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Frauenfußball: Zur Professionalisierung verpflichtet

In Zukunft sind Männer-Bundesligisten dazu verpflichtet, den Frauenfußball zu unterstützen. Das sorgt für Professionalisierung - ist aber kein Selbstläufer.

Frauenfußball: Zur Professionalisierung verpflichtet Foto: © GEPA

Am Freitag startet mit der Partie zwischen St. Pölten und Altenmarkt um 20:10 Uhr die Bundesliga der Frauen in den Frühling. Überraschungen sind nicht zu erwarten. 

Die "Wölfinnen" aus der niederösterreichischen Landeshauptstadt werden - wie in jedem Jahr seit 2015 - die Meisterschaft gewinnen, dahinter duellieren sich die Frauen des SK Sturm sowie jene der SPG SCR Altach/FFC Vorderland um einen Platz in der Champions-League-Qualifikation.

Vor zehn Jahren sah die Frauenfußball-Landschaft noch anders aus.

Neulengbach holte sich punktegleich vor dem ASV Spratzern - der als FSK St. Pölten in den SKN eingegliedert wurde - den Titel, mit Wacker Innsbruck stellte nur ein damaliger Männer-Bundesligist ein Team in der Frauen-Bundesliga. Die Wacker-Frauen sind zwar immer noch in der Bundesliga vertreten - da sie die Insolvenz der Männer ausbaden mussten, aber wohl nicht mehr lange.

Lange war Neulengbach das Nonplusultra - dann kam St. Pölten
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Wichtige Spielerinnen verließen den Verein, die Auswärtsspiele bei der Vienna (kein Geld für die Reisekosten) sowie gegen die Wiener Austria (zu wenige Spielerinnen) mussten strafverifiziert werden. Mit drei Punkten und 3:50 Toren nach neun Spielen stehen die Wacker-Frauen am Tabellenende. Auch Neulengbach ist längst kein Serienmeister mehr.

Die Frauenfußball-Welt hat sich weitergedreht - und wird zunehmend von den "großen" Männervereinen besetzt. Ein Trend, der sich weiter verstärken wird.

Die Forderung zur Förderung

Ab nächster Saison wird die Förderung des Frauenfußballs nämlich auch für die Bundesligisten der Männer verpflichtend. Die österreichische Fußball-Bundesliga übernimmt dabei Artikel 21 des "UEFA-Reglement zu Klublizenzierung und finanzieller Nachhaltigkeit" wortgleich. Zudem ist die Förderung des Frauenfußballs auch Teil der Fünfjahresstrategie der Bundesliga.

Diese Förderung des Frauenfußballs kann gemäß der Lizenzbestimmungen auf drei Arten erfolgen. Durch das Anmelden einer A- und/oder Nachwuchsmannschaft in offiziellen Frauenfußball-Bewerben, durch das Unterstützen eines angeschlossenen Frauenfußballklubs - oder durch die Organisation von anderweitigen Initiativen, die den Frauenfußball fördern.

Wie genau diese Förderung ausschauen soll - dafür gibt es keine Vorgaben der UEFA, auch der zuständige Senat 5 hat bei der Beurteilung einer Erfüllung des Lizenzkriteriums keine wirklichen Leitlinien. Die Beurteilung des Kriteriums? Teil eines Entwicklungsprozesses.

Aus Sicht der Bundesliga-Geschäftsstelle kann die Unterstützung in monetärer Form erfolgen - aber auch die Bereitstellung von Infrastruktur, Know-How oder der Durchführung gemeinsamer Aktivitäten zur Stärkung des Frauenfußballs.

Auch individuelle Initiativen wie Social-Media-Kampagnen oder Schnuppertrainings sowie die Unterstützung von Initiativen des ÖFB und der Landesverbände sind denkbar. Die Letztentscheidung liegt stets beim zuständigen Senat 5.

Konkret handelt es sich dabei in Österreich um ein B-Kriterium - zwar nicht verpflichtend, um die Lizenz zu erhalten, aber dennoch mit Sanktionen behaftet.

In der Theorie sind diese Sanktionen weitreichend - Erfahrungswerten der Bundesliga-Geschäftsstelle zufolge sind bei einem erstmaligen Vergehen aber lediglich Geldstrafen sowie die Setzung einer Frist zum Nachweis der Erfüllung des Kriteriums zu erwarten. 

Selbstläufer und Entwickler

Für manche Bundesliga-Vereine ist das Erfüllen des Kriteriums im Rahmen der Lizenzierung kein Problem. Sturm Graz sowie der SCR Altach (seit 2021/22 mit einer Spielgemeinschaft mit dem FFC Vorderland, welche ab 2024 komplett in den SCR Altach übergehen wird) mischen in den Top-Drei der Frauenbundesliga mit, auch Austria Wien (zuvor in Kooperation mit der USG Landhaus) stellt mittlerweile ein eigenes Team in der höchsten Spielklasse.

