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Peter Haring: "Können uns unsterblich machen"

Vor Cup-Finale gegen die Rangers spricht Peter Haring über Karriere, Flögel und mehr:

Peter Haring: Foto: © getty

Heute Samstag, ab 16 Uhr, findet für Österreichs Schottland-Legionär Peter Haring das "Spiel des Jahres", wenn nicht sogar das "Spiel seines Lebens" statt.

Der 28-Jährige trifft mit seinem Verein Heart of Midlothian im schottischen FA-Cup-Finale auf die Glasgow Rangers und will dabei den ersten Titel für das Team aus Edinburgh seit 2012 einfahren.

Vor dem großen Spiel nahm sich der Burgenländer die Zeit, um mit LAOLA1 über seine für einen österreichischen Kicker ungewöhnliche Fußballkarriere, Vereinslegenden wie Thomas Flögel, das Leben in Schottland nach dem Brexit und viele andere Dinge zu sprechen.  

LAOLA1: Beginnen wir von vorne. Du bist von Ried 2018 zu den Hearts gewechselt. Da stellt sich die Frage, wie kommt ein Spieler aus der 2. Liga überhaupt nach Schottland?

Peter Haring: Es ist damals alles sehr schnell gegangen. Ich wollte mit Ried unbedingt in die Bundesliga aufsteigen, das ist uns aber leider nicht gelungen. Ich hatte eine Klausel in meinem Vertrag, dass ich den Verein verlassen darf, wenn uns der Aufstieg nicht gelingt, weswegen ich mich dann von Ried verabschiedet habe. Ich wollte dann nach der Saison zwei Wochen Urlaub machen, habe dann aber sehr bald schon einen Anruf von meinem Berater bekommen, dass die Hearts interessiert wären. Dann ging es sofort nach Edinburgh und die ganze Sache wurde beschlossen.

LAOLA1: Bei schottischen Teams denken Fans immer zuerst an Celtic und die Rangers. Wieviel wusstest du eigentlich vor deinem Transfer von Heart of Midlothian?

Haring: Der Verein war mir schon ein Begriff, aber er war natürlich nicht so präsent wie die zwei Glasgower Vereine. Ich habe mich dann aber so gut wie möglich informiert und als ich dann selbst dort war und die Stadt und das Stadion gesehen habe, war mir sehr schnell klar, dass das eine spannende Sache sein wird.

Die Heimstätte der Hearts
Foto: © getty

LAOLA1: Du sprichst das Stadion an, das Tynecastle Stadium gibt es ja bereits seit 1886, wieviel von dieser Tradition ist da noch erhalten?

Haring: Leider bin ich genau in dem Jahr gekommen, nachdem die alte Fan-Tribüne umgebaut wurde, die hatte noch diesen klassisch britischen Charme. Mittlerweile ist es wirklich ein sehr modernes Stadion, das ein richtiges Merkmal von Edinburgh ist. Es ist aber immer noch alles sehr eng, die Fans sind überall sehr nah am Spielfeld, zwischen der Out-Linie und den Sitzplätzen liegen vielleicht gerade einmal drei Meter.

LAOLA1: Wie ging es dann für dich und deine Mannschaft 2018 los?

Haring: Der Beginn war unglaublich, von den ersten zwölf Partien konnten wir elf gewinnen, dazu ein Unentschieden. Dann ist leider der Faden ein wenig gerissen, in der Liga sind wir im Endeffekt nur auf Platz fünf gelandet und im Cup gab es im Finale ein bitteres 1:2 gegen Celtic, bei dem wir bereits vorne lagen und definitiv gewinnen hätten können.

LAOLA1: Danach ging es dann sowohl für dich als auch für den Verein bergab.

Haring: Genau. In der Saison 2019/20 konnte ich wegen einer Verletzung überhaupt nicht spielen und war dann ein ganzes Jahr nur mit meinem Körper beschäftigt. Ich wollte unbedingt gesund werden, aber die Geschichte hat sich bis in den Sommer 2020 gezogen, ehe es endlich wieder besser wurde.

LAOLA1: Die Hearts mussten, nachdem die Liga wegen Corona abgebrochen wurde, in die zweite Liga runter. Hast du zu dieser Zeit jemals an einen Wechsel gedacht?

Haring: Nachdem ich ein Jahr nicht gespielt habe, habe ich mir darüber ehrlich gesagt gar keine Gedanken gemacht, ich wollte einfach nur wieder Fußball spielen. Ich hatte 2019 meinen Vertrag auch vorzeitig bis 2022 verlängert und wollte dem Verein dieses Vertrauen auch wieder zurückzahlen. Glücklicherweise ist uns dann direkt wieder der Aufstieg gelungen.

LAOLA1: In der ersten Saison nach dem Wiederaufstieg gab es Platz drei. Kam das in irgendeiner Weise überraschend?

