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Barça vor Clásico im Bann seiner "furchtlosen" Super-Teenies

In Barcelona steht kurz vor "El Clásico" alles im Zeichen der furios aufspielenden Wunderkinder - Trainer Xavi schwärmt und zieht historische Vergleiche.

Barça vor Clásico im Bann seiner Foto: © getty

33 Sekunden und zwei Ballberührungen.

Mehr brauchte Marc Guiu am vergangenen Sonntag nicht, um sich in die Herzen von Millionen Fußballfans weltweit zu schießen.

Ein Steilpass, eine Ballmitnahme, ein Schuss -  Dann stand die Zeit im Estadi Olímpic Lluís Companys plötzlich still.

Ein 17-jähriger Jugendspieler hatte den großen FC Barcelona gegen Athletic Bilbao soeben mit seinem Treffer zum späteren 1:0-Endstand erlöst und drei immens wichtige Punkte besorgt (<<< Spielbericht). 

Pure Ekstase war die Folge - auf den Zuschauerrängen, bei Guius Kollegen und natürlich beim Goldtorschützen selbst. 

"Mein ganzes Leben lang dafür gearbeitet"

Mama, Papa und Schwester des plötzlich im Rampenlicht stehenden Burschen verdrückten auf der Tribüne die eine oder andere Freudenträne, die verletzten Superstars um Robert Lewandowski, Sergi Roberto und Frenkie de Jong zollten dem Wunderknaben mit anerkennendem Applaus Respekt.

Über 80 Minuten hatte sich das Starensemble des FC Barcelona vor heimischem Publikum an den Gästen aus dem Baskenland die Zähne ausgebissen, nach dem jüngsten Ausrutscher beim 2:2-Unentschieden gegen den Vorletzten aus Granada schien einmal mehr alles auf einen unerwarteten Punkteverlust im Rennen um die spanische Meisterschaft hinauszulaufen.

Dann schlug - zum wiederholten Mal in dieser Saison und den letzten Monaten - die Stunde eines Wunderknaben aus dem Hause La Masia.



Die Erfüllung seines Lebenstraums ließ den frischgebackenen Shootingstar im Anschluss an die Partie um Worte ringen.

"Ich bekomme immer noch kaum Luft. Man kann es sich nicht vorstellen, aber ich habe mein ganzes Leben lang dafür gearbeitet, so eine Gelegenheit zu nützen und jetzt ist sie gekommen. Das kann man sich gar nicht vorstellen, diese Nacht werde ich nicht schlafen."

Nach Sternstunde zu Fuß ins Wohnheim

Die Augenblicke seines großen Auftritts schilderte der sichtlich verlegene Guiu im "DAZN"-Interview keinem Geringeren als Barca-Legende David Villa, dem großen Vorbild des jungen Stürmers.

"Ich habe gesehen, dass João Félix auf sich gestellt und dass hinter den Innenverteidigern viel Platz war. Ich hob meinen Kopf, sah, wie Unai Simón aus seinem Tor kam und das war's. Es war eine sehr schnelle Aktion, bei der ich fast keine Zeit zum Nachdenken hatte."

Nach all dem Trubel und ausgelassenen Kabinen-Feierlichkeiten kehrte zwischenzeitlich wieder ein Hauch von Normalität ein.

Statt im Luxus-Auto machte sich der Teenager ganz im Stile eines normalen Akademie-Kickers spät abends mit seinem U19-Kollegen Hector Font zu Fuß auf den Heimweg in sein Zimmer am Akademie-Campus. Schließlich stand am nächsten Tag neben dem Training auch das standesgemäße Fotoshooting zur Feier seines La-Masia-Abschlusses an.

Dennoch: Seit seinem großen Auftritt steht die Welt des Marc Guiu Kopf. Spanische Medien meinen bereits, den designierten Lewandowski-Nachfolger gefunden zu haben, über 900.000 neue Follower verbuchte das Instagram-Profil des 17-Jährigen seit Sonntag. Auch in der Champions League durfte der Mann der Stunde nur drei Tage später sein Debüt feiern.

Wunderkinder! Die jüngsten Torschützen der Barça-Geschichte

"Habe gespürt, dass er bereit ist" - Xavi prophezeite Guius Blitztor

"Alles geben, pressen und dann bin ich mir sicher, wirst du ein Tor erzielen."

Mit diesen Worten schickte Startrainer Xavi den nunmehrigen Wunderknaben bei seinem Profi-Debüt aufs Feld.

Der Startrainer des FC Barcelona hatte im Rahmen der Pressekonferenz nach dem Spiel natürlich gut lachen - und zog seinen Hut vor der Leistung des Youngsters.

Marc Guiu setzte Barças Teenie-Mania mit seinem Traumdebüt die Krone auf
Foto: © getty

"Marc ist ein Junge aus der Akademie und hat heute den Unterschied ausgemacht. Ich habe ihm gesagt, dass er eine Chance bekommt. Er hat sie bekommen und genützt. Ich hab gespürt, dass er bereit ist. Ich freue mich sehr für ihn und über die drei Punkte, die wirklich wichtig sind."

Bis zu jenem Sonntagabend lief Guiu hauptsächlich für die U19-Mannschaft seines Jugendklubs auf und hatte in dieser Saison gerade einmal acht Minuten für Barça Atletic, die drittklassig spielende Amateurmannschaft der Katalanen, absolviert.

