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Adrian Grbic: "Kroatien hat sich gemeldet"

ÖFB-Legionär Adrian Grbic hat in Frankreich den Goalgetter in sich wiederentdeckt.

Adrian Grbic: Foto: © GEPA

Schon sehr früh hat Adrian Grbic ein Versprechen abgegeben – 55 Tore in 74 Spielen hat der Wiener im Nachwuchs des VfB Stuttgart erzielt.

In den vergangenen Jahren wurden aber erste Zweifel laut, ob der Stürmer dieses Versprechen auch wirklich einlösen kann, denn im Profi-Bereich war beim FAC und in Altach nicht allzu viel von seinen Torjäger-Qualitäten zu sehen.

Im Sommer erfolgte der Wechsel in die zweite französische Liga zu Clermont Foot, aktuell Fünfter. Und im Zentrum des Weltmeister-Landes hat der 23-Jährige den Goalgetter in sich wiederentdeckt. Nach 20 Spielen stehen 16 Tore und zwei Assists zu Buche.

Gerüchteweise war im Winter auch schon Olympique Marseille an einer Verpflichtung des Angreifers interessiert. "Es gab zwei, drei konkrete Sachen aus der Ligue 1. Und es gab Gespräche mit der Premier League", verrät Grbic im LAOLA1-Interview.

Der Angreifer erzählt über athletische Verteidiger, Foto-Wünsche beim Essen und Interesse des kroatischen Verbandes.

LAOLA1: Bist du in der Form deines Lebens?

Adrian Grbic: Es ist die beste Form, die ich in meiner noch kurzen Profi-Karriere je hatte. Ich habe nach 20 Spielen 16 Tore und zwei Assists – das ist in der zweiten französischen Liga schon eine Marke! Nach dem Jahr in Altach, in dem ich nicht gespielt habe, war mir wichtig, dass ich viel Spielzeit bekomme. Ich spüre das Vertrauen von Verein und Trainer und zahle es mit Toren zurück. Hoffentlich geht es so weiter.

"Wenn du dein Team in Lens vor 25.000 Leuten in Führung schießt, fühlt sich das schon gut an!"

LAOLA1: Gibt es einen bestimmten Grund, warum es so gut läuft?

Grbic: Ich bin ein Typ, der das Vertrauen von Trainer und Verein braucht. Hier spüre ich, dass ich ein wichtiger Spieler in der Mannschaft bin, auch wenn ich mal ein, zwei Spiele nicht so gut drauf bin. Ich hatte das Glück, dass ich gleich im ersten Spiel einen Doppelpack erzielt habe, das hat mir extrem viel Selbstvertrauen gegeben. Ich dachte, die Anpassung an die neue Liga würde ein bisschen länger dauern. Aber ich hatte nach fünf Spielen fünf Tore. Ich hätte nicht gedacht, dass es so gut läuft.

LAOLA1: Du hast im Nachwuchs für den VfB Stuttgart schon sehr viele Tore geschossen. Hat sich dieses Gefühl von damals wieder eingestellt bei dir?

Grbic: Ja, das kann man so sagen. Ich habe früher im Nachwuchs Woche für Woche Tore gemacht, das habe ich vermisst. Irgendwie ist es jetzt aber doch noch einmal ein anderes Gefühl, das ist der Profi-Bereich. Wenn du dein Team in Lens vor 25.000 Leuten in Führung schießt, fühlt sich das schon gut an. Es ist schön, wieder mal am Fließband zu treffen.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Wie hast du dich abseits des Feldes in Frankreich eingelebt?

Grbic: Der Präsident kommt aus der Schweiz, spricht auch Deutsch. Der Zeugwart ist Montenegriner, spricht Serbokroatisch. Das hat mir am Anfang geholfen. Auch die Kollegen aus der Mannschaft haben mir extrem geholfen, wenn ich etwas erledigen musste, etwa mich um Versicherungen kümmern. Außerdem haben sie mich sofort mitgenommen, wenn sie irgendwo etwas Essen gegangen sind. Meine Wohnung ist in einer super Lage im Zentrum der Stadt. Ich habe mich richtig gut eingelebt.

LAOLA1: Wie geht’s dir mit der Sprache?

Grbic: Ich habe gleich zu Beginn gesagt: Bevor ich richtig Französisch lerne, will ich das Fußball-Vokabular können, damit ich mich am Platz mit meinen Kollegen verständigen kann. Das hat schnell geklappt. Ich habe ein bis zwei Mal pro Woche Sprachkurs, jeweils eineinhalb Stunden. Aber die meisten Spieler können gut Englisch und helfen mir, wenn ich etwas nicht verstehe.

LAOLA1: Wie ist das Niveau in der Ligue 2?

