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Mykhailo Mudryk: Die Gewinner und Verlierer des Mega-Deals

Lange befand sich Arsenal in der Pole Position, bis schließlich der FC Chelsea dazwischengrätschte und für großen Aufruhr sorgte.

Mykhailo Mudryk: Die Gewinner und Verlierer des Mega-Deals Foto: © getty

"Mykhailo Mudryk wechselt zum FC Arsenal" - Seit Wochen galt dieser Wechsel als praktisch beschlossene Sache.

Nun kam doch alles anders: Der FC Chelsea grätschte in die anhaltenden Verhandlungen mit Shakhtar Donetsk hinein und schnappte den "Gunners" kurzerhand ihren Wunschspieler vor der Nase weg. Knapp 100 Millionen Euro macht Chelseas neuer Besitzer Todd Boehly für den Shootingstar locker, es ist ein weiterer dieser unglaublichen Transfers, die den gegenwärtigen Profifußball als immer verrückter erscheinen lassen.

Doch wer steigt in dieser Posse eigentlich am Besten aus? Wird sich Arsenal am Ende über diese Niederlage freuen? Oder hat sich Chelsea einen zukünftigen Weltstar in seine Reihen geholt? Eine Bewertung aller Beteiligten:

Shakhtar Donetsk:

Den abgebenden Verein aus der ukrainischen Premier League kann man getrost als großen Gewinner dieses Deals bezeichnen. Noch nie nahm Shakhtar so viel Geld für einen Spieler ein, auch wenn man in der Vergangenheit bereits öfters große Verkäufe tätigte.

"Die Brasilianische Kolonie", die die ukrainische Liga im letzten Jahrzehnt dank vieler südamerikanischer Dribbler im Team fast nach Belieben dominierte, nahm 2018 unter anderem 59 Millionen Euro für Mittelfeldspieler Fred ein. Auch mit Alex Teixeira, der 2015 überraschenderweise nicht zum FC Liverpool, sondern nach China wechselte, verdiente man über 50 Millionen Euro.

Trotzdem ist der Mudryk-Transfer für Shakhtar als neuer Meilenstein anzusehen. 2016 stieß der Dribbler im Alter von 15 Jahren zum Verein, nach zwei Leihen gelang ihm erst in der vergangenen Saison der Durchbruch.

Nach gerade einmal 44 Pflichtspielen, 12 Toren und 17 Vorlagen verkauft man seinen Star nun für 70 Millionen Euro plus Boni in Höhe von weiteren 30 Millionen Euro in die Premier League - ein absoluter "No Brainer" für den Verein.

Shakhtar erwies sich in den Verhandlungen mit Arsenal als hartnäckig und wenig kompromissbereit. Mudryk und die "Gunners" drängten auf den Transfer, Shakhtar saß jedoch am längeren Hebel. Am Ende bleibt aber festzuhalten: Solange es am Markt einen potentiellen Abnehmer gibt, der die gewünschte Summe zu zahlen bereit ist, muss der Verein kein niedrigeres Angebot auf Wunsch des Spielers annehmen.

Chelsea zahlte den Aufpreis und einigte sich mit den Ukrainern. Ob die Ablösesumme überteuert ist oder nicht, kann Donetsk unterm Strich egal sein. Am heutigen Fußballmarkt verschieben sich die Grenzen des Möglichen und Realistischen sowieso Jahr für Jahr.

Dass Shakhtar einen Tag nach dem Transfer knapp 25 Millionen Euro des Erlöses an ukrainische Soldaten spendete, rundet den Wechsel auf weit mehr als nur der finanziellen Ebene erfolgreich ab.

Mudryk machte in der CL auf sich aufmerksam
Foto: © getty

Mykhailo Mudryk:

Der Spieler selbst hatte ein klares Ziel und dies auch öffentlich kommuniziert: Er will in diesem Winter wechseln, der nächste sportliche sowie finanzielle Karriereschritt soll besser gestern als heute passieren.

Wie Mudryk allerdings in den Tagen und Wochen vor dem Transfer seine Absichten äußerte, hinterlässt einen etwas fahlen Beigeschmack. Wiederholt drängte der Ukrainer mit subtilen Andeutungen auf seinen Wechsel und gab über Social Media klare Liebesgeständnisse an Arsenal von sich. Auch mit dem Verein schien er sich grundlegend einig zu sein.

Am Ende geht es aber wie fast immer ums Geld. Und wenn man den herumschwirrenden Zahlen Glauben schenkt, dann muss man sich die Frage stellen: Kann man es ihm übel nehmen?

Chelsea bot Mudryk angeblich das Doppelte von dem, was Arsenal an Gehalt gezahlt hätte. Zudem unterschrieb der Spieler einen Vertrag über achteinhalb Jahre, welcher ihm ein sicheres Einkommen bis 2031 ermöglicht. In dieser Hinsicht kann man die Entscheidung nachvollziehen, auch wenn Mudryk sowieso genug verdient hätte. Eine Profikarriere ist kurz, weswegen jeder Spieler das Recht hat, das Maximum mitzunehmen.

Sportlich gesehen ergibt der Transfer zumindest in dieser Saison keinen Sinn. Chelsea wird heuer vermutlich keinen Titel holen, während Arsenal Chancen auf die Premier League, den FA Cup und die Europa League hat.

Dennoch bleibt Chelsea ein attraktives Transferziel, welches Mudryk längerfristig nicht nur finanziell gute Perspektiven bieten kann. Der Ukrainer hat das Talent, sich bei den "Blues" zu einem absoluten Topstar zu entwickeln und könnte, auch wenn der Druck auf seinen Schultern groß ist, sofort für entscheidende Akzente sorgen.

