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WADA: Beweise für russisches Staats-Doping

WADA-Bericht über Vorfälle in Sotschi 2014 kommt zu einem explosiven Ergebnis für Russland.

WADA: Beweise für russisches Staats-Doping

Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi hat es sich um ein vom russischen Staat angeordnetes und verschleiertes Doping gehandelt.

Zu dieser Ansicht kommt der Bericht der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), der hierfür Beweise vorlegt.

Laut des Papiers der Kommission, die vom kanadischen Jus-Professor und Sportanwalt Richard McLaren geleitet wurde, sind im Moskauer Labor über Jahre hinweg positive Proben verschwunden.


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Betrug im nationalen Interesse

Der vorgelegte 97-seitige Untersuchungsbericht führe zahlreiche gravierende Belege für die Verwicklung von staatlichen Stellen in den Sportbetrug auf, betonte WADA-Chefermittler McLaren. Darin sei unter anderem das russische Sportministerium verwickelt.

So seien im Moskauer Anti-Dopinglabor über Jahre hinweg positive Proben verschwunden, um gedopte russische Athleten im Vorfeld und auch während der Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi zu schützen.

Das russische Sportministerium habe die Manipulationen "geleitet, kontrolliert und überwacht" und "der Geheimdienst mitgeholfen", sagte McLaren. Auch das Trainingszentrum der russischen Top-Athleten, CSP, sei an den massiven Betrügereien aktiv beteiligt gewesen. Russland hatte den Medaillenspiegel bei den Heimspielen vor zwei Jahren mit 13 Gold- und insgesamt 33 Medaillen auf Platz eins abgeschlossen.

Weitere Schritte stehen aus

Eine Empfehlung der WADA-Ermittler für Sanktionen gegen russische Sportler, Verbände oder gar einen Komplettausschluss Russlands gab es zweieinhalb Wochen vor der Eröffnung der Olympischen Sommerspiele in Rio de Janeiro (5. bis 21. August) allerdings zunächst nicht.

McLaren betonte, dass die Untersuchung unabhängig und transparent abgelaufen sei. Der kanadische Jusprofessor und Sportanwalt war von der WADA mit der unabhängigen Untersuchung betraut worden.

Auslöser der WADA-Untersuchung zu den Winterspielen 2014 waren die Enthüllungen von Grigori Rodschenkow.

Der ehemalige Chef des russischen Doping-Kontrolllabors, der sich in die USA abgesetzt hat, hatte behauptet, dass er in Sotschi positive Dopingproben von 15 russischen Medaillengewinnern zusammen mit der Anti-Doping-Agentur RUSADA sowie dem Inlandsgeheimdienst FSB auf Anordnung vom Staat vertuscht habe. Laut Rodschenkow hätte er und seine Mitarbeiter keine Wahl gehabt, als beim russischen Staatsdoping mitzumachen.

Nicht McLarens erster Einsatz in Russland

Für McLaren waren Rodschenkow und alle anderen Zeugen, die von ihm im Laufe der Untersuchung interviewt worden waren, allesamt "glaubwürdig".

Die Ermittler sehen es deshalb nach den Ermittlungen als erwiesen an, dass im russischen Spitzensport von Moskau angeordnetes und gedecktes Doping betrieben wird. Es seien tausende Daten und Dokumente ausgewertet worden, auch gelöschte Dateien seien wiederhergestellt worden, sagte McLaren.

Der Jurist gehörte bereits der unabhängigen WADA-Kommission an, die ein flächendeckendes Dopingsystem in der russischen Leichtathletik nachgewiesen hat.

Grundlage für möglichen Ausschluss

Russland hatte schon vor der Präsentation in Toronto angekündigt, mit allen Mitteln für eine Teilnahme seiner Sportler an den bevorstehenden Olympischen Sommerspielen in Rio kämpfen zu wollen.

"Es gibt ein ganzes Arsenal an legalen Mitteln für die Verteidigung der Interessen der Sportler, und Russland wird dieses Arsenal bis zum Letzten ausschöpfen", kündigte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag in Moskau an.

Der in Toronto präsentierte Bericht gilt als Grundlage für weitere Diskussionen über einen eventuellen Komplett-Ausschluss der Russen von den Sommerspielen in Brasilien im August, an denen nach derzeitigem Stand schon das russische Leichtathletik-Team nach dem im Vorjahr ins Rollen gekommenen massiven Dopingskandal nicht teilnehmen darf.

Die Bekämpfung des Dopings sei eine Priorität für Russland, bekräftigte Peskow. Zugleich dürften aber nicht unschuldige Sportler für die Taten anderer bestraft werden.

Schmaler Grat

Das jüngste und schwerste Doping-Beben bringt vor allem das Internationale Olympische Komitee (IOC) arg in die Bredouille. Der deutsche IOC-Chef Thomas Bach will zwar "null Toleranz" gegenüber gedopten Sportlern, hatte aber etwa einen Komplett-Ausschluss Russlands bisher abgelehnt.

Der Fecht-Olympiasieger von 1976 hatte vor der Veröffentlichung des Berichts gesagt, das IOC müsse die richtige Balance zwischen kollektiver Verantwortung und individueller Gerechtigkeit finden.

"Es ist offensichtlich, dass man einen Badminton-Spieler nicht für Manipulationen eines Offiziellen oder eines Laborleiters bestrafen kann", erklärte Bach, der als Freund von Russlands Staatspräsident Wladimir Putin gilt. "Jeder, der nicht involviert war, kann nicht für das Fehlverhalten anderer bestraft werden." Damit scheint ein Komplettausschluss unwahrscheinlich.

Verschiedene Ansätze

Auch der Welt-Turnverband FIG betonte bereits kurz vor der Veröffentlichung, dass nicht alle russischen Athleten gesperrt werden dürften.

Sportler dürften nicht für Vergehen von Athleten anderer Sportarten und Verbänden für schuldig befunden werden, hieß es in einer Erklärung vom Montagvormittag.

Formell müssten die internationalen Sportverbände in jeder Sportart eine Entscheidung treffen, so wie es der Leichtathletik-Weltverband IAAF bereits getan hat.


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