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Nationalteam: Sieben Fragen vor dem Slowenien-Test

LAOLA1 widmet sich aktuellen Fragestellungen rund um das ÖFB-Team.

Nationalteam: Sieben Fragen vor dem Slowenien-Test Foto: © GEPA

Nach dem ersten Vorgeschmack gegen Uruguay startet Franco Foda mit dem Testspiel gegen Slowenien (20:45 Uhr LIVE) so richtig in seine Ära als ÖFB-Teamchef.

Das Nationalteam soll dabei den Spagat zwischen taktischen und personellen Experimenten auf der einen und einem guten Ergebnis auf der anderen Seite schaffen.

Das vorrangigste Ziel des Deutschen ist es gegen Slowenien und nächste Woche in Luxemburg jedoch, die Fans wieder auf die Seite der ÖFB-Elf zu ziehen: "Für mich ist das Wichtigste in den nächsten zwei Test-Länderspielen die Leidenschaft, dass wir mit Begeisterung Fußball spielen, Spaß haben und mit Freude auftreten. Unabhängig vom Ergebnis müssen die Fans das Gefühl entwickeln, dass sie sich mit dieser Mannschaft identifizieren können."

Wie zu Beginn von so ziemlich jeder Amtszeit eines neuen Trainers stehen auch beim ÖFB-Team derzeit einige Fragezeichen im Raum. Das Match gegen Slowenien wird die ersten Antworten liefern. Für manche Erkenntnisse wird man den weiteren Verlauf des Länderspiel-Jahres abwarten müssen.

LAOLA1 widmet sich einigen dieser Fragen:

WELCHE(S) SYSTEM(E) WÄHLT FODA?

"Flexibilität" hat jetzt schon gute Chancen, zum ÖFB-Wort des Jahres gewählt zu werden. Kaum ein Entscheidungsträger vergisst dieser Tage in Statements auf dieses Schlagwort. Gegen Slowenien wolle man das Spielsystem und die taktische Ausrichtung betreffend flexibel sein, kündigte Foda an. Die 90 Minuten gegen das Nachbarland sollten weitere Aufschlüsse darüber ergeben, wie der Teamchef die mittelfristige ÖFB-Zukunft taktisch zu gestalten denkt. Welche Grundordnung stellt er auf den Platz? Switcht er das System während des Spiels? Bei seinem Einstand gegen Uruguay wählte Foda zunächst eine 4-4-2-Variante, in der Österreich vorsichtig formuliert eher bieder agierte. Nach der Pause wechselte der Deutsche auf das gewohnte 4-2-3-1-System, was besser funktionierte. Fest steht: Foda verfügt über ein zu einem guten Teil enorm vielseitiges Personal, sodass sich ein System-Switch auch während einer Partie ohne große Spielerwechsel machen ließe. Die Problematik bleibt jedoch diesselbe: Die Zeit, mehrere Varianten einzustudieren, ist auf Nationalteam-Ebene denkbar knapp. Möglicherweise gilt daher die Devise, dass man sich in Tests einfach drübertrauen und Fehler in Kauf nehmen muss, um zu erkennen, wo man den Hebel am meisten ansetzen muss. Foda scheint dazu bereit: "Klar ist es möglich, dass gegen Slowenien vielleicht noch nicht alles so funktioniert, wie ich mir das vorstelle. Das wäre auch normal aufgrund der Veränderungen, die wir vornehmen wollen. Aber bis zur Nations League und EM-Quali haben wir noch genügend Zeit, einiges auszuprobieren. Dazu sind Testspiele da."

WO SPIELT DAVID ALABA?

