news

Real Madrids Abwehrsorgen: Alaba der große Verlierer?

Für Real Madrid geht es im vierten El Clasico 2024/25 auch um die letzte Titelchance. Im Sommer steht wohl ein größerer Umbruch bevor.

Real Madrids Abwehrsorgen: Alaba der große Verlierer? Foto: © getty

Endspurt in der spanischen La Liga!

Während der FC Barcelona bereits zwei Titel in der Tasche hat, steht Real Madrid mit dem Rücken zur Wand.

Vier Punkte Rückstand bei vier verbleibenden Spielen lassen zwar noch Raum für Hoffnung. Doch nach dem Verlauf der letzten Wochen wirkt selbst diese geringe Chance wie ein ferner Traum. Ausgerechnet im Clasico am Sonntag (ab 16:15 Uhr im LIVE-Ticker >>>) muss Real liefern.

Denn neben der Trainer-Diskussion um Carlo Ancelotti herrscht Alarmstufe Rot in der Abwehr. Was einst mit Sergio Ramos und Pepe als Abwehrbollwerk galt, ist mittlerweile ein improvisiertes Konstrukt aus Notlösungen.

Kein Carvajal, kein Militao, kein Rüdiger, kein Mendy, kein Alaba, keine Chance? Die Königlichen müssen erneut kreativ werden, ansonsten wird die Spielzeit 2024/25 für den Rekordmeister und Rekordsieger der Champions League, abgesehen vom europäischen Supercup, titellos enden.

Hohe Verletzungsanfälligkeit

Statt königlicher Ruhe beherrschen in der laufenden Saison ständige Rotationen und Unsicherheiten das Spiel von Real Madrid. Ancelotti fand über die gesamte Spielzeit hinweg nie seine bevorzugte Stammverteidigung.

Und während Spieler wie Lucas Vázquez und Fran García plötzlich Woche für Woche auf der größten Bühne verteidigen, drängt sich die Frage auf: Wie konnte es so weit kommen – und was bedeutet das für die Zukunft von Real Madrid?

Die Liste der Ausfälle in Reals Abwehr ist lang: Mit Dani Carvajal, Eder Militao, Antonio Rüdiger, Ferland Mendy und David Alaba fallen gleich fünf etatmäßige Verteidiger für den Saisonendspurt aus. Carvajal und Militao verpassten nahezu die gesamte Saison.

Zudem war Alaba nach seinem Comeback lange auf Formsuche, ehe er sich erneut am Knie verletzte (Hier nachlesen >>>).

In Zahlen lässt sich das Ausmaß dieser Misere eindrucksvoll belegen:

Abwehrspieler Einsätze Verpasste Spiele Verletzungen
Daniel Carvajal 11 45 Kreuzbandriss
Lucas Vázquez 47 3 Adduktoren/Oberschenkelprobleme
Eder Militao 17 40 Kreuzbandriss
Antonio Rüdiger 49 4 Muskelverletzung, Außenmeniskuseinriss
David Alaba 14 31 Kreuzbandriss, Knieprobleme, Meniskusriss
Raul Asencio 38 keine Verletzungsfrei
Jesus Vallejo 1 9 Muskelverletzung
Ferland Mendy 31 12 Muskelverletzung
Fran Garcia 43 keine Verletzungsfrei

Ständige Wechsel in der Viererkette

Blickt man dabei nicht nur auf die laufende Saison, dann wies Real in den letzten drei Spielzeiten 55 Verletzungen in der Defensive auf, die zusammengenommen über 2.000 Ausfalltage bedeuteten – ein strukturelles Problem, das sich nicht alleine mit Pech erklären lässt.

Carlo Ancelotti musste in der laufenden Saison improvisieren. Nicht nur einmal, sondern regelmäßig.

In 57 Pflichtspielen schickte er 20 verschiedene Viererketten aufs Feld. Einmal sogar eine für Real sehr ungewohnte Fünferabwehr - ein Zeichen für die prekäre Situation in Madrid.

David Alaba stand nur siebenmal für Real in der Startelf. Im Sommer bahnt sich ein Abschied an
Foto: © getty

Kurios dabei: Der eigentlich nahezu dauerhaft fitte Jesus Vallejo kam, egal wie viele Spieler fehlten, nur zehn Minuten zum Einsatz. Ancelotti vertraute lieber anderen. 

Die am häufigsten eingesetzte Formation – Vázquez, Asencio, Rüdiger, Fran Garcia – kam auf 17 Einsätze, war aber selbst nur eine Notlösung. Denn sowohl Vázquez, als auch Garcia waren vor der Saison als Backups vorgesehen. Asencio nicht mal für den Kader. Einzig Abwehrchef Rüdiger war den Großteil der Saison fit, fehlt jetzt aber im Endspurt nach seinem Eklat im Cup-Finale gesperrt.

Die häufigsten Abwehrformationen:

Viererkette Gemeinsame Spiele
Vázquez, Asencio, Rüdiger, Fran Garcia 17 Spiele
Vázquez, Tchouameni, Rüdiger, Mendy 14 Spiele
Valverde, Asencio, Rüdiger, Mendy 7 Spiele
Carvajal, Militao, Rüdiger, Mendy 6 Spiele

Asencio als Gewinner - Alaba der Verlierer?

