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Kühbauers Rotation mit Kalkül

Rotation mit Konzept und taktischem Plan geht bei Rapid auf. Doch wie lange noch?

Kühbauers Rotation mit Kalkül Foto: © GEPA

Die Spieler des SK Rapid wissen derzeit nicht woran sie sind – aus einem speziellen Grund.

Auch vor dem Sechzehntelfinal-Rückspiel bei Inter Mailand (Do., 21 Uhr im LIVE-Ticker, bei DAZN und Puls 4) kann sich keiner sicher sein, aktiv an der Aufholjagd nach dem 0:1 im Hinspiel teilnehmen zu dürfen. Wettquoten

Trainer Didi Kühbauer will es so. Der 47-jährige Burgenländer hat die Rotation auf ein neues Level gehoben, schärft somit den Konkurrenzkampf und hält sich die Startelf- und Kaderentscheidungen lange Zeit offen.

„Sie wissen gar nichts im Moment“, verriet der Chefbetreuer noch vor dem Abflug in die italienische Modestadt seine „Taktik“. „Ich bin keiner, der schon drei Tage vorher was sagt. Die Spannung muss man schon aufbauen. Es weiß jetzt definitiv kein Spieler, ob er spielt oder nicht. Das ist mir sehr wichtig, dass man das sehr kurzfristig macht. Wenn man es so früh sagt, kriegt man einen Flow, den wir nicht brauchen.“

Rotation mit Konzept – 19 eingesetzte Profis in zwei Frühjahrsspielen

Bisher fand die Rotation gut durchdacht, mit Konzept, auf den Gegner abgestimmt und mit Weitsicht auf die kommenden Aufgaben statt. Im Hinspiel gegen Inter setzte Kühbauer auf defensiv laufstarke Spieler, welche die Räume schlossen und in der Rückwärtsbewegung ihre Vorzüge hatten. Dabei nahm er keine Rücksicht auf Namen wie Philipp Schobesberger, Thomas Murg oder Christoph Knasmüllner, die nur die Bank hüteten, oder die Tribünengäste Deni Alar und Andrija Pavlovic.

Nur drei Tage später war schon wieder alles anders. Im Cup-Viertelfinale gegen Hartberg war eine weitaus offensivere Variante zielführend, da war Rapid am Ball und beim Chancen-Kreieren gefordert, sechs Veränderungen machten den strategischen Masterplan perfekt. Mateo Barac etwa, im Herbst noch phasenweise gesetzt, wurde gleich zwei Mal nicht im Kader berücksichtigt.

Nun stellt sich im Rückspiel gegen Inter erneut die Frage, wie viel Rotation Rapid verträgt. Versickert der ständige Wechsel, wenn es dann mal in der Liga mehrmals hintereinander gegen Nachzügler geht, die den Ball nicht haben wollen? Oder wenn nach Inter gegen RB Salzburg ebenfalls die Offensivvariante bitter bestraft werden könnte? Und kann man Doppeltorschützen wenige Tage nach ihrem Erfolgserlebnis schon wieder ignorieren?

Aufstellung gegen Inter (h)

Fragen über Fragen, die nur von Kühbauer und seinem Staff beantwortet werden können. Die Gesamtbilanz des Chefbetreuers spricht eine klare Sprache. Bei Rapid setzte der Chefbetreuer insgesamt 23 Spieler ein, im Frühjahr alleine waren es in den bisherigen zwei Spielen bereits 19 Spieler – eine Mega-Quote, die noch vor wenigen Monaten unvorstellbar gewesen wäre.

Kaum Verletzte machen es möglich, Unzufriedenheit als Motivation?

Das Verletzungspech meinte es in der Vergangenheit nicht gut mit den Grün-Weißen. Doch aktuell haben die Hütteldorfer so etwas wie ein Luxusproblem und gehen fast in Bestbesetzung ins Frühjahr. Ausnahmen sind der Dauerpatient Tamas Szanto, der schon wieder verletzte Christopher Dibon und Ivan Mocinic, der noch verliehen werden soll.

„Es ist grundsätzlich gut, wenn der Großteil des Kaders fit ist, weil der Trainer mehr Optionen hat. Das Trainerteam denkt sich auf jeden Fall was dabei, wie es aufstellt. Gegen Hartberg haben wir sechs neue Spieler am Platz gehabt. Da hat man überhaupt nicht gemerkt, dass wir nicht eingespielt wären. Das war von Anfang an sehr gut. Und auch die Mannschaft, die gegen Inter am Platz steht, wird genau die richtige sein“, findet Torhüter Richard Strebinger Gefallen an der derzeitigen Hin- und Hertauscherei.

Der Schlussmann hat leicht reden, fiel er der Rotation doch bisher nicht zum Opfer. Anderen wiederum war der Unmut schon anzusehen. „Schobi“ äußerte sich unzufrieden, Murg gab etwa seine Antwort auf die Jokerrolle gegen Inter mit einem Doppelpack gegen Hartberg. Ebenso wie Andrija Pavlovic, der das erste Duell mit den Italienern sogar nur auf der Tribüne miterleben durfte.