Haring: Eigentlich nicht. Hearts hat den Anspruch immer um Platz drei oder vier mitzuspielen, der Abstieg war schon ungewöhnlich und eher etwas Einmaliges auch mit der ganzen Corona-Situation, aber es ist natürlich schön, dass es jetzt das beste Jahr für uns war, seit ich beim Verein bin.

Haring im Einsatz gegen die Rangers
Foto: © getty

LAOLA1: Ihr habt die Saison zwar auf Platz drei beendet, nach vorne gab es aber einen Riesenabstand von 27 Punkten. Gleichzeitig hattet ihr aber auch zwölf Punkte Vorsprung auf Platz vier - wie habt ihr bis zum Ende die Spannung hochgehalten?

Haring: Es war nicht so früh klar, dass es so eindeutige Verhältnisse sein werden, daher war es für uns lange Zeit überhaupt kein Problem. Am Ende hatten wir dann das Glück, dass die vorderen Plätze zwar bereits weg waren, wir aber immer noch das Pokalfinale vor uns hatten, weswegen wir immer ein klares Ziel vor Augen hatten. Das hat uns sehr dabei geholfen fokussiert zu bleiben, das wird auf jeden Fall das wichtigste Spiel der Saison für uns.

LAOLA1: Der Abstand nach vorne spricht Bände. Seit 1985 gab es nur Meister aus Glasgow. Denkst du, dass sich das irgendwie einmal in Zukunft ändern kann?

Haring: Es ist leider schwierig mit der Meisterschaft. Die anderen Vereine geben natürlich alles, um den Abstand zu verringern, aber es wird nicht leichter. Das sind zwei Teams, die immer international dabei sind und ein viel größeres Budget besitzen. Es braucht also ein außergewöhnliches Jahr, wo wirklich alles zusammenpassen muss. Sie waren eben schon immer die größten Vereine in Schottland und das hat auch seinen Grund, warum das so ist, vor allem eben wegen des Budgets.

LAOLA1: Im Pokal gab es aber durchaus schon Überraschungen. Letztes Jahr ging der Scottish FA Cup beispielsweise an St. Johnstone, auch die Hearts konnten 2012 den Titel holen. Was rechnet ihr euch gegen die Rangers aus?

Haring: Es ist jetzt schon das dritte Pokalfinale, seit ich beim Verein bin. Zwei Mal haben wir gegen Celtic knapp verloren. Gegen die Rangers ist auch diesmal alles möglich, in der Meisterschaft hatten wir bis auf eine Partie (0:5-Niederlage im Februar, Anm.) immer sehr gute Spiele gegen sie gehabt, auch wenn wir keines davon gewinnen konnten. In einem Spiel kann aber alles passieren, wir rechnen uns klarerweise einiges aus. Wir fahren jetzt nicht hin und sagen uns "hoffen wir mal auf das Beste", sondern wir fahren dort hin und wollen diese Partie gewinnen.

LAOLA1: Die Rangers sind ja durch ihren Einzug ins EL-Finale derzeit in aller Munde, die Hearts finden da eher wenig Beachtung. Siehst du das als Vorteil für euch?

Haring: Es ist schwer zu sagen, ob das jetzt besser oder schlechter für uns ist. Es ist sicher kein Nachteil, dass sie drei Tage vorher ein Finale gespielt haben. Hoffentlich sind wir am Finaltag die frischere Mannschaft.

Die Fans der "Maroons"
Foto: © getty

LAOLA1: Was macht euren Gegner eigentlich aus?

Haring: Die Rangers haben sich über die letzten Jahre als Mannschaft sehr stark weiterentwickelt. Wie ich hergekommen bin, war Celtic ganz klar das beste Team, im letzten Jahr haben die Rangers aber die Meisterschaft gewonnen. Von den individuellen Spielern her sind sie wahrscheinlich das beste Team in Schottland, sie haben in der Meisterschaft in der Rückrunde ein paar Mal gepatzt, weswegen sie im Endeffekt nur Zweiter sind. Die Mannschaft ist sehr kompakt, sie lassen fast gar nichts zu und haben vorne sehr viel individuelle Klasse. Du kannst dich nicht auf einzelne Spieler fokussieren, weil die ganze Mannschaft so viel Qualität mitbringt.

LAOLA1: Das Finale findet im schottischen Nationalstadion in Glasgow statt, wie wird die Stimmung sein?

Haring: Das wird ein geiles Erlebnis werden. Ich glaube, 57.000 Leute passen rein, die Kontingente wurden 50:50 aufgeteilt. Wenn du da den Rasen betrittst und du siehst diese zwei Lager, das eine in unserem speziellen "maroon" und das andere ganz in blau, das ist einfach richtig cool. Die Tickets waren ja bereits nach einem Tag ausverkauft, also es hätten auch noch deutlich mehr Fans reingepasst, die Stimmung wird bestimmt kochen.

