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DTM-Neustart: Gerhard Bergers Meisterprüfung

Er musste alles umkrempeln, um das Überleben zu sichern. Mit Erfolg?

DTM-Neustart: Gerhard Bergers Meisterprüfung Foto: © GEPA

Gerhard Berger, der mittlerweile auf seinen 62er zugeht, hat schon einige Prüfungen bestanden.

In der Formel 1 zwei Mal. Mit zehn Rennsiegen und zwei starken Comebacks, das eine nach seinem brutalen Feuerunfall in Imola 1989, das zweite nach persönlicher Krankheit und dem Tod seines Vaters im Sommer 1997.

Dann hat er auch die Prüfung zum siegreichen Teamchef geschafft, als ihm, Teamchef Franz Tost und seiner Mannschaft samt Red Bull sowie allen Tifosi der junge Sebastian Vettel in Monza 2008 einen Sensations-Triumph für Toro Rosso bescherte.

Und nun die dritte Meisterprüfung: Berger hielt als verantwortlicher Chef der Trägerorganisation ITR die krisengebeutelte DTM am Leben und lässt sie am Wochenende in Monza neu durchstarten.

Er sieht die mission (beinahe) accomplished ziemlich emotionslos, sagt aber dennoch: "Wenn der Sport endlich losgeht, ändert sich viel nach den monatelangen Vorbereitungen und der Knochenarbeit, die Serie aufzustellen. Was mich besonders freut: Dass wir eine ausgezeichnete Mannschaft zusammenhalten konnten."

Er hätte auch genug anderes zu tun gehabt als die DTM zu retten, gibt er zu, mit der Verantwortung für seine Firma in Tirol und die Mitarbeiter dort.

Aber der Rennsport lässt ihn halt doch nicht so einfach los. Speziell die Tourenwagen, bei denen seine Rennwurzeln liegen, vom Alfasud bis zum Schnitzer-BMW.

 

Also DTM neu. Berger ist überzeugt: "Wir haben die besten Fahrer und die besten Teams bekommen mit sechs Marken dabei, die von den Herstellern unterstützt werden. Das neue Reglement mit GT3-Autos war die einzig vernünftige Möglichkeit, die DTM am Leben zu erhalten."

Was sich optisch ändert: Nach den nur zwei Saisonen auftretenden Class-1-Turbo-Prototypen können Fans, die ja auch immer irgendwann Kunden werden, die GT3-Autos auf Basis von Serienmodellen "wiedererkennen". Und dass die Neuen 100 PS weniger als die Vorgänger haben und 300 Kilo schwerer sind, wird keinen stören oder auffallen.

Für die Piloten ohne GT3-Erfahrung ist es allerdings eine Umstellung. Damit die Rennen unvorhersagbar und spannend sind, wird es zwischen den sechs Marken (Audi, BMW, Ferrari, Lamborghini, McLaren, Mercedes) eine von Berger nolens volens akzeptierte "Balance of Performance" samt Zusatzgewichten für die drei Erstplatzierten beim folgenden Rennen (25, 18, 15 Kilo plus – genauso viel wie Punkte!) geben.

Zwei Frauen dabei - und Ferrari sowie Lamborghini

Wie Berger ist sich auch der frühere F1- und DTM-Pilot Christian Danner sicher: "Es gibt keinen Favoriten. Jeder kann ganz vorn landen." Pardon, jeder und jede. Denn nach der schon länger bestätigten Münchner F3-Umsteigerin Sophia Flörsch (20, Abt-Audi) ist seit Kurzem auch die zweite Dame im Feld bekannt, die britische Carrera-Cup-Siegerin Esmee Hawkey (23, T3-Lamborghini).

Ein Highlight, das Berger seiner alten Red-Bull-Verbundenheit verdankt, ist der Einstieg von AF Corse mit Red-Bull-Backing. Das AF steht für den Gründer und Besitzer Amato Ferrari (nicht verwandt mit der Ferrari-Dynastie), der seit Jahren mit dem Team aus Piacenza in der Langstrecken-WM (WEC) inkl. Le Mans und in fast allen GT3-Serien erfolgreich unterwegs ist. Erst Sonntag siegten Pier Guidi/Calado für AF Corse in der GTE-Klasse der Acht Stunden von Portimao, wo Ferdinand Habsburg im WRT-Oreca als Vierter das Podium der LMP2 nur knapp verpasste.

