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Red Bull: Wenn Rekorde allmählich an Bedeutung verlieren

Die 35 Jahre alte Sieg-Bestmarke von McLaren wurde egalisiert, Helmut Marko interessierte dies aber kaum. Das sind die Gründe.

Red Bull: Wenn Rekorde allmählich an Bedeutung verlieren Foto: © getty

Max Verstappen brüllte schon wieder am lautesten.

Auch beim Grand Prix von Großbritannien war das Paket bestehend aus dem Niederländer und Red Bull Racing nicht zu biegen, womit der Doppel-Weltmeister nicht nur seinen sechsten Rennsieg en suite einfuhr, sondern seinem Team zugleich den elften Triumph am Stück und einen Rekord bescherte.

1988 war bei McLaren-Honda die Kombination Ayrton Senna und Alain Prost praktisch unschlagbar, schaffte die perfekte Saison mit 16 Siegen aus ebenso vielen Grand Prix nur nicht, weil in Monza beide Fahrer auf dem Weg zum Triumph ausgeschieden sind.

"Mit jedem Sieg wird wieder irgendein Rekord gebrochen."

RB-Motorsportdirektor Helmut Marko über den Rekord von elf Siegen in Folge

Elf Rennen in Folge wurden bis zu diesem Zeitpunkt gewonnen - eine Bestmarke für die Ewigkeit, dachten viele. Doch heuer führt kein Weg an Red Bull Racing vorbei, seit dem WM-Finale 2022 in Abu Dhabi gab es bei jeder Siegerehrung die österreichische Bundeshymne zu hören.

"Mit jedem Sieg wird wieder irgendein Rekord gebrochen, entweder jener von McLaren jetzt, sonst mit Max und dergleichen", misst Motorsportdirektor Helmut Marko im "ORF" der Einstellung der McLaren-Marke offenbar keinen großen Wert bei.

Schlechter Start und harter Kampf mit den McLaren

Wohl auch deshalb, weil eben jenes britische Team just in Silverstone eine Art Wiederauferstehung erlebte und den "Bullen" das Leben zeitweise schwer machte. "Es war ziemlich eng", analysiert Marko treffend.

Weil Verstappen den Start von der Pole aus vergeigte und Lando Norris mühelos an seinem guten Freund vorbeizog. Sogar Rookie Oscar Piastri schickte sich an, den 43-fachen GP-Sieger zu überholen, doch der WM-Leader konnte den jungen Australier hinter sich halten.

Daraufhin begann die Hatz nach der Führungsposition, welche sich der Niederländer nach wenigen Runden und DRS-Unterstützung wieder schnappte. "Beide McLaren und vor allem Lando waren superschnell. Ich brauchte ein paar Runden, bis ich vorbeikam und mir einen Vorsprung rausfahren konnte", meint Verstappen.

Der sich in der Folge ein beruhigendes Polster von neun Sekunden herausfahren konnte, obwohl ihm die McLaren einige Runden lang dicht im Nacken saßen. "Max hat anfangs in den schnellen Kurven reifenschonendes Verhalten an den Tag gelegt, aber als wir Norris nicht abschütteln konnten, haben wir Tempo zugelegt", so Marko.

Warum die Reifenwahl ein Risiko war

Der Vorsprung war mit einem Aufwisch jedoch dahin, weil der Haas von Kevin Magnussen wie schon im samstägigen Qualifying streikte und auf der Strecke liegenblieb - das Safety Car musste ausrücken.

"Er hätte drei bis fünf Runden mehr gebraucht, dann wäre der Reifenvorteil voll tragend geworden."

Helmut Marko atmete nach dem Rennen durch

Verstappen, Norris und Lewis Hamilton, der später als Dritter ins Ziel kam, stoppten bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht und nützten die Phase aus. Wobei der McLaren bei der Strategie ausscherte und mit den Hards wieder aus der Box fuhr, während Verstappen und Hamilton den Soft-Reifen hatten.

Ein Risiko, wie Marko "im Nachhinein" feststellt. "Bei Max und auch Hamilton haben die Reifen zum Schluss ziemlich abgebaut, wir waren froh, als das Rennen vorbei war", schnaufte der Steirer durch. Mit den weichsten Pneus sei es anfangs "natürlich besser" gewesen, konnte der Niederländer den Vorsprung wieder deutlich ausbauen.

Dieser sei allerdings auch notwendig gewesen, wie Marko festhält. "Zum Schluss ist er (Norris, Anm.) immer drei bis vier Zehntelsekunden schneller gefahren als wir. Er hätte drei bis fünf Runden mehr gebraucht, dann wäre der Reifenvorteil voll tragend geworden", ahnt der Motorsportchef von Red Bull Racing.

Perez' Position ist "überhaupt nicht gefährdet"

Dem auch ein Lob für Sergio Perez über die Lippen kam, der Mexikaner beendete den Grand Prix nach Startplatz 15 als Sechster. Nach der Safety-Car-Phase sei "Checo", "obwohl er auch auf den Soft-Reifen war, der schnellste Mann im Feld" gewesen - sogar schneller als sein Teamkollege.

"Sein Rennen und der Speed waren tadellos, zum Glück ist er vor Alonso ins Ziel gekommen. Der Vorsprung auf Platz drei ist wieder etwas ausgebaut", zeigt sich Marko mit dem Geleisteten zufrieden.

Für den WM-Zweiten selbst war Platz sechs nicht mehr als Schadensbegrenzung. "Ich habe alles gegeben, mehr ging nicht. Das Glück war nicht mit uns. Beim Start habe ich Plätze verloren, dann hat mich Ocon abgedrängt - das war wirklich nicht gut. Aber wir sind zurückgekommen, der Rennspeed ist absolut da. An Sonntagen sind wir immer da."

Dadurch konstatierte Marko auch einmal mehr, dass Perez' Position als Teamkollege von Verstappen "überhaupt nicht gefährdet ist." Für den 33-Jährigen Motivation genug, um in den kommenden zwei Wochen an seinen Schwächen zu arbeiten.

"Ab morgen arbeite ich mit dem Team im Simulator. Ich habe einige Ideen, wie es besser gehen könnte", sagt Perez und konkretisiert: "Es hat damit zu tun, wie sich das Auto in gewissen Situationen verhält und wie ich es wahrnehme. Es ist anfällig für Wind und Temperaturschwankungen, das müssen wir uns anschauen und verstehen."

Am Ende zähle aber nur, "wo man in Abu Dhabi steht."

Der weite, aber stimmige Weg zur perfekten Saison

Bis dahin ist es freilich noch ein weiter Weg, der Grand Prix von Ungarn in 14 Tagen stellt die Halbzeit der heurigen F1-Saison dar. 

Jeglichen Hoffnungen, dass Red Bull am Hungaroring womöglich schlagbar wäre, nimmt Mercedes-Teamchef Toto Wolff im "ORF" den Wind aus den Segeln. "Das ist gerade eine Strecke, auf der sie bärenstark sein werden und für alle anderen etwas tougher - leider", vermutet der Wiener.

Marko gibt sich diesbezüglich bedeckt. "Schauen wir einmal, was unser Auto in Budapest macht, welche Teile da sein werden. Nach dieser Erfolgsserie müssen wir einfach positiv in die nächsten Rennen gehen, auch wenn wir solch eine Siegesserie für unwahrscheinlich gehalten haben - solange sie anhält, wollen wir sie genießen."

Und gewinnt Red Bull auch in Ungarn, wäre die halbe Miete für das perfekte Formel-1-Jahr schon geschafft. Für den Steirer ist es bis dorthin noch "ein weiter Weg". Aber: "Er stimmt bisher."


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