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Reiter: "Wir planen nicht Resultate"

Wie Salzburg Vor-Reiter sein will. Geschäftsführer im LAOLA1-Interview:

Reiter: Foto: © GEPA

Seit 1. Februar 2017 ist Stephan Reiter Geschäftsführer Commercial beim FC Red Bull Salzburg und leitet mit Sportchef Christoph Freund die Geschicke des Serienmeisters.

Am vergangenen Donnerstag musste der 46-Jährige beim 2:4 in Rom die erste Europacup-Niederlage in Amt und Würden einstecken, dazu einen Vorfall auf der VIP-Tribüne aufarbeiten.

Perspektivisch arbeitet der Pongauer, der früher für Coca Cola und Amersports arbeitete, daran, den Klub auch abseits des Sportlichen weiterzubringen.

Im LAOLA-Interview spricht Reiter über diesbezügliche Initiativen, die Fans ins Stadion zu holen und warum der Oberrang kommende Saison für 600 Zuschauer offen bleibt.


In der letztwöchigen Ausgabe von "LAOLA1 On Air - Der Sport-Podcast" ging es um den italienischen Fußball. Gibt es in Italien auch einen Red-Bull-Hass? Wie bereitet sich Andre Ramalho auf das Duell mit Ciro Immobile vor? Wie ist es in einem kuriosen Sommer dazu gekommen, dass Inzaghi überhaupt Lazio-Trainer wurde? Hier anhören:


LAOLA1: Die Niederlage in Rom war auch Ihre erste Europacup-Niederlage in Amt und Würden. Wie haben Sie als Geschäftsführer Commercial diese verarbeitet?

Stephan Reiter: Sachlich. Es war gefühlt die zweite Niederlage, nachdem wir ja in Rijeka (CL-Quali, Anm.) bitter ausgeschieden sind, dort ein klares Tor nicht gegeben wurde. Die Niederlage in Rom war sicher eine neue Erfahrung, auf der anderen Seite überwiegt das Positive. Dort dabei gewesen zu sein, die Emotionen vor Ort zu erleben, die Leidenschaft unserer Mannschaft war beeindruckend. Die Art und Weise war aufgrund der beiden Gegentore am Ende natürlich etwas ärgerlich. Im italienischen Fernsehen liefen sie in einer Endlosschleife und ich habe sie oft gesehen, ehe ich eingeschlafen bin. Aber es war eine tolle Erfahrung und die Freude überwiegt, weil es sich hier ja auch um ein Viertelfinale handelt. Natürlich gab es bei den Spielern eine Enttäuschung, aber die ist schnell gewichen. Es ist vieles möglich, wie man auch bei Roma gegen Barcelona wieder gesehen hat.

LAOLA1: Im Stadio Olimpico gab es vergangene Woche auch einen Vorfall auf der VIP-Tribüne (Hier nachlesen!). Wie wurde dieser aufgearbeitet?

Reiter: Ich war in der Nähe und es war einfach eine aufgeheizte Stimmung. Wir haben das aufgearbeitet, mit unseren Gästen besprochen, wie es dazu kam. Aber wir haben uns hier nichts vorzuwerfen. Die Erfahrungen, die wir bislang mit internationalen Top-Vereinen hatten, waren professioneller als der Umgang mit uns in Rom.

LAOLA1: Sie haben zuvor die gefühlte Niederlage in Rijeka angesprochen. Tat die mehr weh?

Reiter: Es war sportlich eine Ungerechtigkeit, wirtschaftlich hat einfach das Ausscheiden vor dem Playoff wehgetan. Wir budgetieren nicht mit der UEFA Champions League, aber mit der Europa-League-Gruppenphase und dem Playoff zur Champions League, das einen Impact von 2,5 bis 3 Millionen Euro hat. Diese Summe gab es letztlich wegen eines ungerechtfertigten Pfiffs nicht. Aber es hat sich ja glücklicherweise relativiert (lacht). Bislang haben wir rund zehn Millionen Euro inklusive Solidaritätsbeitrag über die UEFA Europa League eingenommen. Wir sind also über dem Budget, weil mehr als die Gruppenphase wird bei uns nicht eingeplant, die weiteren Spiele bis jetzt sind eine Draufgabe.