Albon sorgt für Umdisponierungen

Dass Alex Albon, in der Formel 1 auf Reservefahrer zurückgestuft, auch über die Einsätze im AlphaTauri-lackierten Ferrari 488 GT3 Evo wieder in die Topklasse will, genauso wie der F2-Pilot Liam Lawson im Red-Bull-gebrandeten Schwesterauto, ist ein Kampf in sich im großen DTM-Kampf.

Audi: R8 statt RS5
Foto: © GEPA

Übrigens: Dass der Thai-Brite Albon in Monza beim Auftakt dabei ist, stand seit der Vorverlegung des Frankreich-GP auf dasselbe Wochenende in Frage, ist aber geklärt.

Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko zeigt die Lösung auf: "Die Simulatorarbeit beim Frankreich-Wochenende wird Jüri Vips erledigen. Albon bleibt Ersatzmann. Falls in Frankreich mit den Stammpiloten von Red Bull Racing oder Alpha Tauri etwas passieren sollte, wird Albon per Luftbrücke sofort nach Le Castellet kommen."

Wenn Albon F1-Verpflichtung hat, sollte der Neuseeländer Nick Cassidy den DTM-Ferrari übernehmen – doch der hat eben an diesem Wochenende zwei Rennen der ABB Formel E in Puebla (Mexiko) zu bestreiten.

Kompliziert? Sicher, und durch mögliche Terminverschiebungen, Absagen etc. aufgrund der Pandemie noch länger zu erwarten. Marko: "Wir müssen flexibel bleiben und von Fall zu Fall entscheiden. Unser Kader ist groß genug."

Auch Berger weiß: "Die Pandemie wird uns auch in dieser Saison beschäftigen. Wir hatten auf Zuschauer in Monza gehofft, das geht noch nicht. Vielleicht ab dem zweiten oder dritten Rennen. Wir wollen wieder unsere Fans sehen. Aber bis 50.000 oder 60.000 da sind, wird es noch dauern."

Auer und Klien halten Rot-Weiß-Rot hoch

 

Albon im Ferrari dabei
Foto: © GEPA

Im DTM-Feld 2021 treten mit Albon und BMW-Haudegen Timo Glock zwei Fahrer mit F1-Rennerfahrung an.

Dazu drei Ex-Champions (Paffett, Rockenfeller, Wittmann), von denen allerdings der Brite wie Cassidy wegen FE-Verpflichtungen für Mercedes die ersten beiden Rennwochenenden auslassen muss.

Und dann sind da noch die Österreicher: Lucas Auer im Winward-Mercedes über die Saison, Christian Klien im JP-McLaren in drei Meetings (Zolder, Assen, Nürburgring), weil sich der Rest mit dem zuvor fixierten Programm in der GT Open überschneidet.

"Nach dem letzten Test in Monza bei sommerlichen Temperaturen bin ich sehr zuversichtlich. Wir machten einen Sprung nach vorn, ich verstehe das GT3-Auto jetzt besser", sagt der 26-jährige Kufsteiner, der davor beim offiziellen DTM-Test Anfang Mai in der Lausitz stets vorn dabei war.

Auch Klien, der die offiziellen Vorsaisontests versäumte, sich aber privat in Spa-Francorchamps und Zolder eingewöhnte, gibt sich optimistisch: "Wir erkannten, dass der McLaren großes Potenzial hat. Es gab keine Probleme, das Auto ist leistungsmäßig und in der Fahrbarkeit gut aufgestellt."

 

DTM-Saison 2021

  1. - 20.6. Monza (erstmals DTM-Schauplatz, die 40. Strecke dieser Serie)
  2. – 25.7. Lausitzring
  3. – 8.8. Zolder
  4. – 22.8. Nürburgring
  5. – 5.9. Red Bull Ring (Spielberg)
  6. – 19.9. Assen
  7. - 3.10. Hockenheim

Verschoben und noch ohne Datum: Norisring (Nürnberg)

Je zwei Rennen samstags und sonntags ab 13:30 Uhr, 55 Runden plus eine Runde – außer Monza mit je 50 Minuten wegen des erhöhten Treibstoffverbrauchs auf dem Hochgeschwindigkeitskurs

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