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Kritik von Russlands Präsident Putin

Russlands Präsident kündigt aber auch Maßnahmen an. Skandal im Überblick:

Kritik von Russlands Präsident Putin

Der russische Präsident Wladimir Putin hat nach den WADA-Vorwürfen erste Maßnahmen angekündigt.

"Funktionäre, die in dem Bericht als direkt Beteiligte genannt werden, sollen bis zum Ende der Untersuchungen suspendiert werden", teilte Putin am Montag in Moskau mit. Zugleich forderte er von der WADA mehr "objektive" und auf Fakten basierende Informationen.

Die WADA hatte Russland zuvor in einem Bericht staatlich gelenktes Doping bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi vorgeworfen.

"Rückfall in die 80er-Jahre"

Putin kritisierte den Bericht als Rückfall in die 1980er-Jahre. Damals hatte zunächst der Westen 1980 die Sommerspiele in Moskau aufgrund politischer Spannungen boykottiert, vier Jahre später hatte die UdSSR eine Teilnahme an den Spielen in Los Angeles abgesagt.

Damals sei der Sport als Geisel genommen worden, sagte Putin einer Mitteilung des Kremls zufolge. "Jetzt beobachten wir einen gefährlichen Rückfall einer Einmischung der Politik in den Sport." Der Sport werde so zu einem Instrument geopolitischen Drucks.

Zugleich kritisierte Putin, dass der WADA-Bericht auf den Aussagen eines einzelnen Menschen mit einem "skandalösen Ruf" basiere. Damit spielte er auf den Whistleblower Grigori Rodschenkow an. Der frühere Anti-Doping-Funktionär hatte den WADA-Bericht ins Rollen gebracht.

Erste Maßnahme

Russland Ministerpräsident Dmitri Medwedew hat indes später am Abend dem im WADA-Bericht um russisches Staatsdoping schwer belasteten stellvertretenden Sportminister Juri Nagornich am Montag des Amtes enthoben. Dies gab der Kreml bekannt. 

 

Reaktionen auf WADA-Report zum Staatsdoping in Russland: 

Thomas Bach (IOC-Präsident): "Die Ergebnisse des Berichts zeigen einen schockierenden und beispiellosen Angriff auf die Integrität des Sports und die Olympischen Spiele. Daher wird das IOC nicht zögern, die härtest möglichen Sanktionen gegen jede beteiligte Person oder Organisation zu ergreifen."

Philip Craven (Präsident des Internationalen Paralympischen Komitees IPC): "Wir sind wirklich schockiert, entsetzt und tief betrübt über das Ausmaß der staatlich geförderten Doping-Programms in Russland vor Sotschi 2014. Die Ergebnisse der McLaren-Berichts markieren einen schwarzen Tag für den Sport. Das IPC wird die Ergebnisse im Detail untersuchen und die Auswirkungen auf die paralympische Bewegung prüfen."

Alfons Hörmann (Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes): "Da es sich offenbar um staatlich gelenkte, systematische Vertuschung von Doping und um Betrug handelt, müssen zweifelsohne entsprechende Sanktionen verhängt werden bis hin zum möglichen Ausschluss weiterer Sportarten oder sogar des gesamten russischen NOKs. Wer die Werte des Sports wie Fair-Play und Chancengleichheit auf diese bewusste Art mit Füssen tritt, muss auf die Strafbank."

Sebastian Coe (Präsident des Internationalen Leichtathletikverbandes IAAF): "Das institutionalisierte und systematische Doping in der russischen Leichtathletik war der Grund der IAAF, die Mitgliedschaft der RusAF auszusetzen und aufrechtzuerhalten und für den Ausschluss ihrer Athleten von internationalen Wettbewerben."

Travis Tygart (Geschäftsführer US-Anti-Doping-Agentur USADA): "Der McLaren-Bericht hat, über jeden begründeten Zweifel hinaus, ein überwältigendes Ausmaß an Korruption innerhalb von Russlands Sport und Regierung aufgezeigt, das direkt auf das Spielfeld selbst reicht. Wir müssen nun als internationale Gemeinschaft zusammenarbeiten - von jenen, die wirklich an den Geist von Olympia glauben - um sicherzugehen, dass dieser noch nie da gewesene Grad an Kriminalität niemals wieder den Sport bedroht, den wir schätzen."



Im Folgenden einige der wichtigsten Punkte aus dem Report der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) zu den Beschuldigungen eines russischen Staatsdoping-Programms im Vorfeld der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi:

  • Das Moskauer Anti-Doping-Labor verfolgte einen Plan, positive Proben falsch zu berichten. Laut dem Report waren das russische Sportministerium, die russische Anti-Doping-Agentur und der russische Inlandsgeheimdienst FSB beteiligt.
  • An den stellvertretende russische Sportminister, Juri Nagornich, wurde jeder positive Test ab 2011 berichtet. Nagornich entschied, "wer von einer Verschleierung profitiert und wer nicht geschützt wird", wie es in dem Report heißt.
  • Nagornich benutzte das Code-Wort "Sicher", wenn er einen positiv getesteten Athleten schützen wollte, und "Quarantäne", um das normale Anti-Doping-Verfahren in Gang zu setzen. Wenn die Anweisung "Sicher" kam, mussten die Labor-Mitarbeiter die Probe als negativ in das Anti-Doping Management System der WADA eingeben.
  • Obwohl Proben von ausländischen Athleten normalerweise die Meldung "Quarantäne" bekamen, wurde zumindest ein ausländischer Fußballer in der russischen ersten Liga "gesichert", heißt es im Report. Diese Anweisung kam laut Bericht vom Sportminister Witali Mutko selbst.
  • Für das Labor in Sotschi, zu dem auch internationale Beobachter Zutritt hatten, wurde ein neues System entworfen. Teil davon war, Proben von russischen Athleten während der Nacht zu öffnen und "unreinen Urin mit reinem auszuwaschen".
  • Der Geheimdienst FSB entwickelte eine Methode, Urinproben heimlich zu öffnen, um den Austausch von Urin unerkannt zu ermöglichen. Nagornich bezeichnete die Entwickler als "Zauberer". Laut Report "war der FSB komplex in den Plan eingebunden, russischen Athleten trotz negativer Proben die Teilnahme zu ermöglichen".
  • Im Labor in Sotschi wurde ein Mauseloch gebohrt, um Urinproben von geschützten Athleten in einen "Arbeitsraum" neben der Lagerstätte der Proben zu bringen. Das geschah üblicherweise etwa um Mitternacht. Die Verschlüsse wurden geöffnet und der Urin ausgetauscht, bevor die Proben zurück ins Labor geschickt wurden.
  • Ein Tiefkühl-Lager mit "sauberem" Urin war in Sotschi und "wartete falls notwendig auf das Austausch-Programm". Diese Proben wurden von den Athleten "nach Anweisung" eingesammelt.

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