht, ist deren Sache. Die Spieler sind quasi eigenständige Unternehmer und können das selbst entscheiden. Darauf können wir keinen Einfluss nehmen. Außer jetzt eben in Australien, wo es vielleicht notwendig sein wird, weil nach aktuellem Stand nur geimpfte Personen nach Australien einreisen dürfen. Das hat dann natürlich einen Einfluss auf die Teilnehmer bei den Australian Open.

LAOLA1: Wie viele Spieler sind aktuell geimpft?

Straka: Aktuell sind 80 Prozent der Top-100-Spieler geimpft. Wir haben schon damit gerechnet, dass es in der Off-Season zu einem neuerlichen Schwung kommen wird, weil die Spieler nicht in unterschiedlichen Ländern geimpft werden wollten. Nach der Saison wird man jetzt wirklich merken, wie viele noch übrigbleiben. Da Australien bei der Einreise rigoros zu bleiben scheint, wird man es dann spätestens in Australien sehen, wer geimpft ist und wer nicht.

LAOLA1: Wäre es für die ATP auch eine Option, nur mehr geimpfte Spieler zu den Turnieren zuzulassen?

Straka: Nein, das könnten wir nicht durchsetzen. Das können nur die einzelnen Veranstalter machen, aber nicht die ganze Tour. Wenn wir sagen würden, dass Novak Djokovic nicht in Miami mitspielen dürfte, würden wir deren Rechte beschneiden. Die ATP ist nicht so organisiert wie eine eigene Liga. Bei uns ist jeder eigenständig – sowohl das Turnier als auch der Spieler. Deshalb können wir nur Empfehlungen aussprechen. Eine Regel für Geimpfte wäre relativ schwierig durchzusetzen. Da hätten wir wohl auch rechtswidrige Konsequenzen zu befürchten.

LAOLA1: In den letzten Tagen wurde geschrieben, dass die ATP überlegt, bei einem gefälschten Impfpass einen Spieler bis zu drei Jahre sperren zu können. Wäre das möglich?

Straka: Ja, das ist etwas anders und wäre möglich. Das würde ja ein Betrug vorliegen.

LAOLA1: Prognosen in diesen Zeiten sind richtig schwierig - Stichwort Omikron, aber was erwarten Sie sich von 2022? Kann es eine Rückkehr zur Normalität auf der ATP-Tour geben?

Ich bin seit 30 Jahren Veranstalter und bin es gewohnt, es zu nehmen wie es kommt. Es gibt Outdoor-Events, bei denen es die ganze Woche regnet oder Spieler, die einen Tag vor Turnierbeginn ihr Antreten absagen – das sind alles Dinge, die man nicht beeinflussen kann.

Straka über nötige Flexibilität bei den Events

Straka: Im Sommer dachte man noch, dass es in diesem Winter nicht mehr so schlimm werden wird und jetzt haben wir die gleiche Situation wie im Jahr zuvor. Es ist eigentlich unmöglich, auch nur irgendeine Art der Prognose zu geben. Wir sind nur am Troubleshooting. Es liegt schlichtweg nicht in unserer Hand. Wir können nur hoffen, dass wir 2022 zur Normalität zurückkehren können, aber wenn die fünfte Welle oder der sechste Lockdown kommen, können wir das schlichtweg nicht machen. Wir müssen die Interessen von den Spielern und Veranstaltern berücksichtigen. Solange ein starker Einfluss der Pandemie auf diese beiden Parteien vorhanden ist, wird man niemanden dazu zwingen zu spielen oder ein Turnier zu veranstalten. Das war jetzt zwei Jahre lang die Devise und so wie es aktuell ausschaut, wird sich das zumindest im ersten Halbjahr auch noch nicht ändern.

LAOLA1: Wie geht es Ihnen eigentlich persönlich nach fast zwei Jahren Pandemie als Veranstalter? Ist das nicht schon ermüdend?

Straka: Ach, es gibt so viele Leute, die wegen der Pandemie berechtigte Probleme haben... Ich bin seit 30 Jahren Veranstalter und bin es gewohnt, es zu nehmen, wie es kommt. Es gibt Outdoor-Events, bei denen es die ganze Woche regnet oder Spieler, die einen Tag vor Turnierbeginn ihr Antreten absagen – das sind alles Dinge, die man sowieso nicht beeinflussen kann. So ist es bei der Pandemie genauso. Wir können uns nur bestmöglich danach richten.

LAOLA1: Mit 30 Jahren Erfahrung in der Eventbranche ist man gegenüber solchen äußeren Einflüssen wohl auch schon etwas abgehärtet.

Straka: Es ist einfach die Realität. Es bringt nun mal nichts zu jammern. Es ist so, wie es ist. Fakt ist, dass es für uns finanziell extrem negative Auswirkungen hat, aber es bringt mir auch nichts, wenn ich mich darüber beschwere oder darüber jammere. Es hat keiner die Pandemie erfunden. Sie ist leider da und wir müssen jetzt mir ihr leben und bestmöglich damit umgehen.

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