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FC Blau-Weiß Linz: Die Spielidee des Aufsteigers

Das hat den Unterschied für die Oberösterreicher ausgemacht, darauf kommt es in der Bundesliga an. Taktik-Experte Sargon Duran seziert den Aufsteiger.

FC Blau-Weiß Linz: Die Spielidee des Aufsteigers Foto: © GEPA

Herzlichen Glückwunsch dem FC Blau-Weiß Linz zum verdienten Aufstieg in die Bundesliga.

Für die Oberösterreicher ist es der Lohn für eine spannende Entwicklung in den vergangenen Jahren, die wir uns in dieser Episode genauer anschauen werden.

Zuvor möchte ich jedoch auch der Admiral 2. Liga zu dieser Saison gratulieren. Sowohl der Kampf um den Aufstieg als auch jener gegen den Abstieg waren mitreißend.

Die sportliche Entwicklung in dieser ausgeglichenen Liga verdient definitiv ein Lob.

Aber schauen wir uns nun den frischgebackenen Aufsteiger genauer an. Ich möchte die Analyse der "blau-weißen Fußball-Welt" in der Defensive beginnen und mich schrittweise nach vorne in die Offensive arbeiten. Letztere hat unterm Strich auch den Unterschied ausgemacht.

ALLGEMEIN:

Trainer Gerald Scheiblehner setzt auf eine Grundordnung, die man als 3-4-3 beziehungsweise 3-4-2-1 interpretieren kann. Er gilt nicht umsonst als Trainer, der jeden Tag sehr viel von sich und seinem Team verlangt. Diese Arbeit unter der Woche macht sich an den Spieltagen bezahlt.

Blau-Weiß besticht durch eine Philosophie, die so oder so ähnlich in Fußball-Österreich derzeit auch andernorts erfolgreich ist. Die Oberösterreicher setzen auf hohe Intensität. Das heißt konkret, sie fackeln nicht lange, pressen den Gegner früh an, wollen das Spiel in der gegnerischen Hälfte halten und suchen nach der Balleroberung den schnellsten Weg nach vorne.

Schösswendter sucht seinen eigenen Nachfolger
Foto: © GEPA

ABWEHRKETTE:

Durch diese Herangehensweise hast du automatisch eine hohe Abwehrlinie, die hinten oft Mann gegen Mann steht.

Mit Christoph Schösswendter, Fabio Strauss und Manuel Maranda bildeten meist drei enorm zweikampf- und vor allem kopfballstarke Riesen die Dreierkette, die gerade in der Luft wenig bis gar nichts anbrennen lassen.

Die Idee ist, dass vorne von der Stürmerlinie immenser Druck auf den Gegner erzeugt wird. Dadurch zwingst du den Gegner zu weiten Bällen, die logischerweise ein gefundenes Fressen für dieses groß gewachsene Trio sind.

Der potenzielle Nachteil ist allerdings, dass alle drei nicht die Allerschnellsten sind. Klappt es mit dem Druck vorne nicht, besteht das Risiko, dass sich der Gegner befreien und den Raum hinter der Abwehr kontrolliert bespielen kann. Kein Vorteil ohne Nachteil also. Hier kommt es natürlich auch auf eine gute Organisation der Restverteidigung an. Dass alle Mitglieder der Abwehrkette sehr erfahrene Profis sind, hilft selbstverständlich.

Spannend ist, dass Neo-Sportdirektor Schösswendter nach seinem Karriereende nun quasi nach seinem eigenen Nachfolger fahndet. In der Bundesliga würde es sich meiner Meinung nach lohnen, hinten Speed dazu zu nehmen, weil die Kontrahenten naturgemäß nochmal eine andere Qualität haben.

Wichtig: An Größe sollte man dennoch nicht einbüßen. Denn bei Standards ist Blau-Weiß offensiv gefährlich und defensiv eine Macht. Das liegt vorne wie hinten an den guten Kopfballspielern, zu denen natürlich auch Stürmer Ronivaldo zählt. Aber zu ihm in Kürze mehr.

Brandner ist zu einem Leader gereift
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ZENTRALES MITTELFELD:

Für das Spiel von Blau-Weiß benötigt es sehr lauf- und zweikampfstarke Sechser. Mit Michael Brandner und Tobias Koch sind diese gegeben.

Beide zeichnet ein sehr einfaches und brutal effizientes Spiel aus. Sie verrichten unauffällige, aber umso wichtigere Arbeit. Sie lösen die vermeintlich einfachen Dinge perfekt.

Brandner ist in Linz zum Kapitän gereift. Er ist also nicht nur der Lenker und Denker im Mittelfeld, sondern ein absoluter Leader, der mit seiner Einstellung großen Einfluss auf die Truppe nimmt, gerne mittendrin ist im Geschehen. Dieser LAOLA1-Artikel beschreibt es bestens, er hat in vier Jahren Blau-Weiß tatsächlich alles miterlebt.

AUSSENSPIELER:

In diesem System ist die Außenspur nicht doppelt, sondern einfach besetzt. Das heißt für Simon Pirkl links und Fabian Windhager rechts: Sie müssen extrem laufstark sein und ihre Seite sowohl offensiv als auch defensiv beackern.

Die beiden sind ein schönes Beispiel dafür, wie gutes Coaching auf die jeweiligen Stärken und Schwächen Rücksicht nimmt, beziehungsweise wie die gleiche Position durch zwei verschiedene Spielertypen ganz unterschiedlich interpretiert werden kann.

Die Angriffe werden öfter über links als über rechts vorgetragen. Pirkl versucht die Bälle in die Box zu bringen, er hat in dieser Saison auch starke neun Assists geliefert.