Irgendwie muss man die Engelsgeduld von Foda und auch von Alaba bewundern, inzwischen monatelang stets die gleiche Antwort auf die immergleiche Frage zu geben. In Stichworten: Vielseitig einsetzbarer Spieler; genaue Positionierung offen gelassen; genaue Positionierung gegnerabhängig; genaue Positionierung auch vom eigenen System abhängig; Einsatz dort, wo für die Mannschaft im jeweiligen Spiel besonders hilfreich. Alles klar? Immerhin ist es somit gelungen, dass außerhalb des ÖFB-Kreises noch immer niemand so ganz genau weiß, was der Teamchef mit dem Bayern-Star plant. Und es ist gut möglich, dass auch das Slowenien-Spiel darauf keine allzu befriedigende Antwort gibt, sondern nur ein erstes Indiz darstellt. Denn macht Foda seine Ankündigung wahr, Alaba unterschiedlich zu positionieren, muss man logischerweise den anstehenden Testspiel-Reigen abwarten, ehe man ein erstes Fazit ziehen kann. Die derzeit wahrscheinlichste Antwort erscheint gleichzeitig die simpelste zu sein. Die fixe Alaba-Position dürfte es in Zukunft nicht mehr geben, was bei einem derart vielseitigen Spieler auch Sinn macht. Unter Marcel Koller gab es für den 25-Jährigen nur vereinzelt Ausflüge abseits seiner Lieblingsposition im zentralen Mittelfeld. Der Schweizer hat sich bezüglich Alaba auch stets klar festgelegt. Würde Foda ähnlich planen, hätte er dies längst kommunizieren müssen und bei diesem Reiz-Thema kein Rätselraten provozieren dürfen. Apropos Lieblingsposition: Es spricht für Alabas Ehrlichkeit, dass er weiterhin zu seiner Meinung steht, dem Nationalteam im zentralen Mittelfeld am meisten helfen zu können.

WAS IST EIGENTLICH DAS BESTE SYSTEM FÜR DAS ÖFB-TEAM?

Valentino Lazaro tut sich schwer, diese Frage zu beantworten: "Du bräuchtest in jeder Formation ein paar Spiele, um zu sehen, welches greift." Dies ist ein Kompromiss, den beispielsweise Koller in den ersten Jahren seiner Amtszeit kaum eingehen wollte. Er studierte, meist im 4-2-3-1-System, eine Philosophie ein, die seine Mannschaft mit der Zeit nahe der Perfektion umsetzen konnte. Dies führte jedoch dazu, dass Österreichs Gegner ihren eigenen Spielstil gegen die ÖFB-Elf bisweilen geändert und das rot-weiß-rote Spiel, insbesondere das aggressive Pressing, so zunehmend decodiert haben. "Deswegen hätten wir uns adaptieren müssen", verdeutlicht Sebastian Prödl im LAOLA1-Interview. Koller tat dies 2017 auch immer wieder - leider allerdings erst, als es fast schon zu spät war. Das Uruguay-Spiel hat angedeutet, dass der gewohnte 4-2-3-1-Anzug im Fall der Fälle immer noch sitzen kann. Setzt Foda den Plan mehrerer Systeme in die Tat um, lässt sich das eine, nahezu perfekt funktionierende System aus Zeitgründen jedoch tendenziell nicht mehr einstudieren. Dafür ist man für den Gegner nur schwer ausrechenbar und kann im Idealfall auch während des Spiels auf Plan B oder C zurückgreifen. Kein schlechter Kompromiss.

WIE WIRKT SICH DER KONKURRENZKAMPF AUS?

