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"Im Team sagt keiner, dass ich ganz normal bin"

Richard Strebinger über anfänglichen Druck und mentale Entwicklung. LAOLA1-Interview:

Vom Risikofaktor zum Matchwinner und sicheren Rückhalt!

Richard Strebinger hat in seinem ersten Jahr bei Rapid bereits Licht und Schatten erlebt. Bei seiner Ankunft wurde er bereits als neue Nummer eins gefordert, doch der Torhüter stand sich noch selbst im Weg.

"Er macht sich selbst zu viel Druck", meinte im Herbst noch Trainer Zoran Barisic nach Strebingers anfänglichen Patzern und seinem Ausschluss gegen Mattersburg, wodurch ihm den Durchbruch erschwert wurde.

Im Frühjahr präsentiert sich der eben erst 23 Jahre alt gewordene Torhüter verändert, ruhiger und strahlt mentale Stärke aus. Plötzlich ist das Vertrauen in die eigenen Stärken größer als je zuvor, im Sechzehntelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Valencia wird aber viel auf ihn zukommen.

Im LAOLA1-Interview versucht Strebinger diesen Wandel zu erklären, spricht über seine Entwicklung, Förderer und das verpasste Aufeinandertreffen mit dem "positiv verrückten" Tim Wiese.

LAOLA1: Steht mit dem Auswärtsspiel in Valencia das bisher größte internationale Highlight deiner bisherigen Karriere bevor?

Richard Strebinger: Das erste große Highlight will ich jetzt nicht sagen. Gegen Villarreal eingewechselt zu werden oder gegen Minsk waren es auch tolle Spiele. Aber Valencia ist schon eine Riesen-Herausforderung für uns, die wir bestehen wollen. Wir werden alles geben, ein gutes Ergebnis einzufahren.

LAOLA1: Wie groß ist die Anspannung – speziell bei jungen Spielern – vor so einem großen Spiel im Gegensatz zur Bundesliga?

Strebinger: Ich glaube, das ist bei jedem unterschiedlich. Bei mir ist es relativ gleich, wie vor jedem anderen Spiel auch. Mal schauen, wie es kurz vor dem Spiel sein wird. Aber man freut sich natürlich drauf, für diese Spiele ist man Fußball-Profi geworden. Jetzt freuen wir uns darauf, überhaupt diese Chance, dort spielen zu dürfen, bekommen zu haben.



LAOLA1: Wie würdest du dich als Typ beschreiben? Einer, der zum Anpfiff hinfiebert oder der zur Ruhe kommen muss und davor abschalten will?

Strebinger: Ich bin schon eher der ruhigere Typ. Ich denke, dass ich da bewusst zurückschalte. Aber natürlich steigt die Anspannung vor dem Spiel. Das muss auch so sein, denn zu locker zu sein, ist auch nicht gut. Wenn man zum Aufwärmen auf das Feld geht, ist man ohnehin in seinem Modus. Dann ist die Situation sowieso wieder eine andere.

LAOLA1: Du hast dich vor der Reise noch mit Büchern eingedeckt. Ist das deine Methode, um dich vor dem wichtigen Spiel zu entspannen und zu fokussieren?

Strebinger: Ja, genau. Ein bisschen lesen und am Ipad einen Film schauen beim Einschlafen. Das ist meine Vorbereitung, so komme ich am besten zur Ruhe.

LAOLA1: Wie zufrieden bist du mit den gezeigten Leistungen im Frühjahr?

Strebinger: Ich bin der Meinung, dass meine Leistungen andere beurteilen sollen. Ich bin froh, dass wir am Wochenende das Derby gewonnen haben, wir überhaupt in der Bundesliga gut gestartet sind. Das ist wichtig für das Selbstvertrauen. Die Cup-Niederlage war sicherlich unnötig. Wir sind aber noch in zwei Bewerben drin. Gegen Valencia geht die Europa League in die nächste Runde und auch dort wollen wir unsere Spiele erfolgreich bestreiten.

LAOLA1: Du strahlst mittlerweile eine Selbstverständlichkeit und Sicherheit aus, welche dir im Herbst noch gefehlt hat. Wie kam es zu diesem Wandel?

Strebinger: Dafür sind mehrere Faktoren verantwortlich. Ich arbeite seit Sommer regelmäßig mit einem Mentaltrainer zusammen, das hat mich sicherlich ein bisschen ruhiger werden lassen. Es ist aber auch das Vertrauen von den Trainern und Mitspielern. Das ist so ein Gesamtpaket, das ausschlaggebend ist. Es freut mich, dass es nach außen so wirkt. Ich glaube, ich war vorher auch schon entspannter als es vielleicht gewirkt hat. Ich freue mich, dass ich mit meinen Leistungen dazu beitragen kann, dass wir erfolgreich sind.

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LAOLA1: Trainer und Sportdirektor haben im Herbst noch betont, dass du dich zu sehr unter Druck setzt. Hast du das selbst so wahrgenommen?

Strebinger: Es ist möglich, aber viel mehr geht es doch um die jetzigen Spiele und Leistungen. Ich beschäftige mich nicht mehr so mit dem Herbst. Vielmehr will ich jetzt das Beste für die Mannschaft herausholen, damit wir Erfolge feiern und an das Derby anknüpfen.

