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Wie konnte das passieren? Wie repariert man es?

Unabhängig von der Teamchef-Frage gibt es Punkte, die man sich beim Nationalteam anschauen muss.

Wie konnte das passieren? Wie repariert man es? Foto: © GEPA

Wie konnte das passieren, dass das ÖFB-Team zwischen EURO und September-Lehrgang derart den Faden verliert?

"Wenn ich es wüsste, würde ich es sagen, aber ich weiß es auch nicht", ist nicht nur Konrad Laimer ratlos.

Der Hauptgrund mag für jeden woanders liegen. Worauf man sich definitiv einigen kann: Drei Punkte aus diesem Lehrgang und insgesamt sieben Zähler aus den bisherigen sechs WM-Qualifikations-Spielen sind eine inakzeptable Ausbeute.

Und zwar derart inakzeptabel, dass man mit Spannung darauf blicken kann, wie der jeweilige Nachfolger von Leo Windtner zur Personalie des Teamchefs steht. Denn dass der aktuelle Amtsinhalber als "Lame Duck" keine Entscheidung bezüglich der Zukunft von Franco Foda trifft, war genau so erwartbar.

Aber mit oder ohne Foda - das eine oder andere Thema gilt es so oder so abzuarbeiten. Unter anderem folgende:

WIE GELINGT ES, MIT WIDRIGKEITEN BESSER UMZUGEHEN?

Nein, es war kein einfacher Lehrgang für das ÖFB-Team, und das war bereits im Vorfeld klar. Terminstress kombiniert mit durchaus schwerwiegenden Ausfällen von Stammspielern, dazu ein bunter Mix aus bei ihren Vereinen entweder unter- oder überbelasteten Kadermitgliedern - all das gibt eine Situation, mit der es nicht leicht ist, umzugehen.

Dazu kommen alle jene Probleme, die sich während eines Lehrgangs auftun wie ein ungünstiger Spielverlauf, Schiedsrichter-Fehlleistungen, der Umgang mit einer ungeplanten Niederlage oder die Frage, ob sich Teamchef und Mannschaft gerade mehr oder weniger lieb haben.

Alles in allem hat das ÖFB-Team in den vergangenen eineinhalb Wochen in dieser Gemengelage nur eine Hürde gemeistert - und in Moldawien sprang man auch nur so hoch, wie man musste. Ansonsten ist man in Sachen Problembewältigung grandios gescheitert.

Und das wirft weder ein gutes Licht auf den Teamchef und seinen Betreuerstab, noch auf die Spieler. Von Letzteren muss man alleine aufgrund ihrer viel beschworenen Qualität verlangen können, dass sie Rückschläge besser wegstecken.

Foda wiederum sollte seit dem ebenso verkorksten März-Lehrgang wissen, was bei einem Camp mit drei Spielen in sieben Tagen auf ihn und seine Spieler zukommt. In Sachen Rotation machte er sich diesmal im Vorfeld spürbar mehr Gedanken. Aber ob es zum Beispiel schlau war, Phillipp Mwene in einer ungeprobten Variante beim viel schwierigeren Match in Israel debütieren zu lassen und nicht dort auf die Routine von Christopher Trimmel zu setzen, ist zu hinterfragen.

Generell gilt: Schon klar, dass ein EURO-Achtelfinale für alle Beteiligten lässiger ist. Aber große Nationen und jene in der Riege unmittelbar dahinter, in der sich Österreich derzeit einordnet, wissen auch, wie man mit dem lästigen Alltag umgeht. Österreich weiß das seit rund einem Jahr nicht.

(Text wird unter dem Video fortgesetzt)

WIE LÖST MAN DIE SYSTEMFRAGE(N):

Wie Foda diesen Lehrgang inhaltlich anging, sorgte für genügend Diskussionen. Zum Beispiel der Switch auf eine Dreierkette in Israel.

Beispielhaft kann man auch die Herangehensweise gegen Schottland nennen. Während der Teamchef verneinte, dass man es zu sehr mit hohen Bällen und über die Seite versucht habe, sahen es diverse Spieler anders.

"Wir sind über außen gekommen, aber gefühlt wollten das die Schotten ja, dass sie das Zentrum zumachen und einfach die Flanken verteidigen", meinte etwa Florian Grillitsch.

Im Prinzip stehen sich zwei Meinungen konträr gegenüber: Jene, die es für schlauer halten, eine Herangehensweise aufzubauen und diese ohne Wenn und Aber oder Rücksicht auf den Gegner durchzuziehen. So hat es etwa Marcel Koller beim ÖFB-Team lange und durchaus erfolgreich versucht.

Die Gefahr, dass man ausrechenbar wird, besteht dabei allerdings, was am Ende auch Koller einsehen musste. Ausrechenbar ist Österreich unter Foda nicht. Der Deutsche richtete das Nationalteam zuletzt vom System her gerne auf den Gegner aus und überraschte dabei mitunter Freund und Feind.

Flexibilität ist bekanntlich nichts Schlechtes, aber bei einem Länderspiel-Termin mit kaum echten Trainingseinheiten natürlich auch brandgefährlich. Auch wenn es niemand wirklich zugeben würde, konnte man ja beobachten, dass nicht alle Abläufe sonderlich gut eingespielt wirkten.

Was diesmal gegen Schottland zusätzlich irritierte: Hatte man einen Plan B, wenn Plan A ausbleibt? Während man in Haifa noch zur Pause zurück auf eine Viererkette switchte, blieb diesmal eine Reaktion aus.