Dafür hat er kein Tor geschossen. Und Windhager? Dem ist kein einziger Assist gelungen, dafür durfte er drei Mal als Torschütze jubeln. Bei zwei seiner Tore war auch tatsächlich eine Flanke von links von Pirkl der Ausgangspunkt.

Statistiken untermauern eine Herangehensweise nicht immer, im konkreten Fall ist sie in meinen Augen jedoch sehr aussagekräftig.

OFFENSIVE:

Bevor ich auf die drei offensiven Asse eingehe, sollten wir uns das Torverhältnis der drei Aufstiegsaspiranten anschauen.

Blau-Weiß Linz: 63:27
GAK: 52:29
SKN St. Pölten: 51:27

Nicolas Schmid ist fraglos ein sehr guter Tormann, die Zahl der Gegentreffer ist bei allen drei Teams jedoch ungefähr gleich. Den Unterschied hat zweifelsohne die Offensive ausgemacht. Wenn man um elf beziehungsweise zwölf Tore mehr erzielt als die direkten Kontrahenten, ist das natürlich relevant.

Hier sticht die Ausbeute der drei offensiven Erfolgsgaranten Fally Mayulu, Matthias Seidl und Ronivaldo ins Auge. Diese drei Akteure möchte ich näher beleuchten:

Mayulu fällt auch mit seinen Einwürfen auf
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FALLY MAYULU (11 Tore, 11 Assists):

Wer im Schnitt alle 82 Minuten einen Scorer-Punkt abliefert, hat einiges richtig gemacht. Bei Rapid darf man sich jedenfalls auf einen Neuzugang freuen, der diverse spannende Aspekte mitbringt.

Zum Beispiel seine langen Einwürfe im Angriffs-Drittel. Genau, richtig gelesen – mit seinen 1,93 Metern Körpergröße und der Wucht, die ihn auszeichnet, würde man meinen, dass er eher der Adressat sein sollte. Mit seinen langen Armen und der damit verbundenen Hebelwirkung ist er jedoch prädestiniert für lange Einwürfe, die immer wieder für Gefahr und auch für Tore gesorgt haben – nicht zwingend beim ersten Kontakt, aber dann beim zweiten, dritten oder vierten Ball.

Auch unabhängig vom Einwurf zeichnet ihn seine Power aus. Körperlich ist er richtig stark, hat Geschwindigkeit und einen guten Abschluss.
Die Anlagen für einen Top-Stürmer sind also vorhanden. Bei Rapid trifft er auf größere Konkurrenz. Dadurch muss er jeden Tag an sein Maximum gehen. Ich bin auf seine Entwicklung gespannt, denn er bringt wirklich sehr viel mit.

MATTHIAS SEIDL (12 Tore, 6 Assists):

Im Frühjahr ist es für den Shootingstar der Herbst-Saison nicht nach Wunsch gelaufen, ihm sind nur zwei Assists gelungen. Teamchef Ralf Rangnick wird sich jedoch etwas dabei gedacht haben, dass er ihn trotzdem auf Abruf für die anstehenden EM-Quali-Spiele nominiert hat.

Seine Einstellung ist top, ein richtiger Vollprofi – er muss eher aufpassen, dass er sich die nötige Lockerheit beibehält und nicht verkrampft.

Seidls Spiel schaut leicht aus, ist es aber nicht. Er ist ein sehr intelligenter Spieler mit feiner Technik, der die Räume erkennt, die Bälle gut durchsteckt und eiskalt vor dem Tor ist.

Er ist definitiv bereit für die Bundesliga. Mal schauen, ob das bei Blau-Weiß Linz sein wird oder bei einem anderen Verein.

Ronivaldo überzeugt auch mit immenser Sprungkraft
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RONIVALDO (19 Tore, 1 Assist):

Na endlich! Jetzt muss es mit seinen 34 Jahren einfach mit dem ersten Bundesliga-Spiel klappen. Und das nach über zehn Jahren in Österreich und sage und schreibe 137 Toren in 217 Einsätzen in der 2. Liga.

Ich würde ihm wirklich von Herzen wünschen, dass er auch oben seine Qualität unter Beweis stellen kann. Ich habe selbst noch gegen ihn gespielt und weiß daher, wie unfassbar kopfballstark er mit seinen 1,73 Metern ist. Seine Sprungkraft ist immens, sein Timing hervorragend, er setzt die Bälle richtig gut – er liebt es, sich in Richtung zweiter Stange wegzuschleichen.

In der Box ist er sowieso ein richtiger Killer – ob mit links, rechts oder dem Kopf, er sucht den schnellen Abschluss und macht seit Jahren überall genau das, wofür er geholt wird: Tore. Diesmal schoss er Blau-Weiß als Torschützenkönig in die Bundesliga.

Und das, obwohl er im Herbst noch mit der Anpassung an den Spielstil zu kämpfen und "nur" fünf Tore zu Buche stehen hatte. Nach einem fabelhaften Frühjahr waren es 19 Treffer – inklusive ÖFB-Cup netzte er für die Linzer alle 98 Minuten.

Neben seiner Torgefährlichkeit möchte ich seine Einstellung unterstreichen. Er ordnet dem Team alles unter. Hat er diesmal in Sachen Verletzungen mehr Glück als einst bei Austria Wien, spricht vieles dafür, dass er eine Bereicherung für die Bundesliga darstellen kann.

Aber dies gilt für den kompletten Verein. Der FC Blau-Weiß Linz verfügt über eine Mannschaft mit großem Charakter, die bis zum Schluss drangeblieben ist, auch schwierige Zeiten durchgestanden und dabei nie den Glauben an sich selbst verloren hat. Dieses Durchhaltevermögen wurde mit dem Aufstieg belohnt.

Taktik-Experte Sargon Duran erklärt die Raute:

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