LAOLA1: Was passiert nun mit dem Geld?

Reiter: Wir haben mit rund sechs Millionen Euro aus der Gruppenphase geplant, bleiben also "nur" noch vier. Aber dafür kommen noch die Erträge zweier ausverkaufter Heimspiele hinzu. Das sind Umsätze knapp im siebenstelligen Bereich, die auch nicht budgetiert wurden. Was auch einen Wert hat, ist, dass wir aufgrund dieser Erfolge attraktiver für junge Spieler, die bei uns ihren Weg gehen können, werden. Das kommt in Europa nicht so oft vor, dass Talente Titel gewinnen und gleichzeitig auch die Möglichkeit zu haben, international zu spielen, dort Erfahrung sammeln und sich so auch ins Rampenlicht zu spielen. Diese mittelfristige Entwicklung sehen wir sehr positiv, weil sich auch die Transferwerte unserer Spieler und die Attraktivität des Vereins erhöhen. Das Geld werden wir erneut in junge aber auch erfahrene Spieler sowie in die Infrastruktur und in das Spieltagserlebnis investieren.

In den vergangenen Jahren hat sich das einfach sehr schnell entwickelt und auf diesem Weg haben wir den einen oder anderen Fan oder Interessierten nicht so mitnehmen können. Jetzt sind wir da offensiver, haben uns ganz klar ein Leitbild und eine Vision zurechtgelegt und exekutieren das auch.

LAOLA1: Vielleicht sogar mehr als sonst in erfahrenere Spieler, weil die Chance auf die Champions League nach der kommenden Saison so groß wie nie ist?

Reiter: Wir verfolgen konsequent unseren Weg, unsere Vision heißt "Fußball von morgen" und das wird sich nicht ändern, auch wenn es einen Fixplatz in der Champions League geben sollte. Sollte dem in einem Jahr so sein, hat man sicher die Möglichkeit, in der Kaderplanung das eine oder andere zu berücksichtigen, nämlich Spieler zu halten. Aber wir werden unseren Weg sicher weiterverfolgen. Unser Ziel ist es weiterhin Meister zu werden, den Cup zu gewinnen und auch kommende Saison zumindest wieder in der Europa League spielen. Wir planen nicht Resultate, sondern Initiativen, die uns zu Resultaten bringen sollen.

LAOLA1: Wie schauen solche Initiativen aus?

Reiter: Das geht los mit "Treue wird belohnt", um Dauerkarten-Besitzer zu bevorteilen. Es gibt aktuell ja keinen im Stadion, der eine Dauerkarte hat, und nicht zumindest zwei Karten für die Spiele gegen Dortmund oder Lazio bekommen hat. Das haben wir konsequent durchgezogen. Wer gegen Rapid oder den WAC zum Match kommt, soll auch international dabei sein können. Außerdem werden wir den Rasen sowie den Unterbau in der Red Bull Arena und auch das Zutrittssystem komplett erneuern. Eine weitere Initiative ist eine neue Stadion-App mit exklusivem Content für Matchbesucher, die den Stadionbesuch zusätzlich aufwerten soll. Und natürlich ganz wesentlich ist die Kaderplanung im sportlichen Bereich, die wir konsequent nach dem "heute für morgen"-Prinzip weiterführen wollen.

LAOLA1: Bei Ihrem Amtsantritt gaben Sie als Ziel aus, das Profil des Vereins schärfen zu wollen. Wo steht der Verein? Wo soll er noch hingeführt werden?

Reiter: Wir haben uns zu unserem Weg ganz klar committed. Wir wollen der innovativste Fußball-Verein Österreichs sein und stehen für den "Fußball von morgen". In den vergangenen Jahren hat sich das einfach sehr schnell entwickelt und auf diesem Weg haben wir den einen oder anderen Fan oder Interessierten nicht so mitnehmen können. Jetzt sind wir da offensiver, haben uns ganz klar ein Leitbild und eine Vision zurechtgelegt und exekutieren das auch. Jeder Mitarbeiter, der bei uns im Verein anfängt, mit dem gehen wir das auch durch. Wir wissen von einer Nielsen-Umfrage der Bundesliga, dass es in Österreich zwei Millionen Menschen gibt, die Fans von Red Bull Salzburg oder an uns zumindest interessiert sind. Die sind auf das ganze Land verteilt, aber es sind mehr als bei jedem anderen Klub. Die Herausforderung ist, diese Fans auch für einen Stadion-Besuch zu begeistern.