Eine Hauptherangehensweise in Sachen System und Spielphilosophie zu haben - etwa jene, mit der man bei der EURO gegen die Ukraine und Italien doch noch aufzeigen konnte -, und die man gegebenenfalls mit ebenfalls halbwegs intensiv einstudiertem Plan B und Plan C anreichert, wäre hier wohl des Rätsels Lösung.

Sich zu oft auf eine neue Herangehensweise einstellen zu müssen, darf man als gescheitert betrachten.

Wie auch immer man es angeht. Man sollte endlich an einer Lösung dafür arbeiten, gegen defensiv kompakte Gegner bessere Lösungen zu haben. Denn dass sich viele Teams gegen Rot-Weiß-Roten hinten reinstellen, ist nun wirklich keine Neuigkeit mehr.

Grillitsch bemängelte nach dem Schottland-Match jedoch zurecht: "Wie so oft hatten wir gegen tiefstehende Gegner keine Lösungen."

DER UMGANG MIT VEREINS-PROBLEMEN:

Foto: © GEPA

Ja eh, es war wirklich mühsam. Dieser ÖFB-Termin kollidierte mit dem Ende der Transferzeit. So mancher Teamspieler rückte noch mit einem Wechsel spekulierend ins Camp ein. Marcel Sabitzer wiederum war blöderweise angeschlagen und konnte den Transfer zum FC Bayern München unter Dach und Fach bringen, anstatt in Wien bei den ÖFB-Kollegen zu sein.

Dazu kommt, dass das eine oder andere Kadermitglied derzeit unter wenig Spielzeit bei seinem Arbeitgeber leidet. Diesmal waren es zu viele und zu wichtige Kadermitglieder.

Denn dass beispielsweise Konrad Laimer, Florian Grillitsch oder Louis Schaub kaum 90 Minuten durchhalten können, beklagte Foda gefühlt täglich. Auch nach der Schottland-Pleite meinte er: "Louis hatte immer wieder gute Momente, aber er ist auch so ein Spieler, der im Verein wenig spielt. Deswegen ist er dann wahrscheinlich auch nicht in der Lage, über 90 Minuten zu spielen."

Dass die eine oder Stammkraft beim Arbeitgeber ein Tief durchlebt, trifft jedes Nationalteam. Hier macht es auch durchaus trotzdem Sinn, auf personelle Kontinuität zu setzen und nicht von Lehrgang zu Lehrgang Spieler mit Vereinsproblemen aus Prinzip fallen zu lassen.

Diesmal waren es jedoch zu viele Probleme. Wenn man vom halben Mittelfeld schon vorher weiß, dass die Puste ausgehen wird, ist es auch schwer zu verlangen, nach Rückschlägen entscheidend zurückzuschlagen.

"Alle haben sich durchgebissen", anerkennt Foda das Bemühen seiner geschwächten Akteure.

Aber dass dies nicht gerade leicht war, bestätigt Grillitsch, für den diese drei Länderspiele die ersten Pflichtspiele seit der EURO überhaupt waren: "Das dritte Spiel war dann schon ein bisschen schwieriger für mich."

Sollte sich die Spielpraxis-Thematik demnächst wieder derart häufen, muss man wohl zwangsweise anders damit umgehen.

DER KADER UND SEINE QUALITÄT:

Womit wir nahtlos beim Aufgebot generell wären. Denn wenn Foda mehr Kräfte in seinem Kader bedingungslos vertrauen würde, müsste man das Frische-Problem erst gar nicht debattieren.

Allen Lippenbekenntnissen zum Trotz kann eine der Erkenntnisse aus guter EURO und schlechten übrigen Lehrgängen nur sein, dass Österreich "mit der vollen Kapelle" über ein gutes Nationalteam verfügt, die Breite jedoch doch nicht wie so oft betont vorhanden ist.

Wenn dann auch noch diverse Stützen fehlen, fällt es Foda augenscheinlich umso schwerer, Akteuren wie Grillitsch, Laimer oder auch Marko Arnautovic und Christoph Baumgartner eine Pause zu gönnen.

Dass der Teamchef in diesem Zusammenhang bereits unmittelbar nach der Schottland-Pleite ankündigte, dass sich abgesehen von der Sabitzer-Rückkehr bis zum Oktober-Lehrgang personell zwangsläufig wenig ändern könne, muss man nicht verstehen.

Man könnte nämlich sehr wohl darüber diskutieren, ob es im ÖFB-Kader nicht den einen oder anderen Mitläufer gibt, der sich nur allzu selten für weitere ÖFB-Minuten aufdrängt.

Warum nicht zwischendurch auch immer wieder jüngere Perspektivspieler in den Kader holen und sie A-Team-Luft schnuppern lassen und somit heranführen?

Mal ganz abgesehen davon: Aktuell mag die Altersstruktur noch okay sein, früher oder später wird man aber zumindest um einen "Neuaufbau light" ohnehin nicht herumkommen.

Bei diesem Lehrgang gehörten sieben Spieler dem Aufgebot an, die den 30. Geburtstag bereits gefeiert haben. Alleine an der Viererkette gegen Schottland konnte man sehen, wie die Zeit vergeht - Geburtstagskind Martin Hinteregger war mit seinen nunmehr 29 Jahren der Jüngste des Quartetts.

Erfahrung ist nichts Schlechtes, im Gegenteil. Man sollte jedoch auch rechtzeitig darauf schauen, dass potenzielle Nachrücker selbige sammeln. Phasen, in denen es nicht so läuft, drängen sich geradezu dafür auf, dem einen oder anderen eine Chance zu geben, sich zu beweisen.


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