Foda verfügt derzeit in der Tat über viele personelle Optionen, deswegen wird die Beantwortung dieser Frage in den kommenden Monaten eine besonders spannende. Noch mal zurück zu Koller: In der besten Phase unter dem Schweizer verfügte das Nationalteam über einen Stamm, der sich beinahe blind verstand, die Namen sind schnell aufgezählt: Almer; Klein, Dragovic/Prödl, Hinteregger, Fuchs; Baumgartlinger, Alaba; Harnik, Junuzovic, Arnautovic; Janko. Einzig in der Innenverteidigung gab es so etwas wie nennenswerten Konkurrenzkampf. Besonders praktisch war, dass sich die übrigen Kadermitglieder die längste Zeit ihrem Schicksal fügten, aber trotzdem stets zur Stelle waren, wenn sie gebraucht wurden. Rubin Okoties Tore in der EM-Quali oder Stefan Ilsanker seien als besonders positive Beispiele erwähnt. Der Vorteil dieser Herangehensweise liegt auf der Hand. Zum Nachteil kann sie spätestens dann werden, wenn beim einen oder anderen Reservisten der Frust zu groß wird (Markus Suttners Rücktritt) oder sich genügend Nachrücker immer vehementer aufdrängen. Letzteres ist inzwischen der Fall. Es machen sich definitiv mehr Kandidaten Hoffnung, den Schritt zum Stammspieler zu schaffen, als es Stammplätze gibt. "Es ist eine Situation, in der viele Positionen offen sind. Wir müssen schauen, wer sich etabliert beziehungsweise wer etabliert bleibt. Deswegen wird der Konkurrenzkampf die nächsten Spiele ganz interessant machen", findet Baumgartlinger. Spannend wird so gesehen vor allem, ob und wie Foda diesen Konkurrenzkampf befeuert. Seine Ankündigung, bei diesem Lehrgang so viele Spieler wie möglich einsetzen zu wollen, ist auch ein Signal, seine Schützlinge bei der Stange zu halten. Die Frage ist, wie er ab Herbst in den Pflichtspielen agiert. Aus seiner Sturm-Zeit weiß man, dass er ein Coach ist, der schon sehr, sehr gerne mit eingespieltem Personal agiert und nicht allzu freudig aufs Rotationsprinzip setzt. Das richtige Mittelmaß zwischen hartem Kern und echtem Konkurrenzkampf zu finden, wird für den Teamchef eine interessante Aufgabe. Dies zu moderieren, ist nicht immer leicht, gehört aber nunmal zum Trainer-Job.

BRAUCHT ES EINE WOHLFÜHLOASE?

Sucht man Schlagwörter für die Koller-Jahre, ist "Wohlfühloase" ein Fixstarter. Nach den personell eher hektischen Jahren davor war es auch eine richtige Maßnahme, einen mehr oder weniger fixen Kader aufzubauen, der sich nicht bei jeder Zusammenkunft neu aneinander gewöhnen muss, sondern bei dem auch abseits des Platzes ein Rad ins andere griff. Der personelle Umbruch wurde schon im Vorjahr, noch von Koller selbst, eingeläutet. So manches Kadermitglied wird jahrelange Vertraute im Aufgebot vermissen, dafür drängt eine neue Generation darauf, sich zu beweisen. Dass dies eine Herausforderung für die Hierarchie ist, liegt in der Natur der Sache. "Wir sind definitiv in einer Findungsphase. Bei einem Neustart müssen sich immer alle erst in das ganze System einfügen. Auch Spieler, die länger dabei sind wie Basti Prödl oder ich merken, dass jetzt eine neue Gruppe entsteht. Da kann nicht vom ersten Tag an diesselbe Stimmung oder Vertrautheit herrschen, wie es schon einmal der Fall war", unterstreicht Baumgartlinger, der dies jedoch auch als Chance verstanden wissen will, etwas Neues entstehen zu lassen. Die beste Hilfe dafür seien immer Ergebnisse. Wie oben beschrieben: In Zeiten des Erfolgs muckte auch kein Reservist auf. Was oft vergessen wird: Während eines Lehrgangs verbringt der Kader meist eineinhalb Wochen unter einem Dach. Foda betont stets, dass seine Schützlinge mit Spaß Fußball spielen sollen. Dafür braucht es vielleicht keine Wohlfühloase, aber zumindest eine ordentliche Chemie untereinander, auch wenn der Ball gerade nicht rollt. Der Spagat zwischen ordentlichem Konkurrenzkampf auf der einen und einer respektvollen Stimmung untereinander auf der anderen Seite, wird definitiv interessant.

WER SCHIESST DIE TORE?

