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Helmut Marko: "Wir sind diesmal auf alles vorbereitet"

Teaminterner Zoff, Budget-Strafe, Zukunft ohne Mateschitz und warum er sich die Formel 1 mit fast 80 noch antut. Helmut Marko im großen Interview:

Helmut Marko: Foto: © GEPA

Der teaminterne Zoff von Sao Paulo wird bei Red Bull Racing als "ausgeräumt" abgehakt.

Beim Saison-Finale Sonntag auf dem Yas-Marina-Kurs soll es keine "Missverständnisse" geben, sagt Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko im Interview mit LAOLA1-Kolumnist Gerhard Kuntschik. Und nimmt dabei auch zur Zukunft nach dem Tod von Dietrich Mateschitz, zur Strafe wegen Budgetüberschreitung und zum möglichen neuen Ersatzfahrer Stellung.

LAOLA1: Wird es auch in Abu Dhabi Probleme zwischen euren Fahrern geben wie in Brasilien?

Helmut Marko: Nein, weil alles geklärt wurde. Es wurden Fehler vom Team gemacht, die intern alle ausgeräumt wurden. Auch die beiden Fahrer haben sich ausgesprochen.

LAOLA1: Kann ein solches "Missverständnis", wie du es bezeichnet hast, hier nicht mehr passieren?

Marko: Es ist jetzt abgesprochen, dass es eine Kooperation gibt. Jetzt warten wir einmal ab, wie das Qualifying ausgeht. Man muss jetzt die Szenarien durchspielen, die sich im Rennen ergeben können. Wir sind diesmal auf alles vorbereitet. 

LAOLA1: Wie kann man sich künftig gegen die Entgleisungen in den sozialen Netzwerken schützen, wie sie zuletzt gegen Verstappen und seine Familie kursierten? Oder diese verhindern?

Marko: Diese anonymen, untergriffigen Anschuldigungen, Drohungen usw. sind ein Problem, nicht nur im Sport. Da muss eine Gesetzeslage geschaffen werden, die zu allererst einmal die Anonymität aufhebt. Das wäre die erste und wichtigste Maßnahme.

"Ich mache mir generell keine Sorgen, weil ich unabhängig bin. Ich kann jederzeit auf Wiedersehen sagen und gehen."

Helmut Marko über seine Zukunft

LAOLA1: Weckt die Rückkehr nach Abu Dhabi noch Emotionen wegen der Entscheidung im Vorjahr?

Marko: Nein, weil wir nach vorn schauen.

LAOLA1: Wie gesichert ist das weitere Engagement von Red Bull im Sport generell, im Motorsport und in der Formel 1?

Marko: Es gibt das generelle Bekenntnis beider Gesellschafter (Red-Bull-Erbe Mark Mateschitz und die thailändische Familie Yoovidhya, Anm.), dass vom Marketingstandpunkt aus die Formel 1 das stärkste Instrument ist, das nicht in Frage gestellt wird.

LAOLA1: Wer ist dein unmittelbarer Ansprechpartner auf oberster Ebene, wer übernimmt die Rolle von Dietrich Mateschitz?

Marko: Das wird sich klären. Wir hatten Unterredungen mit den Gesellschaftern, auch mit Herrn Mintzlaff (Oliver Mintzlaff, einer der drei neuen CEOs, Anm.) wird demnächst gesprochen.

LAOLA1: Du machst dir keine Sorgen um die unmittelbare Zukunft?

Marko: Ich mache mir generell keine Sorgen, weil ich unabhängig bin. Ich kann jederzeit auf Wiedersehen sagen und gehen.

LAOLA1: Du wirst nächstes Jahr 80 Jahre alt. Brennt in dir das Feuer für den Rennsport immer noch? Gibt es keine Gedanken an ein Leisertreten?

Marko: Ich erfüllte meine Aufgabe aus Verbundenheit zu Dietrich Mateschitz, einem Visionär, der alles im großen Bild verstand. Wenn für mich die Atmosphäre nicht mehr passt, dann wird es für mich kein Thema mehr sein. Ich kann von heute auf morgen aussteigen. Aber das Feuer brennt immer noch.

Helmut Marko mischt auch mit fast 80 noch die Formel 1 auf
Foto: © getty

LAOLA1: Gibt es unter der neuen Führung vielleicht eine Wiederaufnahme der Gespräche mit Porsche?

Marko: Nein. Aber ich fliege nächste Woche zu Unterredungen mit Honda nach Japan.

LAOLA1: Wie gut stehen die Chancen auf eine Rückkehr von Daniel Ricciardo als "dritter Mann"?

Marko: Darüber gibt es Gespräche. Wir haben derart viele Sponsorenverpflichtungen und Showruns etc., dass ein Mann wie er mit seinem Profil "verkaufbar" und sehr gut geeignet ist. Ich sehe da eine sehr realistische Option. Wir diskutierten auch gestern, und lediglich ein Punkt war noch offen.

LAOLA1: Wie siehst du das Karriereende von Sebastian Vettel in der Formel 1, was bleibt Dir besonders in Erinnerung?

Marko: Er hatte eine Bilderbuchkarriere als finanziell nicht gerade rosig ausgestatteter Sohn eines Zimmerermeisters. Mit Akribie, Talent und harter Arbeit schaffte er es an die Weltspitze. Er prägte viele Jahre bei Red Bull, er kämpfte bei Ferrari zwei Mal um den Titel. Er hat jetzt andere Interessen und andere Ziele. Der Entschluss aufzuhören kam ja von ihm selbst. Das ist so, wie man es sich vorstellt. Wenn er motiviert war, war er immer noch stark, wie seine Leistung in Japan gezeigt hat.

LAOLA1: Falls es Interessenten gäbe, stünde AlphaTauri zum Verkauf?

Marko: Gemäß den Gesellschaftern nicht. Sie wollen das, was Mateschitz als Nachwuchsteam kreierte, fortführen.

LAOLA1: Wie schwer wiegt die Strafe wegen Budgetüberschreitung (zehn Prozent weniger Entwicklungszeit im Windkanal etc.) für die kommende Saison?

Marko: Ich schließe mich Christian Horner (Teamchef, Anm.) an, der von "drakonisch" sprach und schätzt, dass wir zwei bis fünf Zehntel pro Runde einbüßen. Der Schlüssel wird sein, noch effizienter zu arbeiten, um den Nachteil auszugleichen.

LAOLA1: Wird die Beurteilung des Budgets von heuer klarer und schneller möglich sein?

Marko: Ja, es wird Verbesserungen geben. Wir haben die Strafe akzeptiert, weil wir auf einen möglichen jahrelangen Rechtsstreit verzichten wollten.

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