LAOLA1: Du sprichst die Fans bereits an, in Österreich war das Cupfinale kürzlich weit davon entfernt, ausverkauft zu sein. Sowas scheint bei euch unvorstellbar.

Haring: Ja, die Fans sind 100 Prozent ein großer Unterschied zu Österreich. Die Leute sind unfassbar sportbegeistert und einfach verrückt nach Fußball. Auch unsere Heimspiele in der Liga sind praktisch immer ausverkauft, jetzt für das Finale haben einige Leute sogar vor dem Stadion geschlafen, damit sie fix an ihre Tickets kommen. Ich würde das als positive Fußballverrücktheit bezeichnen, das macht den schottischen Fußball einfach aus und macht es sehr attraktiv hier zu spielen.

Thomas Flögel im ÖFB-Dress
Foto: © GEPA

LAOLA1: Apropos Fans. Bei Heart of Midlothian denken die meisten österreichischen Fans an Thomas Flögel, der von 1997 bis 2002 bei euch gekickt hat und der in Österreich immer ein bisschen als Klub-Legende dargestellt wird. Ist das tatsächlich so oder ist das ein bisschen ein österreichisches Märchen?

Haring (lacht): Nein, das ist absolut kein Märchen. Ich glaub jeder hier hat mich als Erstes auf ihn angesprochen. Ich hab ihn davor nicht persönlich gekannt, aber wusste natürlich, dass er auch hier gespielt hat. Während ich hier war, gab es dann eine Ehrung für die Mannschaft, mit der er damals den Cup gewinnen konnte, da konnten wir dann kurz ein bisschen plaudern. Er ist dann sogar in der Hall of Fame des Vereins gelandet und ist jedem Fan für immer in Erinnerung geblieben. Jeder hat ihn im Verein wirklich sehr geschätzt, man kann ihn durchaus als Legende bezeichnen.

LAOLA1: Vielleicht gibt es für dich dann ja in Zukunft auch so eine Ehrung...

Haring: Ja, hoffentlich, mit einem Cupsieg würden wir uns hier auch unsterblich machen.

LAOLA1: Dein Vertrag läuft Ende Mai aus, wie sehen die Pläne für die Zukunft aus?

Haring: Der Verein ist schon an mich herangetreten und würde den Vertrag auch gern nochmal verlängern. Wir befinden uns darüber gerade in Gesprächen, aber meine Konzentration liegt grad mehr auf dem Cupfinale, nach dem Spiel mache ich mir dann noch einmal genauere Gedanken.

Ein trauriger Peter Haring nach dem gescheiterten Aufstieg
Foto: © GEPA

LAOLA1: Wäre eine Rückkehr nach Österreich auch eine Option?

Haring: Es wäre schon irgendwie cool. Ich habe ja noch nie in der Bundesliga gespielt, das würde ich schon gern erleben, aber im Moment ist das Ausland schon noch attraktiver. Zusätzlich spielen wir nächstes Jahr dann auch endlich international, das war ein Ziel, das ich seit 2018 mit dem Verein verfolgt habe und schon gerne miterleben würde.

LAOLA1: In puncto Vertragsverlängerung habe ich auf deinem Instagram-Profil auch schon einige Fans gesehen, die sich über einen Verbleib von dir freuen würden. Wie ist da das Verhältnis mit den Supportern?

Haring: Es ist eigentlich sehr schnell gegangen, dass ich viel Zuneigung von den Fans erhalten habe. Ich habe am Anfang gleich gute Leistungen gebracht, die sie honoriert haben. Es ist etwas Schönes, wenn die Fans das so wertschätzen und ich bekomme das natürlich auch mit, dass sie sich über einen Verbleib freuen würden.

Ich werde da auch in persönlichen Gesprächen von ihnen drauf angesprochen, das ist für mich persönlich schon auch wichtig. Auch nach meiner Verletzung 2019 sind sie sehr loyal geblieben und haben mir immer Mut zugesprochen, deswegen wollte ich ihnen dann auch wieder etwas zurückgeben.

LAOLA1: Zum Abschluss dann noch einmal was ganz anderes – du bist ja durchaus in einer interessanten Zeit nach Schottland gekommen. Genau in diesen Jahren gab es ja das ganze Brexit-Chaos. Hat sich das auf dich als EU-Bürger irgendwie ausgewirkt?

Haring (lacht): Ehrlich gesagt bekommen wir davon wenig mit. Durch Corona hat sich das alles irgendwie nochmal verschoben von den Prioritäten her, also redet seit den zwei Jahren irgendwie niemand mehr darüber. Für mich persönlich hat sich aber nichts geändert bis jetzt. Ich bin mal gespannt, ob sich da noch etwas tut.

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