LAOLA1: War es trotzdem eine mentale Herausforderung für dich, plötzlich nach dem Ausfall von Jan Novota von null auf hundert funktionieren zu müssen?

Strebinger: Darüber will ich gar nicht mehr reden. Ich kann auch gar nicht mehr beurteilen, wie ich mich damals gefühlt habe. Für mich zählt das Hier und Jetzt, ich freue mich jetzt einmal auf Valencia. Da werden wir alles geben.

LAOLA1: Anders gefragt: Hast du trotz anfänglicher Schwierigkeiten an deine Stärken und Qualitäten geglaubt und nicht aufgegeben?

Strebinger: Genau! Über den Herbst kann sich jeder selber ein Bild machen, wie es gelaufen ist. Dass die Spiele im Frühjahr bisher besser verlaufen sind, sieht auch jeder. Aber wichtig ist der Erfolg der Mannschaft. Da ist es egal, ob ich stark oder weniger stark halte. Wichtig ist, dass wir am Ende drei Punkte holen oder eine Runde weiter kommen.

LAOLA1: Pushen einem besondere Paraden, wie etwa der dreifache Save gegen den WAC, wo gleich die Faust da war, aber doch besonders?

Strebinger: Sicher, das gibt noch einmal zusätzliches Selbstvertrauen. Aber das sind Bälle, die man mit gewissen Reflexen hält. Aber die kommen vielleicht zwei, drei Mal im Jahr vor. Ich habe meinen Teil dazu beigetragen, dem Team zu helfen. Aber im Endeffekt haben die Jungs vorne das für uns gerichtet.

LAOLA1: Gibt es Personen, denen du in deiner Karriere sehr viel verdankst, die als Mentor agiert und dich gefördert haben?

Strebinger: Auf jeden Fall meine Eltern, die mich früher zu jedem Training und Spiel geführt haben auch zuschauen waren. Mit meinem Vater rede ich heute noch täglich über die Trainings und Matches. Auch meine Frau ist eine Riesen-Unterstützung für mich, ist auch bei jedem Spiel, manchmal sogar beim Training dabei und fiebert mit.



LAOLA1: Wie sieht es von der Trainerseite aus in deiner Entwicklung zum Profi-Torhüter?

Strebinger: Eigentlich waren bisher alle wichtig. Man lernt von jedem etwas dazu. Als Torhüter natürlich speziell von den Tormann-Trainern. Da war es sicher von Vorteil, dass ich schon bei unterschiedlichen Vereinen gespielt habe und ich von unterschiedlichen Trainern das mitnehmen konnte, was ich für mich selber als wichtig erachtet habe. Ich würde jetzt keinen Coach speziell hervorheben, aber es hat sicher jeder seinen Teil beigetragen.

LAOLA1: Welchen Stellenwert haben dadurch die Auslands-Engagements schon in jungem Alter für dich und deine Entwicklung gehabt?

Strebinger: Ich kann nicht sagen, wie es gewesen wäre, wenn ich in Österreich geblieben wäre. Aber im Endeffekt würde ich es genauso wieder machen. Diese Erfahrungen kann mir keiner mehr nehmen.

LAOLA1: War Werder Bremen trotzdem jener Verein, wo du mit Abstand den größten Schritt nach vorne gemacht hast?

Strebinger: Mit Sicherheit! Dort habe ich meinen ersten Profivertrag unterschrieben und bin zu den ersten Einsätzen in der deutschen Bundesliga gekommen. Am Ende liegt es aber an sich selbst, dass man sich motiviert und im Training Gas gibt, um besser zu werden. Die Trainer sind ein Hilfsmittel, aber man muss selbst konsequent und professionell leben.

LAOLA1: Wie schade ist es im Nachhinein, dass du bei Werder damals mit Tim Wiese eine große Torwart-Persönlichkeit knapp verpasst hast?

Strebinger: Ja, er ist damals gerade nach Hoffenheim gewechselt, wie ich zum Verein gekommen bin. Und Tim Wiese war tatsächlich eine Persönlichkeit, vor allem in Bremen.

LAOLA1: Was denkst du dir, wenn du heute Bilder von ihm siehst und diese mit seinen glorreichen Zeiten als Torhüter vergleichst?

Strebinger: Dass er schon in seiner Fußballer-Karriere eigen, ich würde ihn sogar als „positiv verrückt“ bezeichnen, war, hat jeder gewusst – wohl auch er selbst. Jetzt taugt ihm halt das Bodybuilding, aber jedem das Seine. Besser, als auf der Couch zu vergammeln, ist es allemal.

LAOLA1: „Positiv verrückt“ zu sein, wird Torhütern öfter einmal nachgesagt. Hast du auch diese Seiten, muss man als Keeper so sein?

Strebinger: (lacht) Ich glaube, in der Mannschaft sagt auch keiner, dass ich ganz normal bin. Vielleicht gehört es dazu, das kann schon sein. Im Endeffekt geht es darum, dass ich die Bälle halte. Ob man dann verrückt ist oder normal, ist dann egal.


Das Gespräch führte Alexander Karper


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