Louis Schaub netzte in jedem der letzten vier Länderspiele - leider waren es keine Matches mehr, in denen es um alles ging. Keine Frage: Das ÖFB-Team ist auch wegen der mangelhaften Chancenauswertung in der WM-Quali gescheitert. Natürlich ist es im Prinzip egal, wer die Tore macht, Hauptsache sie fallen. Ein Torgarant, wie es Marc Janko jahrelang war, wäre jedoch - logisch - eine gute Basis. Die Vorzeichen stehen momentan nicht so schlecht. Es gilt "nur", die Erfolgserlebnisse auf Vereinsebene konstant ins Nationalteam zu übertragen. "Guido Burgstaller macht seine Tore, Michael Gregoritsch macht seine Tore, Tino Lazaro hat zuletzt getroffen, Florian Kainz hat seine Quaität bei Werder mit Toren und Assists ausgespielt", schildert Marko Arnautovic den zufriedenstellenden Status quo, und auch er selbst möchte bei West Ham nachlegen: "Ich will nicht bei sieben Toren stehen bleiben, sondern so viele wie möglich machen." Erfüllen sie ihre defensiven Pflichten, kündigte Foda an, seinen Offensivkräften im Spiel nach vorne viele Freiheiten zu gewähren und Raum für Kreativität zu lassen. Nutzt das alles nichts, muss bei entsprechender Vereinsform vielleicht doch noch mal Janko als eiserne Reserve ran. Foda hat ihn auf Abruf nominiert, lässt also alle Türen offen. Auch Baumgartlinger denkt: "Marc Janko ist noch nicht weggefallen, er ist nach wie vor ein Thema." Zumal der Typus Stoßstürmer für ihn nicht ausgestorben ist: "Im Nationalteam kann man gar nicht genug verschiedene Spielertypen haben. Da sind auch solche Spielertypen wichtig. Mit 'Gregerl' haben wir einen weiteren großen Stürmer, der Kopfballstärke und körperliche Präsenz besitzt."

BEKOMMEN DIE "TEAM-BABYS" EINE CHANCE?

Mögliche Debütanten gibt es mit den beiden Goalies Jörg Siebenhandl und Markus Kuster beziehungsweise Stefan Hierländer, Xaver Schlager und Peter Zulj einige. Erstmals mit dabei und somit klassische "Team-Babys" sind jedoch nur Schlager und Zulj. Ein schlechtes Wort über Neulinge wird in ÖFB-Kreisen offiziell so gut wie nie verloren, aber vor allem bei Schlager ist es geradezu auffällig, wie sehr Foda von ihm schwärmt. Der Teamchef traut dem 20-Jährigen eine große Karriere zu und ist vor allem von seiner "taktischen Intelligenz" angetan. Seine Vielseitigkeit ist in Zeiten der Flexibilität ohnehin ein Trumpf, und ruft man sich die Leistungen des Salzburg-Kickers gegen Dortmund in Erinnerung, kommt auch das Nationalteam nicht zu früh. Zulj kannte Foda natürlich aus der gemeinsam Sturm-Zeit in- und auswendig. In den Trainings hätten beide genau das gezeigt, was er vorher nach den Spielbeobachtungen erwartet hätte. Auch Arnautovic ist sehr zufrieden, wie sich die Rookies präsentieren: "Xaver ist ein Arbeiter, der sehr viel läuft und alles für die Mannschaft gibt. Peter ist eher der elegante Spieler und besitzt einen überragenden linken Fuß - ein sehr guter Spieler. Wir haben zwei Plus-Punkte dazu bekommen, und das ist wieder eine Motivation für uns Spieler, die schon länger dabei sind, dass man sich beim Training noch mehr zeigen muss. Je mehr Konkurrenz, desto besser wird es." Man darf gespannt sein, ob Foda die guten Trainings-Leistungen seiner Neulinge honoriert. Die beiden ersten Debütanten seiner Teamchef-Ära, Deni Alar und Stefan Schwab, die gegen Uruguay zu Kurzeinsätzen kamen, fehlen diesmal.

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