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Warum Djokovic über die Abschiebung froh sein muss

Mit der Abschiebung bleibt dem Serben ein wohl noch schlimmeres Schicksal erspart.

Warum Djokovic über die Abschiebung froh sein muss

Elf Tage hat der Djokovic-Wahnsinn in "Down Under" gedauert. Nun steht es also fest: Der 20-fache Grand-Slam-Gewinner darf von der australischen Regierung abgeschoben werden.

Der ungeimpfte Serbe hinterließ bezüglich seiner angeblichen Corona-Infektion, Verstößen gegen die Quarantäne-Bestimmungen und einem nicht angegebenen Spanien-Aufenthalt einfach zu viele offene Fragen.

Das australische Bundesgericht konnte eigentlich gar nicht anders, als den Protest von Djokovic gegen dessen Visums-Entzug einstimmig abzulehnen. Das vom Einwanderungsminister angeführte "öffentliche Interesse" des Falles war einfach zu offensichtlich.

Djokovic – und dank einer skurrilen Pressekonferenz auch seine Familie – stilisierte sich mit seinem schon seit Pandemie-Beginn an den Tag gelegten problematischen Umgang mit dem Thema "Covid-19" – ob gewollt oder ungewollt - zur neuen Ikone vieler Querdenker und Impfgegner hoch. Hätte die australische Regierung den Serben einreisen lassen, wäre die Symbolwirkung im buchstäblichen Sinne fatal gewesen. Schließlich hat gerade ein Superstar wie Novak Djokovic eine nicht zu unterschätzende Vorbildwirkung, die sich - wie in diesem Fall - auch ins Negative drehen kann.

Dementsprechend heftige Kritik musste der Serbe von allen Seiten einstecken. Selbst von den Spieler-Kollegen durfte Djokovic wenig Verständnis erwarten. Während sich alle anderen den im Vorfeld lange Zeit bekannten Spielregeln unterwarfen und konsequenterweise entweder auf ein Antreten in Melbourne verzichteten oder sich doch einer Impfung unterzogen, dachte der Ausnahme-Spieler mit einer ebensolchen Genehmigung sein eigenes Süppchen kochen zu können.

Sogar die größten Fans betrachteten die Causa mit Fortdauer der Entwicklungen um ihren Liebling immer skeptischer. Vor allem der Rückhalt in Melbourne wurde immer kleiner. In Umfragen sprachen sich 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung für eine Ausweisung von Novak Djokovic aus.

Wahrscheinlich muss der neunfache Australian-Open-Gewinner deshalb nun sogar dankbar sein, dass seinem Willen nicht stattgegeben worden ist. Hätte Djokovic seinen Start auf gerichtlichem Weg erzwungen, wäre er bei seinen Matches mit einer wohl noch nie dagewesenen Welle der Ablehnung konfrontiert worden.

Ein Großteil der Zuschauer hätte sich die Partien des Weltranglisten-Ersten wahrscheinlich nur angesehen, um den großen Antagonisten dieser Geschichte verlieren zu sehen.

So meinte der australische ESPN-Reporter Matt Walsh schon vor einigen Tagen, als Djokovic nach seinem ersten Einspruch sein Visum zurückbekam und es kurzzeitig doch nach einem Antreten des Serben in Melbourne aussah: "Wer Djokovic aus dem Turnier kickt, muss in Australien wahrscheinlich nie wieder für ein Bier bezahlen."

Auch wenn es in der Geschichte des Tennis-Sports kaum einen mental stärkeren Spieler als Novak Djokovic gab, wäre eine derartige Situation selbst für ihn kaum zu verkraften gewesen. Schon im vergangenen Jahr bei den US Open, als er im Finale gegen Daniil Medvedev verlor und damit die Chance auf den historischen Grand Slam verpasste, sah man, dass auch ein Djokovic "menscheln" und unter dem gewaltigen Druck von außen zerbrechen kann.

Vor allem hätte ein derartiges negatives Erlebnis möglicherweise auch langfristige Folgen. Bereits jetzt wird es schwer genug für Novak Djokovic werden, die Ereignisse der vergangenen Wochen zu verarbeiten und sportlich wieder in die Spur zu finden. Müsste er zusätzlich auch noch damit klarkommen, dass er sich in Melbourne selbst zum neuen Feindbild machte, wäre das eine psychologische Mammutaufgabe.

So kann er jetzt hingegen nach Hause zu seiner Familie fliegen, abschalten und versuchen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen sowie etwas Gras über die Sache wachsen zu lassen.

Und wer weiß, vielleicht nutzt Djokovic die ungeplante Auszeit, um sich doch noch einer Corona-Impfung unterziehen zu lassen. Geläuterte Helden kommen immer gut an. Nicht nur in Australien.

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