Grbic: Die Liga ist schon ein richtig harter Brocken. Mit Lorient und Lens gibt es zwei Teams, die vom Stellenwert her über den anderen Klubs sind, die auch viel Erstliga-Erfahrung haben. Aber sonst kann eigentlich jeder jeden schlagen. Die Dichte ist extrem. Und die Physis ist ein Wahnsinn! Ich spiele jede Woche gegen Innenverteidiger, die 1,95 Meter groß und einen Meter breit sind. Und die sind noch dazu alles andere als langsam. Das sind echte Athleten. Da lernt man körperbetont Fußball zu spielen. Ich hätte nicht gedacht, dass es so intensiv wird. Es hat schon einen Grund, warum einige Spieler aus dieser Liga schon zu Top-Klubs gewechselt sind. Der Stellenwert dieser Liga ist sehr hoch!

"Wenn ich mit meiner Freundin beim Essen sitze, kommen immer wieder mal Leute, die ein Foto mit mir machen wollen. Das ist Neuland für mich."

LAOLA1: Hast du in dem halben Jahr aus körperlich zugelegt? Bist du öfter in der Kraftkammer?

Grbic: In der Kraftkammer bin ich nach wie vor ein, zwei Mal in der Woche. Aber ich habe meinen Spielstil angepasst, halte mehr dagegen als früher.

LAOLA1: Apropos Spielstil: Wofür steht Clermont Foot?

Grbic: Wir spielen keinen klassischen Zweitliga-Fußball mit hohen Bällen in die Spitze. Wir legen Wert auf Ballbesitz, lassen die Ball am Boden. Egal, gegen wen wir spielen, wir haben meistens zehn bis 15 Prozent mehr Ballbesitz als der Gegner.

LAOLA1: Das kommt dir entgegen.

Grbic: Ich habe dem Trainer vor meinen Wechsel schon gesagt, dass ich nicht der richtige Stürmer bin, wenn sie jemanden suchen, auf den sie lange Bälle spielen, der dann die Bälle hält. Ich komme lieber mit dem Ball am Fuß über die Technik.

LAOLA1: Wie wird dein Erfolgslauf in Frankreich wahrgenommen?

Grbic: In der Liga stehen eigentlich von Anfang an zwei Spieler im Fokus – der Führunde der Schützenliste Tino Kadewere, der im Winter für 15 Millionen Euro zu Lyon gewechselt, aber bis Sommer an Le Havre zurückverliehen wurde, und ich. Es wird eigentlich jede Woche über uns beide berichtet. Als ich daheim gegen Troyes den Hattrick geschossen habe, war es echt krank. Da hat die L’Equipe einen Artikel über mich geschrieben, wo sie über 20 Social-Media-Einträge von Prominenten über mich abgedruckt haben. Ich hätte nicht gedacht, dass so viel über diese Liga berichtet wird – auch in Italien und England.

LAOLA1: Wirst du in der Stadt regelmäßig angesprochen?

Grbic: Wenn ich mit meiner Freundin beim Essen sitze, kommen immer wieder mal Leute, die ein Foto mit mir machen wollen. Das ist Neuland für mich.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Es hat im Winter einige Transfergerüchte gegeben. War da etwas Konkretes dabei?

Grbic: Es gab zwei, drei konkrete Sachen aus der Ligue 1. Und es gab Gespräche mit der Premier League. Meine Familie, meine Freundin, mein Berater, der Verein und ich haben uns zusammengesetzt und überlegt, was das Beste für mich wäre. Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich diesen Wechsel im Sommer gemacht habe, weil ich spielen will, weil ich wissen will, was ich leisten kann, wenn ich eine komplette Saison durchspiele. Es hätte keinen Sinn gemacht, im Winter zu gehen. Es hätte passieren können, dass ich in eine bessere Liga gehe, dort anfangs zwar spiele, aber Eingewöhnungsschwierigkeiten habe und plötzlich nicht mehr spiele. Ich will ein halbes Jahr Gas geben, im Idealfall aufsteigen. Mal schauen, was im Sommer passiert.

LAOLA1: Glaubst du, der Klub würde dich so ohne weiteres ziehen lassen?

Grbic: Naja, für zwei, drei Millionen Euro sicher nicht. Aber wenn wir nicht aufsteigen sollten und ein wirklich gutes Angebot kommt, kann man sicher drüber reden.

LAOLA1: Ist die EURO 2020 ein Thema für dich?

Grbic: Auf jeden Fall! Ich will mich für das ÖFB-Team empfehlen, dafür tue ich alles! Derzeit ist meine Quote gut, aber es ist noch lange hin bis zum Sommer. Ich hoffe, ich bekomme eine Chance!

LAOLA1: Hast sich der Teamchef schon mal bei dir gemeldet?

Grbic: Seit der U21-EM hat sich niemand vom ÖFB bei mir gemeldet. So viele Stürmer gibt es nicht, die viele Tore schießen. Es wundert mich ein bisschen, dass sich noch niemand direkt bei mir gemeldet hat.

LAOLA1: Das Thema Kroatien gab es vor ein paar Jahren schon mal. Ist das wieder aktuell?

Grbic: Sie haben sich gemeldet. Die schlafen ja auch nicht, bekommen meine Leistungen auch mit. Mehr kann ich dazu aber nicht sagen. Ich werde weiter meine Leistungen bringen und schauen, was am Ende auf mich zukommt. Wenn der österreichische und der kroatische Verband auf mich zukommen, muss ich mir sehr gut überlegen, was ich tue.

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