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Wer ist der Chef von Teamchef Rangnick?

Milletich? Nein! Schöttel? Nein! Rechtsanwältin Christina Toth klärt auf:

Wer ist der Chef von Teamchef Rangnick? Foto: © GEPA

Der Start in eine neue Ära ist geglückt!

Ralf Rangnick hat das Zepter beim ÖFB übernommen, seinen Premieren-Kader einberufen, die ersten Trainingstage absolviert und mit dem 3:0-Auswärtssieg in der Nations League gegen Kroatien einen Traumstart hingelegt.

Mit Spannung wurde erwartet, wie es der neue Teamchef angeht. Erste Eindrücke waren bereits vielversprechend. Spannend war aber auch schon die Nominierung des neuen Teamchefs an sich.

Vor allem der Nominierungsmodus mit starkem Einfluss der Landesverbandspräsidenten wurde medial kritisch begleitet. Die Kritik ist schließlich verebbt, zumal dem ÖFB mit dem Überraschungskandidaten Ralf Rangnick ein Coup gelungen ist, mit dem wohl niemand gerechnet hat.

Er solle sich ruhig "mehr einbringen, als das Teamchefs normalerweise tun", betonte da der oberösterreichische Landespräsident Götschhofer gegenüber Profil. Wie ernstgemeint diese Ansage ist, wird sich noch zeigen. Denn: Es ist davon auszugehen, dass sich Rangnick nicht nur ein bisschen mehr "einbringen" wird. Im Profil wird er so charakterisiert: "Er liebt die Alleinherrschaft. Bei Traditionsvereinen wie Schalke 04 fühlte sich Rangnick unwohl, beklagte die vielen Gremien und Funktionäre, die ihm ohne Fachwissen ins Handwerk pfuschten."

Was erwartet ihn diesbezüglich beim ÖFB? Oder: Wer hat im ÖFB das Sagen?

Das System ÖFB

Der ÖFB ist, wie alle Sportfachverbände, ein gemeinnütziger Verein. Mitglieder eines Verbandes sind nicht Einzelpersonen, sondern Vereine oder andere Verbände. Im Fall des ÖFB sind dies die neun Landesverbände und die Bundesliga. Die zentralen Organe des ÖFB sind die Bundeshauptversammlung, das Präsidium, der Präsident samt seinen Vizepräsidenten sowie der Generalsekretär und sein Stellvertreter. Geschlechterneutrale Bezeichnungen sind im konkreten Fall nicht erforderlich, zumal die betreffenden Funktionen aktuell ausschließlich von Männern besetzt sind.

Das Präsidium setzt sich gemäß § 11 der ÖFB-Statuten aus 15 Personen zusammen: dem Präsidenten, den vier Vizepräsidenten (Aufsichtsratsvorsitzender der Bundesliga und drei Landesverbandspräsidenten), den sechs weiteren Landesverbandspräsidenten, einem weiteren Aufsichtsratsmitglied und dem Vorstandsvorsitzenden der Bundesliga sowie dem Generalsekretär des ÖFB und seinem Stellvertreter. Letztere beiden sind hauptamtlich für den ÖFB tätig. 

So weit so gut. Anders als in anderen Vereinen üblich, wird von all diesen 15 Personen aber nur eine einzige ins Präsidium gewählt: der Präsident. Alle anderen Präsidiumsmitglieder gehören schon allein aufgrund ihrer jeweiligen Funktion im Landesverband oder in der Bundesliga automatisch dem ÖFB-Präsidium an. Der Generalsekretär und sein Stellvertreter werden hingegen vom Präsidium selbst bestellt.

Gewählt wird der Präsident von der Bundeshauptversammlung, dem obersten Organ des ÖFB. Wahlberechtigt sind dabei die neun Landesverbände – vertreten durch die Landesverbandspräsidenten – und die Fußball-Bundesliga. In Wahrheit also die Personen, die mit dem Präsidenten gemeinsam das Präsidium bilden. 

Wäre der ÖFB ein Staat wie Österreich würde unser demokratisches System also wie folgt aussehen: Die Landeshauptmänner wählen den Präsidenten und den Bundeskanzler und sind gleichzeitig auch Minister. Vier davon zudem noch Vizekanzler. Kontrolle? Wohl eher eine Illusion.