Arsenal:

Die Gunners müssen am Transfermarkt mal wieder eine Niederlage einstecken. Auch wenn es die Fans oft nicht wahrhaben wollen, so wird in der Mudryk-Causa deutlich, dass der Verein am Ende doch nicht mit den größten Investorenklubs mithalten kann.

Der Grund dafür ist, dass sich Arsenal und sein kontroverser amerikanischer Besitzer Stan Kroenke scheinbar zumindest gewisse finanzielle Limits setzen, die es in anderen Vereinen offensichtlich nicht mehr gibt. Dass sich der aktuelle Tabellenführer der Premier League nicht von diesem wirtschaftlichem Harakiri mitreißen lässt, kann zumindest aus einer bestimmten Richtung als Gewinn gezählt werden.

Dennoch war auch Arsenal dazu bereit, unglaublich viel Geld für Mudryk auf den Tisch zu legen. Von einem Gesamtpaket von knapp 100 Millionen Euro war die Rede, welches eine feste Ablöse von 70 Millionen Euro plus Boni beinhaltete. Dementsprechend bot Arsenal fast genauso viel wie Chelsea, nur die Bonuszahlungen wären deutlich schwerer zu erreichen gewesen.

In der Vergangenheit mühte sich Arsenal mehrmal durch lange und zähe Verhandlungen für Spielertransfers. Viele Spieler wurden mit dem Verein in Verbindung gebracht, nur wenige landeten am Ende tatsächlich im Norden Londons. Arsenal scheint also generell ein Problem damit zu haben, Transfers über die Ziellinie zu bringen. 

Im Endeffekt sind die Gunners nicht von Mudryk abhängig. So stark, wie sich die Mannschaft von Mikel Arteta in der bisherigen Saison präsentiert, kann die Meisterschaft auch ohne Neuzugang gewonnen werden, vielleicht würden neue Spieler sogar Unruhe ins bestehende Mannschaftsgefüge bringen. Zudem kann man die vorhandenen Ressourcen nun für andere Spieler einplanen, auch wenn die Konkurrenz jetzt weiß, wie viel Geld Arsenal zu Verfügung hat und Forderungen dementsprechend anpassen wird, was die Verhandlungen mit potentiellen Verpflichtungen wie Mousa Diaby oder Declan Rice weiter erschweren könnte.

Unterm Strich werden die Gunners in dieser Geschichte von allen Beteiligten am wenigsten in ein schlechtes Bild gerückt. Die größte Enttäuschung für die Verantwortlichen und Fans ist wohl, dass ausgerechnet Chelsea den Spieler in letzter Sekunde noch wegschnappen konnte.

Chelsea-Besitzer Todd Boehly
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Chelsea:

Was genau ist Chelseas Plan?

Blickt man auf die Transferpolitik der "Blues" seit letztem Sommer, sucht man vergebens nach einer klaren Strategie und einer professionellen Kaderplanung.

Tatsächlich ist Chelsea gerade in der Offensive extrem überbesetzt. Die Löcher im Kader befinden sich definitiv in anderen Mannschaftsteilen, zumal man gerade erst Joao Felix an die Stamford Bridge locken konnte und sich im Sommer noch mit Christopher Nkunku verstärken wird.

Der Mudryk-Transfer beweist, dass wirtschaftliche Bedenken seit der Übernahme von Todd Boehly im Verein keine Rolle mehr spielen. Auf knapp eine halbe Milliarde Euro an Transferausgaben kommt man mittlerweile, es bleibt ein Rätsel, wie sich dieser Betrag mit den Bestimmungen des Financial Fair Plays vereinbaren lässt. Zumal ein Ende des Kaufrausches noch nicht in Sicht ist.

Die spannendste Frage ist, wie Chelsea überhaupt auf Mudryk gekommen ist. Lange hatte man sich noch nicht mit dem Spieler beschäftigt, vielmehr wirkt es so, als wollte man einfach nur den Arsenal-Deal vermiesen. Das Buhlen um das viel passendere Transferziel Enzo Fernandez verlief erfolglos, auch weil Benfica am Ende auf die Ausstiegsklausel beharrte, welche das Einhalten des FFP deutlich erschwert hätte. Mudryks Ablöse kann nun auf acht Jahre "ammortisiert", also aufgeteilt, werden.

Die "Blues" hängten ihrem Toptransfer nun natürlich ein enormes Preisschild um, welches den Spieler unter Druck setzt. Mudryk muss sofort liefern und Chelsea einen Push im Kampf um die europäischen Plätze geben. Sollte dies nicht gelingen, wird die Kritik gegen den Verein noch größer werden.

Unter dem Gesichtspunkt, dass die Ausgaben bei Chelsea unter Boehly offensichtlich nicht limitiert sind, kann der Mudryk-Transfer mit Sicherheit als Gewinn bezeichnet werden. Mit Arsenal kann sich ein bitterer Rivale nicht verstärken, während man den eigenen Kader mit einem weiteren Topspieler füllt. Und der Besitzer will sowieso noch weitere 100 Millionen Euro für Transfers in diesem Winter ausgeben.

Also warum nicht?

 

Fazit:

Tatsächlich könnte sich der Ausgang der Transferposse um Mykhailo Mudryk für jeden am Ende als Gewinn herausstellen. Während die Situation bei Shakhtar und Mudryk klar ist und bei Chelsea Geld sowieso keine Rolle spielt, wird sich erst zeigen, ob Arsenal den Vorsprung in der Premier League halten kann, sei es mit oder ohne weitere Neuverflichtung.

Auf den ersten Auftritt Mudryks im Emirates Stadium darf man dennoch gespannt sein.



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