news

"Schwarzes Gold" - Reifen als unterschätzte Umweltbelastung

Die Reifen sind ein vernachlässigtes Problem, für ein F1-Wochenende braucht es aber bis zu 3.000 Stück. Beim Mikroplastik fehlt noch eine Strategie.

Foto: © GEPA

Im Motorsport wird schon seit Längerem über Nachhaltigkeit diskutiert. Ein Aspekt kommt bisher aber zu kurz - nämlich die Reifen.

Dabei stellt das "schwarze Gold" ein vielschichtiges Problem dar. Ressourcenverbrauch, Entsorgung, Transport und Mikroplastik sind nur ein paar Stichworte. Mario Isola, der Motorsportchef von Pirelli, sagt, dass man stets versuche, die Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. "Es geht nicht um einen einzelnen Vorgang, sondern um viele Details."

Das 1872 gegründete Unternehmen mit Hauptsitz in Mailand ist seit 2011 exklusiver Reifenhersteller der Formel 1. An einem Wochenende wie dem kommenden in Spielberg finden neben der Formel 1 auch die Nachwuchsserien Formel 2 und Formel 3 im Rahmenprogramm statt. Insgesamt seien es rund 3.000 Reifen, die für solch ein Event geliefert würden, sagte Isola der APA - Austria Presse Agentur.

Pirelli versorgt aber auch noch zahlreiche andere Serien wie die GT World Challenge. In diesem Jahr fällt der Große Preis von Österreich wie im Vorjahr mit den 24 Stunden von Spa zusammen. "Dann sprechen wir von insgesamt 14.000, 15.000 Reifen", so Isola. Für ein Wochenende wohlgemerkt.

Reifen werden zu Asphalt oder Kunstrasen

Pro Jahr wird mit Sicherheit eine sechsstellige Anzahl von Reifen nur für die Motorsport-Topebene produziert. Was die Frage nach der Nachnutzung aufwirft. Denn ein alter Reifen kann aufgrund seiner Bestandteile und deren Eigenschaften nicht einfach eingeschmolzen und zu einem nagelneuen verarbeitet werden. Für Altreifen gibt es andere Möglichkeiten der Verwertung.

Was also passiert mit den gebrauchten Gummiwalzen im Regelfall nach einem Formel-1-Wochenende?

"Wir sammeln sie ein, vor allem natürlich Reifen mit vertraulichen Informationen", erklärte Isola. "Formel-1-, Formel-2- und Formel-3-Reifen schicken wir zurück nach Großbritannien, wo wir sie zu Sekundärrohstoffen für neue Anwendungen recyceln. Zum Beispiel für Kunststoffböden, teilweise werden sie im Asphalt verwendet, und es gibt viele andere Anwendungen."

Generell wird ein großer Anteil der Altreifen in der Industrie wegen des hohen Heizwerts als Sekundär-Brennstoff verbrannt, vorwiegend bei der Zementherstellung. Dort sollen so die CO2- und Schadstoff-Emissionen begrenzt werden.

Pirelli und viele andere Reifenhersteller erforschen aber laufend andere Verwendungsmöglichkeiten wie Gummimatten, Kunstrasen-Bestandteile, Spielplatzbeläge und Schläuche.

Nachhaltigkeit "ein Ziel des Unternehmens"

Seit 2024 bringt Pirelli Formel-1-Reifen mit FSC-Siegel an die Strecken. Die Abkürzung steht für "Forest Stewardship Council", dabei handelt es sich um einen Standard für nachhaltige Forstwirtschaft.

"Die FSC-Zertifizierung gewährleistet, dass unsere Naturkautschukplantagen so bewirtschaftet werden, dass die biologische Vielfalt erhalten bleibt und dass das Leben der lokalen Gemeinschaften und der Arbeitenden vor Ort positiv beeinflusst wird", heißt es auf der Pirelli-Webseite.

Bei Pirelli, das ab 2027 auch die MotoGP mit Reifen beliefert, betont man, dass Nachhaltigkeit "sehr wichtig" für das Unternehmen sei. "Das ist nicht nur im Motorsport eine Prämisse, sondern ein Ziel des Unternehmens, und wir nutzen den Motorsport als gute Möglichkeit, neue Lösungen zu testen und neue Ideen zu entwickeln", sagte Isola und fügte hinzu: "Wir waren der erste Reifenhersteller, der von der FIA mit drei Sternen ausgezeichnet wurde."

Seefracht statt Flugzeug

Ein wichtiger Faktor sind freilich auch die Umweltkosten, die beim weltweiten Transport der Reifen entstehen. Von Pirelli heißt es, man bemühe sich, die Auswirkungen auf Umwelt und Klima so gering wie möglich zu halten. Abhängig sei man immer von den jeweiligen Rennkalendern. In der Formel 1 wird der Plan quasi in Alleinregie vom Management bestimmt.

"Unsere gesamte Logistik wird bei Veranstaltungen in Übersee per Seefracht abgewickelt", erläuterte Isola. Beim Transport auf der Straße erfülle man stets die neueste Abgasnorm der Europäischen Union.

Punkto Mikroplastik - Reifenabrieb ist eine der größten Quellen dafür - gibt es hingegen noch keine klare Strategie oder einen Ansatz, wie man das Problem verringern könnte.

"Es ist nicht einfach, diesen Effekt zu analysieren, weil er nicht nur von den Reifen ausgeht, sondern vom Asphalt, von den Bremsen", sagte Isola. "Es gibt eine Arbeitsgruppe, die daran arbeitet, das Ausmaß und die Auswirkungen zu verstehen und zu reduzieren, und Pirelli ist Teil dieser Gruppe."

Kommentare