Ich weiß von vielen, dass sie gerne Karten für die Spiele gegen Dortmund und Lazio gehabt hätten, aber keine Dauerkarte hatten. Diese Treue der anderen wurde belohnt und ich kann mir schon vorstellen, dass der aktuelle Erfolg und auch die eventuelle Chance, mit einem Titel nach der nächsten Saison in der UEFA Champions League zu spielen, ein Antrieb sein kann, wieder ins Stadion zu kommen.

LAOLA1: Wie soll das gelingen?

Reiter: In erster Linie muss man sehen, dass wir einfach eben österreichweit viele Fans haben. Deswegen sprechen wir von einer Fan-Community. Wir haben etwa die meisten Facebook-Fans und wissen, wie viele wir damit erreichen. Der Verein interessiert und wir wollen diese Menschen mitnehmen und ins Stadion bringen. Das ist aber schwer zu planen. Aber es gibt viele Aktivitäten rund um den Spieltag, wir haben die Fan-Betreuung neu aufgestellt und sind nun viel enger im Austausch mit unseren Fanklubs. Wir planen am 14. Juli einen Tag der offenen Tür im Stadion und in der Akademie, bei dem man alles aus der Nähe sehen und sich auch mit den Spielern unterhalten kann. Wir wollen unseren Fans die Fußballwelt des FC Red Bull Salzburg auf diese Weise näher bringen. Ich denke auch, dass die Bundesliga-Reform für zusätzliche Attraktivität sorgen wird. Ich weiß von vielen, dass sie gerne Karten für die Spiele gegen Dortmund und Lazio gehabt hätten, aber keine Dauerkarte hatten. Diese Treue der anderen wurde belohnt und ich kann mir schon vorstellen, dass der aktuelle Erfolg und auch die eventuelle Chance, mit einem Titel nach der nächsten Saison in der UEFA Champions League zu spielen, ein Antrieb sein kann, wieder ins Stadion zu kommen. Übrigens starten wir am Donnerstag unsere Dauerkarten-Aktion für die Saison 2018/19.

LAOLA1: Der Oberrang wird ab kommender Saison bis auf einen Sektor geschlossen. Was sind die Gründe dafür?

Reiter: Unser Stadion fasst rund 30.000 Zuschauer und ist fantastisch, wenn es ausverkauft ist. Aber es ist alleine von unserem Einzugsgebiet her nicht möglich, das Stadion ständig zu füllen. Wenn wir alles richtig machen und die Ligareform einschlägt, dann kommen wir wieder auf einen Schnitt von 8.000 bis 10.000 Zuschauern. Da können wir mit dem bestehenden Unterrang ein tolle Kulisse und bis zu 18.000 Plätze bieten. Deswegen haben wir uns für die neue Saison dazu entschlossen, den Oberrang für das Tages-Ticketing zu sperren. Aber auch hier wird sich Treue lohnen, denn aufgrund des erhaltenen Feedbacks werden wir oben einen Sektor für 600 Dauerkarten-Besitzer offen halten.

LAOLA1: Wann kommen wieder mehr Fans, die hinter dem Tor stehen? Da gingen doch einige verloren.

Reiter: Das stimmt, aber ich denke, dass wir da mit unseren Erfolgen und unserer Fan-Arbeit wieder aufbauen können. Wir haben vor etlichen Jahren klare Schritte gesetzt und uns bewusst von vielen Fans getrennt. Wir arbeiten weiter daran, dass sich die Fans und die Fanklubs untereinander verstehen und von der Sache begeistert sind, aber nicht ins Stadion kommen, um andere Dinge auszutragen. Wir sind ein familienfreundlicher Klub mit einem ebensolchen Stadion und haben uns von anderen Dingen verabschiedet. Zu dem stehen wir auch, wir wollen keine Gewalt im Stadion.


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