Asencio als Gewinner - Alaba der Verlierer?
Raul Asencio profitierte von den Verletzungen und etablierte sich als Stammspieler
Foto: © getty

Ein positiver Nebeneffekt dieser schwierigen Situation war die Entwicklung von Raul Asencio. Zu Saisonbeginn kaum in der öffentlichen Diskussion, rückte der 22-Jährige durch die Ausfälle plötzlich ins Rampenlicht – und ist mittlerweile einer der konstantesten Verteidiger in Ancelottis Not-Abwehr.

Ganz anders verläuft die Situation hingegen bei David Alaba. Noch vor zwei Jahren war der Österreicher Taktgeber in der Abwehr, verlängerter Arm Ancelottis auf dem Rasen und galt als Nachfolger von Ikone Ramos. Kein Verteidiger kombinierte Spielintelligenz, Passgenauigkeit und Führung so selbstverständlich wie Alaba – seine Rolle im Spielaufbau war schwer zu ersetzen. Doch diese Ära scheint nun zu enden.

Der 32-Jährige fand nach seiner schweren Knieverletzung nie wirklich zu alter Stärke zurück und stand nur siebenmal in der Startelf. Im April zwang ihn dann eine erneute Knieverletzung zum vorzeitigen Saison- und vermutlich sogar Real-Aus. Gerüchten zufolge soll der Linksfuß im Sommer verkauft werden.

Kein Kroos-Ersatz

Doch die ständigen Abwehrrotationen betrafen nicht nur die Abwehrspieler. Ancelotti griff aufgrund der Verletzungssorgen immer wieder auf Mittelfeldspieler zurück, die ihre eigentlichen Stärken in der Defensive nicht ausspielen konnten.

So musste Federico Valverde als Rechtsverteidiger ran, Eduardo Camavinga als Linksverteidiger und Aurelien Tchouameni als Innenverteidiger.

Dadurch konnte keiner der genannten Spieler zum dringend benötigten Kroos-Ersatz etabliert werden. Das ist mit auch ein Grund, für die instabile Defensive.

Die Notlösungen von Real Madrid:

Spiele als Mittelfeldspieler Spiele als Verteidiger
Aurelien Tchouameni 28 Spiele 20 Spiele
Federico Valverde 42 Spiele 12 Spiele
Eduardo Camavinga 26 Spiele 6 Spiele

Barcelona offenbarte Reals eigene Defizite

Barcelona offenbarte Reals eigene Defizite
Die bisherigen Clasicos verliefen für Real enttäuschend
Foto: © getty

In den entscheidenden Saisonspielen offenbarte Real Madrid große Schwächen, die die Gegner eiskalt ausnutzten – allen voran der FC Barcelona.

Vor dem vierten Clasico der laufenden Saison ist also Druck angesagt. Nicht nur die letzte Titelchance steht auf dem Spiel, sondern auch die eigene Ehre.

Der große Rivale hat Real in allen direkten Duellen die eigenen Probleme offenkundig aufgezeigt.

Immer wieder konnte Barca durch gezielte Schnittstellenpässe, Flanken und einfache Überladungen die Real-Defensive aushebeln.

Vor allem die Boxverteidigung war auffällig schwach: Die Zuordnung fehlte, bei Hereingaben herrschte Unordnung, aus dem Mittelfeld schob niemand energisch nach. Bestes Beispiel der Führungstreffer im Pokalfinale durch Pedri, als keiner von Real den Weg im Rückraum mitmachen wollte.

0:4, 2:5 und 2:3, inklusive zweier Final-Niederlagen. So liest sich die Saison-Bilanz der Madrilenen gegen Barca.

All das ist aber nicht nur auf die Verletzungsanfälligkeit, sondern auch auf eine schlechte Kaderplanung zurückzuführen. Kapitän Nacho wurde im Sommer nicht adäquat ersetzt, während man bei Alaba auf eine Rückkehr zu alter Stabilität hoffte.

Der Kader war auf dem Papier zwar doppelt besetzt, die hohe Verletzungsanfälligkeit der arrivierten Spieler wurde jedoch nicht berücksichtigt. Stattdessen wurde das gesamte Geld in offensive Individualisten investiert.

Strategiewechsel im Sommer?

Egal wie der Clasico am Sonntag ausgeht, auf Real Madrid wartet im Sommer ein größerer Umbruch. Ancelotti ist so gut wie sicher weg, mit Xabi Alonso steht der Nachfolger bereits ante portas.

Mit dem ehemaligen Weltklasse-Mittelfeldspieler wird sich auch die Spielweise wieder verändern. Die Frage ist nur, ob Alonso auf Offensivfußball wie in seiner Leverkusener Fabelsaison oder Defensivfußball wie in der aktuellen Saison, setzen wird.

So oder so planen die Verantwortlichen bereits einen großen Umbruch. Vor allem Abwehrspieler sollen im Sommer den Weg in die spanische Hauptstadt finden. Auch sehr zum Leidwesen von David Alaba, für den in der kommenden Saison wohl kein Platz mehr sein wird.

Mit Trent Alexander-Arnold vom FC Liverpool soll das erste Puzzlestück bereits feststehen. In der Innenverteidigung werden William Saliba vom FC Arsenal und Dean Huijsen von AFC Bournemouth gehandelt, ein neuer Abwehrchef soll zwingend her. Und links hinten könnte Theo Hernandez vom AC Mailand Thema werden.

Real Madrid steht an einem Wendepunkt. Bei all der grandiosen individuellen Klasse hat die aktuelle Saison gezeigt, dass für Kompromisse in der Abwehr kein Platz ist. Dafür ist die Konkurrenz um den FC Barcelona (wieder) zu stark.

Barcelona & Real Madrid: Diese Kicker trugen beide Trikots


Kommentare