Zugegeben, das ist alles sehr überspitzt formuliert und es soll hier auch keine sportdemokratische Debatte losgetreten werden. Dennoch: Aufgrund der weitreichenden Kompetenzen, die das Präsidium hat, ist eine kritische Betrachtung des Systems durchaus gerechtfertigt. Immerhin werden dort für den österreichischen Fußball "Entscheidungen grundsätzlicher oder weitreichender sportpolitischer Bedeutung" getroffen, wie es in den ÖFB-Statuten heißt. Dazu zählt jedenfalls auch die Bestellung des A-Teamchefs.

Wie wird der Teamchef bestellt?

Bei der Teamchef-Bestellung entscheidet das Präsidium auf Vorschlag des Präsidenten.

Der Präsident hat sich in diesem Fall die Expertise vom Sportdirektor geholt. Verpflichtet ist er dazu – zumindest laut Statuten – nicht. Ist das Präsidium mit dem Vorschlag des Präsidenten nicht einverstanden, muss sich dieser weiter auf die Suche begeben, und zwar so lange, bis die Mehrheit des Präsidiums zustimmt.

Das war diesmal nicht nötig, da man sich auf den Überraschungsmann Rangnick sehr rasch geeinigt hat. Dass hier weniger der große Masterplan des Sportdirektors als vielmehr der "Zufall" Vater des Erfolgs war, ist hinlänglich bekannt. Aber manchmal ist es auch einfach das Glück des Tüchtigen, das es für den Erfolg braucht.

Arbeitgeber des Teamchefs ist nicht der ÖFB

Der Teamchef wird also vom ÖFB-Präsidium bestellt, auf dem Papier ist aber weder das Präsidium als gesamtes noch der Präsident selbst Chef des ÖFB-Teamchefs. Denn während der Präsident zwar repräsentative Aufgaben hat, ist er aus rechtlicher Sicht nicht zur Vertretung des ÖFB nach außen befugt. Diese Aufgabe kommt dem Generalsekretär des ÖFB gemeinsam mit seinem Stellvertreter zu. In Wahrheit bedeutet das, dass der ÖFB-Präsident und das Präsidium zwar weitreichende Entscheidungskompetenzen haben, aber keine juristische Verantwortung. Diese liegt bei den vereinsrechtlichen Vertretern (also beim Generalsekretär und seinem Stellvertreter).

Arbeitgeber von Ralf Rangnick ist aber gar nicht der ÖFB, sondern eine Tochtergesellschaft des ÖFB: die ÖFB Wirtschaftsbetriebe GmbH. Diese ist laut Gesellschaftsvertrag nämlich für die Führung des Profisportbetriebs, insbesondere die Angelegenheiten der A-Nationalmannschaft, zuständig. Chefs dort: Bernhard Neuhold und Thomas Hollerer, also die beiden Personen, die auch dem ÖFB vereinsrechtlich vorstehen. Insofern sind sie rechtlich die Chefs vom ÖFB-Teamchef, auch wenn sie bei seiner Bestellung kein Mitspracherecht haben.

Conclusio

Der Trend, wonach hauptamtliche Mitarbeiter auch die juristische Verantwortung für die operative Tätigkeit übernehmen, setzt sich in Verbänden und Vereinen zunehmend durch. Im Sinne der Professionalisierung im Sport ist diese Entwicklung auch absolut zu begrüßen.

Die Aufgabe eines Präsidiums, Vorstands, Aufsichtsrats oder wie sich das Gremium rund um die ehrenamtlichen Funktionäre auch nennt, sollte dabei darin bestehen, die strategische Grundausrichtung vorzugeben, als Beratungsgremium zur Verfügung zu stehen und dafür zu sorgen, dass die operative Ebene optimale Rahmenbedingungen für die tägliche Arbeit vorfindet. Bei Fehlentwicklungen ist natürlich gegenzusteuern. Gerade aus der sportlichen Arbeit sollte sich die Funktionärsebene aber jedenfalls raushalten.

Wenn dies gelingt, ist es irrelevant, wer den Präsidenten wählt, ob Landesverbandspräsidenten auch gleichzeitig Präsidiumsmitglieder sind oder wer auf dem Papier Chef des Teamchefs ist. Hauptsache "es pfuscht ihm niemand ohne Fachwissen ins Handwerk".

 

Zur Autorin: Christina Toth ist Rechtsanwältin und unter anderem spezialisiert auf die Beratung von Vereinen, Athleten und Veranstaltern im Sport. In der LAOLA1-Kolumne "§port und alles was Recht ist" liefern die Expertinnen und Experten der namhaften Sportrechtskanzlei regelmäßig rechtliche Hintergrundinformationen zum nationalen und internationalen Sportgeschehen. 

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