Das Team des LASK steht derzeit überlegen auf Rang eins der OÖ Liga Frauen, hat dort auch die SV Ried (in einer gemeinsamen Spielgemeinschaft mit Antiesenhofen) als Gegner. Ebenfalls Tabellenführerinnen sind die Frauen von Austria Klagenfurt, mit 26 Punkten belegen sie Rang eins in der Kärntner Frauen Liga.

Der TSV Hartberg hat die Weichen pünktlich zur Abgabe der Linzenzunterlagen gestellt. Die Steirer gehen mit dem FC Südburgenland eine Spielgemeinschaft ein (alle Infos >>>). Die Burgenländerinnen spielen rund eine halbe Autostunde vom Hartberger Stadion entfernt in Mischendorf. Sowohl das Team in der 2. Frauen Bundesliga als auch das 1b-Team werden ab 2023/24 als "SPG Südburgenland/TSV Hartberg" auflaufen.

Hartberg-Obmann Erich Korherr meinte zur Kooperation: "Eine eigene Frauenmannschaft von 0 auf 100 aus dem Hut zu zaubern, ist vor allem für uns als kleiner Verein unmöglich, daher haben wir uns nach einem Partnerverein umgesehen."

Kein Problem für die Aufstiegskandidaten

Keine Probleme dürften auch die drei Aufstiegskandidaten aus der 2. Liga haben: Der SKN St. Pölten ist ohnehin seit Jahren das Nonplusultra im österreichischen Frauenfußball, Blau-Weiß Linz hat seit 2021/22 eine Kooperation mit der Union Kleinmünchen, welcher direkt der Aufstieg in die Bundesliga gelang. Der GAK ist Tabellenführer der Steirischen Frauenlandesliga und hat Nachwuchs-Teams in der U12 und der U13.

Beim Wolfsberger AC wird nicht davon ausgegangen, zur kommenden Saison ein Frauenfußball-Team stellen zu können, auch Gespräche bezüglich einer Kooperation gibt es nicht. Seit Beginn der laufenden Saison gibt es jedoch ein wöchentliches Training für Mädchen - in weiterer Folge soll ein Mädchenteam entstehen.

Auch Austria Lustenau führt aktuell keine Frauenmannschaft. Seit Sommer betreiben die Grün-Weißen allerdings eine entsprechende Kampagne im Ort, im Nachwuchs wird mit dem FC Kennelbach kooperiert. Das Ziel der Lustenauer Austria ist es, ab der kommenden Saison eine Frauenmannschaft stellen zu können - entsprechende Gespräche und Vorbereitungen laufen.

Die Kooperation der WSG Tirol mit der SPG Rinn/Tulfes fiel finanziellen Einsparungen durch den Swarovski-Ausstieg 2020 zum Opfer. Um das Lizenzkriterium zu erfüllen, sind Kampagnen in Schulen und auf Social Media sowie die Teilnahme an der Aktion "Mädels gemma kicken" des TFV geplant.

Rapid Wien wird bis zum Einstieg der Frauenmannschaft 2024 über die Aktion "SK Rapid Playmakers" den Frauenfußball fördern. Dieses ist Teil des größten Mädchenfußballprojektes Europas, welches von UEFA und Disney entwickelt wurde. Zielgruppe sind Mädchen zwischen fünf und acht Jahren, spielerisch wird rund um die Geschichten von Disney-Charakteren ein Zugang zum Fußball geschaffen.

Prominente Nachzügler

Besonders der Einstieg zweier österreichischer Fußballgrößen sorgte in den letzten Monaten für Aufmerksamkeit rund um den Frauenfußball. Zum einen wird Rapid Wien ab 2024 ein eigenes Frauen-Team stellen - und mit diesem in der untersten Spielklasse starten.

Zum anderen startet auch Liga-Krösus Red Bull Salzburg sein Engagement im Frauenfußball.

Ab der kommenden Saison stellen die Salzburger ein U16-Team, ein Sichtungstermin für potenzielle Spielerinnen fand bereits Anfang Jänner statt. Gespielt wird beim FC Bergheim - in Red-Bull-Trikots. Auch der Staff und das Trainerteam werden von Salzburg gestellt. Ab 2024 soll zudem in Kooperation mit dem FC Bergheim ein U20-Team in der Future League auflaufen.

Dass insbesondere Salzburg so lange Interesse am Frauenfußball vermissen ließ, wurde etwa ÖFB-Teamchefin Irene Fuhrmann im Interview mit "orf.at" kritisiert. "Es steht außer Frage, dass es vor allem im Bundesland Salzburg eine Magnetwirkung hätte, wo ohnehin wenig Möglichkeiten bestehen", so Fuhrmann. Es wäre nur ein Bruchteil des Budgets nötig, um sich an der heimischen Spitze zu etablieren und international aufzuzeigen, meinte sie im September 2022. "Aber es ist eine Entscheidung des Vereins, eine Philosophiefrage. Man sieht bei Rapid, dass es dauert. Aber es dauert mir zu lange."