Für die U17-Auswahl Spaniens lieferte der 2006er-Jahrgang hingegen bereits beeindruckende Zahlen, traf in zwölf Einsätzen bereits acht Mal. Allein bei der U17-EM in diesem Jahr gelangen ihm, genau wie seinem kongenialen Kollegen Lamine Yamal, vier Treffer.

Bereits in der Sommer-Vorbereitung durfte der großgewachsene Mittelstürmer im Zuge der Asien-Reise des FC Barcelona im Testspiel gegen Vissel Kobe zum ersten Mal Profi-Luft schnuppern, Sportchef Deco und Trainer Xavi sollen seither vollends überzeugt von den Qualitäten des Teenagers sein.

Xavi: "Will Vertrauen geben, das auch mir gegeben wurde"

Letztendlich hatte Xavi jedenfalls wieder den richtigen Riecher bewiesen.

Einmal mehr hatte sich der Mut des einstigen Mittelfeld-Virtuosen, einen Rohdiamanten aus den eigenen Reihen ins kalte Wasser zu werfen, voll und ganz bezahlt gemacht.

"Ich habe in diesem Moment an ihn gedacht, weil er ein Torjäger ist, dieses Funkeln hat und ich ihn mag", erklärte Xavi die Einwechslung des späteren Goldtorschützen Guiu. 

Zum wiederholten Male in der laufenden Saison war es einer der jungen Wilden, der die Kohlen aus dem Feuer holte - ein Phänomen, das keineswegs dem Zufall geschuldet ist.

"Ich habe kein Problem damit, in den eigenen Reihen nach Verstärkungen zu schauen. Ganz im Gegenteil. Ich will ihnen das Vertrauen geben, das auch mir mit 17, 18 Jahren gegeben wurde", erklärt Xavi seine Personalpolitik und erinnert dabei auch an seine eigenen ersten Schritte auf der großen Fußballbühne.

Xavi und das "Funkeln" von Yamal, Guiu und Co.

Und das danken Barças Wunderknaben ihrem großen Unterstützer auf der Trainerbank auch.

Neben Shootingstar Guiu machte Rekordjunge Lamine Yamal (16) den zu Paris Saint-Germain abgewanderten Ousmane Dembele komplett vergessen, mit Fermin Lopez (20) sorgt ein weiterer Youngster Woche für Woche für Furore und lieferte am Mittwoch in der Königsklasse eine Topleistung inklusive Traumtor ab.

Unter der Klubikone haben Spieler mit La-Masia-Abschluss aktuell wieder Hochkonjunktur. Alejandro Balde (20) beendete die Ära-Jordi-Alba auf der Linksverteidiger-Position, Golden-Boy Gavi geht mit 19 Jahren bereits in seine dritte Saison im Trikot der "Blaugrana" und mit Sommer-Neuzugang Oriol Romeu (32) machte Xavi einen verlorenen Sohn von La-Masia zum Busquets-Nachfolger.

"Was mich an dieser Generation am meisten überrascht, ist, dass sie keine Angst haben," meint Xavi über seine jungen Wilden. "Vielleicht war das früher anders. Sie haben dieses Funkeln. Sie sehen mich mit einem Gesicht an, das sagt: 'Gib mich rein, Ich werde dir zeigen dass es gutgeht.' Wenn wir sie spielen lassen, sind sie bereit, zeigen Charakter und Mut."

"Ich habe es in Gavi, Balde, Lamine, Fermín gesehen - und nun auch bei Marc. Da war keine Angst in seinem Gesicht."

Volles Lazarett vor Prestigeduell

Volles Lazarett vor Prestigeduell
Fermin Lopez - ein weiterer Youngster, dem Trainer Xavi sein Vertrauen schenkt
Foto: © getty

Ausgerechnet jetzt steht den Katalanen die bisher wohl härteste Aufgabe in der laufenden Saison bevor.

Am Samstag (ab 16:15 Uhr im LIVE-Ticker>>>) steht der Xavi-Truppe im Liga-Betrieb mit dem "Clasico" die erste ganz große Bewährungsprobe bevor - vor heimischer Kulisse wird es wohl auch im Prestigeduell mit dem Erzrivalen an den jungen Wilden liegen, im Titelrennen zu liefern.

Neben der wie eine dunkle Wolke über dem Klub hängenden Negreira-Affäre ist es nämlich vor allem das riesige, äußerst prominent besetzte Lazarett, das den "Blaugrana" dieser Tage zu schaffen macht.

Robert Lewandowski, Raphinha, Frenkie de Jong, Pedri, Jules Kounde oder Sergi Roberto - ein Großteil der etatmäßigen Einsergarde der Katalanen ist aktuell verletzungsbedingt zum Zuschauen verdammt. 

Bereits im Rahmen des CL-Gruppenspiels gegen Shakhtar Donetsk (Spielbericht>>>) standen lediglich zwölf offiziell registrierte Profis im Kader.

Xavi wird wohl oder übel auch im Kräftemessen mit dem größten Titelkonkurrenten auf seine Jungspunde setzen (müssen). Doch Barças Wunderkids dürfte mittlerweile alles zuzutrauen sein. Und möglicherweise wird schon im "Clasico" der nächste Held geboren.

 


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