Sebastian Prödl befindet sich im 12. Jahr seiner Nationalteam-Karriere. Im 73. Länderspiel war es so weit, dass er das ÖFB-Team bei der 0:2-Niederlage in Dänemark erstmals als Kapitän auf das Feld führen durfte.
"Es war spannend und für mich natürlich ein schöner Moment, dass ich nach so vielen Länderspielen dieses Amt bekleiden durfte. Mit der Niederlage kann man am Ende des Tages nicht zufrieden sein, aber am Ende der Karriere wird dann doch stehen, zumindest dieses eine Länderspiel als Kapitän am Platz gestanden zu haben. Das erfüllt mich mit Ehre", freut sich der Watford-Legionär, der Jungvater meint jedoch gleichzeitig:
"Es ist eine Momentaufnahme, das ist jetzt eine einmalige Geschichte gewesen, daher hänge ich es aktuell nicht zu hoch und bin relativ entspannt. Aber natürlich werde ich nach der Karriere meinem Kind oder hoffentlich meinen Kindern stolz dieses Foto zeigen."
Einst Kapitän der U20-Helden
Dass er über Leaderqualitäten verfügt, bewies der Steirer bereits früh in seiner Karriere als Kapitän jener U20-Nationalmannschaft, die bei der WM 2007 sensationell den vierten Platz eroberte. Im A-Team avancierte er auch ohne Schleife zu einem absoluten Führungsspieler.
Eine "einmalige Geschichte" dürfte die Kapitäns-Rolle im Dänemark-Spiel vorerst bleiben, weil beim nächsten Lehrgang der etatmäßige Spielführer Julian Baumgartlinger zurückerwartet wird.
Der Leverkusen-Legionär wurde im bisherigen ÖFB-Herbst nicht nur auf dem Platz schmerzlich vermisst. Ohne seine Verletzung wäre dem Nationalteam auch die leidige Kapitäns-Debatte der vergangenen Tage erspart geblieben.
Schleife an Janko? "Symbolisch für unsere Freundschaft"
Quasi der versöhnliche Schlussakt dieses Kapitäns-Theaters war, dass Prödl in Herning durch Marc Janko ersetzt wurde und er dem Rückkehrer und langjährigen Weggefährten auch gleich die Schleife überreichte.
"Das war sicherlich symbolisch für unsere Freundschaft. Kein schlechter Moment", kommentiert der 31-Jährige diese Szene. Auch den Wechsel kann Prödl nachvollziehen:
"Ich habe gewusst, dass der Trainer die Idee hatte, mich nicht das ganze Spiel einzusetzen. Aber als ich die zwei Jungs am Spielfeldrand gesehen habe (neben Janko Mittelfeldspieler Stefan Hierländer, Anm.d.Red.), habe ich eigentlich auch nicht mehr damit gerechnet, dass ich ausgewechselt werde. Dass ich gegen Marc Janko ausgetauscht werde, hat mich natürlich ein bisschen überrascht, aber es war ein taktischer Wechsel."
Mehr getestet als die Dänen
"Manche haben auf Positionen gespielt, die sie im Nationalteam noch nie oder nur selten bekleidet haben. Zum Beispiel Marcel Sabitzer im zentralen Mittelfeld."
Die Niederlage könne man diesmal "ein bisschen auf die Weltrangliste schieben". Um die paar Plätze, die Dänemark als Zehnter im FIFA-Ranking besser platziert sei (Österreich befindet sich auf Rang 24), seien sie auch kaltschnäuziger aufgetreten.
Zudem seien die Skandinavier mit ihrer bestmöglichen Besetzung angetreten: "Das zeigt erstens den Respekt, den sie vor uns hatten, und zweitens, dass sie sehr gewillt waren, ihre Serie fortzusetzen. Gefühlt haben wir dann doch ein bisschen mehr getestet als sie, daher war schon ein kleiner Unterschied zu spüren."
Laut Prödl sei dennoch nicht alles schlecht gewesen, im Gegenteil. Gerade die Experimente hätten wertvolle Erkenntnisse gebracht:
"Manche haben auf Positionen gespielt, die sie im Nationalteam noch nie oder nur selten bekleidet haben. Zum Beispiel Marcel Sabitzer im zentralen Mittelfeld, Louis Schaub hat im Mittelfeld sehr flexibel gespielt, Alessandro Schöpf hat schon länger nicht mehr auf dieser Position gespielt. Xaver Schlager hat ein gutes Spiel gemacht, bevor er ausgewechselt wurde. Tormann Richard Strebinger hat uns einen guten Rückhalt gegeben."
Im November dem Druck standhalten
"Wir kennen den Druck. Wir wissen Bescheid, um was es geht, wir kennen auch die Konstellation. Aber wir werden es uns noch einmal mit Edding auf unsere Fahnen schreiben - ganz dick, damit es jeder lesen kann."
Wesentlich brisanter als bei dieser Partie wird es fraglos beim nächsten Lehrgang zugehen, wenn gegen Bosnien-Herzegowina und in Nordirland Siege hermüssen, will Österreich seine Nations-League-Gruppe noch als Erster beenden.
Der zu erwartende Druck lässt den Innenverteidiger kalt. "Wir kennen den Druck. Wir wissen Bescheid, um was es geht, wir kennen auch die Konstellation", betont Prödl und grinst: "Aber wir werden es uns noch einmal mit Edding auf unsere Fahnen schreiben - ganz dick, damit es jeder lesen kann."
Generell meint Prödl zur Ausgangslage: "Die Nations League ist ein kurzer, intensiver Wettbewerb. Es gibt nicht viele Chancen, die man auslassen darf. Wir haben in Bosnien schon eine Chance ausgelassen, daher dürfen wir uns keine Fehler mehr erlauben. Dass es nicht einfach wird, haben wir in den beiden bisherigen Spielen in Bosnien und gegen Nordirland zu Hause gesehen. Das waren jeweils enge Partien. Jetzt heißt es, den Druck auszuhalten beziehungsweise den Druck auch in Selbstvertrauen umzusetzen."