Salzburg-Sportdirektor Christoph Freund begründete die lange Abstinenz im Frauenfußball gegenüber den "Salzburger Nachrichten" mit dem Fokus, den der Verein auf die Entwicklung der letzten Jahre gelegt habe. "Jetzt fühlen wir uns bereit und sehen auch den richtigen Zeitpunkt, diesen Schritt zu gehen", sagte Freund Ende November.

Die Änderung der Lizenzkriterien dürfte für den richtigen Zeitpunkt wohl auch keine unerhebliche Rolle gespielt haben. Laut Informationen der "SN" soll Salzburg jährlich einen sechsstelligen Betrag in den Frauenfußball investieren.

Die Breite fehlt

Die Breite fehlt
Der FC Bergheim wird auf lange Sicht von Red Bull Salzburg verdrängt werden
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Das Wunschszenario der "Bullen": Ähnlich wie bei den Burschen Spieler zu entwickeln und Erfolge zu feiern. "Unser Ziel ist es, nicht einfach nur dabei zu sein und eine Pflicht zu erfüllen", so Freund. Wie schnell das klappt, wird sich zeigen.

Im Gespräch mit "Salzburg24" haderte Bernd Winkler, der für das Projekt Frauenfußball in Salzburg zuständig ist, etwa mit einem zu kleinen Pool an fußballbegeisterten Mädchen in der Region.

Bergheim-Obmann Gerhard Hofer hofft, dass sich das in den nächsten Monaten ändert: "Natürlich, wir gehen schon davon aus, dass Red Bull durch die Werbewirksamkeit Mädchen dazu ermutigt, mit dem Fußballspielen zu beginnen. Das ist eine ganz andere Hebelwirkung."

Für Bergheim ist die Kooperation nur logisch. Das wird im Gespräch mit Obmann Hofer deutlich. "Grundsätzlich ist es so: Wir haben in den letzten Jahren gemerkt, dass sich der Frauenfußball überall professionalisiert. Was ja eine tolle Sache ist - aber andererseits sind wir dadurch als Dorfverein immer mehr an unsere Grenzen gestoßen", sagt er.

"Die Luft ist immer dünner geworden"

Seitdem der FC Bergheim 2015/16 in die Bundesliga aufgestiegen ist, sei es schwerer geworden. Insbesondere der ÖFB habe den Frauenfußball zunehmend gepusht, immer mehr Kooperationen mit Männer-Bundesligisten kamen auf. "Für uns ist die Luft immer dünner geworden - aber nicht nur für uns", meint Hofer. 

Während andere Vereine Betreuer angestellt haben, wird bei Bergheim weiter ehrenamtlich gearbeitet. Die Infrastruktur eines Vereins aus der Männer-Bundesliga fehlt, auch die Betreuung durch Physios oder Sportwissenschaftler. "Das wird schwierig, das Level zu halten. Natürlich ist es schwieriger für einen Amateurverein als für St. Pölten, Sturm Graz oder Altach."

Die Professionalisierung im Frauenfußball sieht er dennoch durchwegs positiv: "Es ist für den kompletten Frauenfußball sicher das Beste. Für uns ist es aktuell jedes Jahr ein Kampf ums Überleben, keine Frage. Nichtsdestotrotz glaube ich, dass es der einzig gangbare Weg ist, den sich der Frauenfußball verdient hat."

Auch deshalb sei der Einstieg von Red Bull der einzig logische Schritt, wenn der Frauenfußball in Salzburg eine langfristige Zukunft haben soll.

"Die Professionalisierung ist der einzig gangbare Weg, den sich der Frauenfußball verdient hat."

Gerhard Hofer, Obmann FC Bergheim

Die Suche nach dem richtigen Platz

Für den FC Bergheim steht am Samstag (15:00 Uhr) das schwere Heimspiel gegen Altach/Vorderland auf dem Programm. Bereits eine Woche zuvor gab es dieses Duell im Cup, Bergheim war bei der 0:7-Niederlage chancenlos.

Dass in Zukunft statt Bergheim Red Bull Salzburg der Salzburger Vertreter in der Frauen-Bundesliga sein wird, scheint kein großes Geheimnis. 

"Natürlich gehen wir mittelfristig davon aus, dass das Ziel ist, dass Red Bull auch in der Bundesliga vertreten ist", sagt auch Hofer, "wir können uns als FC Bergheim schon vorstellen, dass wir dann in der 2. Bundesliga gut mitspielen - und dass das der richtige Platz für uns sein kann."

Das ist Hofer wichtig: "Dass die Breite so aufgestellt wird, dass jede Mannschaft ihren Platz findet - so, wie es bei den Herren ja auch ist."



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