„Als Trainer ist so eine Situation nicht schön, aber andererseits ist es einfach so, dass ich wenige Verletzte habe und dass jeder spielen will. Das ist dann die Arbeit des Trainers, die nehme ich an – auch wenn es oft schwere Entscheidungen sind. Das ist Part of the Game – man kann halt nur 18 Spieler auf die Kaderliste setzen. Wer nicht dabei ist, darf nicht den Fehler machen, den Kopf hängen zu lassen“, sprach Kühbauer vor dem Gastspiel im San Siro von LAOLA1 darauf angesprochen über die aktuelle Personalsituation.

Trotz Doppelpack-Erlebnis beim nächsten Mal wieder auf der Bank?

Taktisch gingen die Entscheidungen auf. Mit der Defensive als Trumpf hielt Rapid gegen Inter mit, gegen Hartberg sammelte die Offensive mit fünf Toren Selbstvertrauen – eine Win-Win-Situation.

Doch ist es nun möglich, Doppeltorschützen wie Pavlovic oder Murg gegen Inter nicht zu bringen, sie zu ignorieren und im Sinne der defensiven Kompaktheit auf die Bank zu setzen?

Aufstellung gegen Hartberg (h)

Kühbauer musste grinsen, möglicherweise weil er die Aufstellung schon im Kopf hatte – mit oder ohne beiden, oder einem davon. Im Prinzip klingt jedoch durch, dass es in einem neuen Spiel eine neue Chance gibt und andere Kriterien einzuhalten sind. Somit wäre es durchaus möglich, dass die Doppel-Torschützen nun auf die Ersatzbank wandern.

„Dann ist es halt für den Spieler nicht schön, aber grundsätzlich gehe ich ja nicht nach persönlichen Gründen, sondern was Rapid in dem Moment am besten tut. Da geht es jetzt nicht um zwei oder drei Tore – das ist schön für die Spieler, das hilft eh jedem. Aber wir spielen gegen Inter Mailand und da ist die Kompaktheit der Mannschaft das Entscheidende“, rechtfertigt sich der Coach.

Kapitän Stefan Schwab sah diese Entwicklung unmittelbar nach dem Aufstieg gegen Hartberg sehr positiv für die Zukunft: „Es zeigt, dass wir eine Mannschaft sind. Alar und Pavlovic waren gegen Inter gar nicht im Kader, heute brauchte es ein anderes Spielerprofil, ein anderes Spielerformat und dann spielt ein anderer von Beginn an, der andere kommt rein. Sie haben den Kopf nicht hängen lassen und haben einfach gezeigt, dass man solche Entscheidungen verkraften muss.“

Ein Stürmer, der Position ähnlich spielt wie Berisha?

Gegen die "Nerazzurri" sorgen gewisse Umstände dafür, dass ohnehin gewechselt werden muss, denn der in Wien von Anfang an spielende Berisha fehlt in Mailand gelbgesperrt.

Mögliche Aufstellung bei Inter (a)

Defensiv werden wohl vor Strebinger Potzmann, Sonnleitner, Max Hofmann und Bolingoli auflaufen, davor sollen mit Dejan Ljubicic und Srdjan Grahovac zwei Defensiv-Rackerer zentral die Löcher stopfen. Kapitän Stefan Schwab agiert offensiver als sonst, sorgt aber auch defensiv für ein Übergewicht in einer sehr entscheidenden Zone.

Drei Positionen sorgen aber für Spannung, weil die richtige Mischung zwischen Kompaktheit und Risiko gewählt werden muss – schließlich muss ein 0:1 aufgeholt werden. Die Aufstellung des noch unerfahrenen Manuel Thurnwald im rechten Mittelfeld würde doch überraschen, wenn Murg dadurch nicht in der Startelf wäre – trotz defensiver Vorteile. Und links könnte wieder Andrei Ivan starten, oder Philipp Schobesberger, wenn dieser nicht Stürmer spielt. Das wird darauf ankommen, ob Kühbauer dem Man of the Match gegen Hartberg, Pavlovic, die Rolle an vorderster Front anvertraut oder nicht.

„Es ist halt jetzt so, dass er gesperrt ist“, meint Kühbauer bezugnehmend auf Berishas Fehlen, der für ihn die größten Stärken im Anlaufen der Gegner mitbringt. „Aber wir werden einen anderen finden. Es geht nicht nur ums Anlaufen. Natürlich sollte es einer sein, der es lenken kann, aber es wird diese Position jemand ähnlich spielen.“ Das schnelle Umschalten und das Suchen der Tiefe spricht für Schobesberger, das Bälle sichern und das Team dadurch nachrücken zu lassen für Pavlovic.

Wie lange ist die totale Rotation weiter umsetzbar?

Unzufriedenheit macht sich bisher kaum breit. Schließlich funktioniert das 2-Mannschaften-Prinzip. Auch wenn es in Deutschland noch intensiver umgesetzt wird, erinnert es ein wenig an RB Leipzig.

Ralf Rangnick ließ zwei fast unterschiedliche Teams die Liga bzw. Europa League bestreiten. Soweit wird es bei Rapid eher nicht kommen. Interessant wird aber, wie man auf spielerisch ähnlich agierende Gegner im Wochenrhythmus reagieren wird, wenn gegen tiefstehende Gegner Ballbesitz und offensive Kreativität gefragt sind – sowie in den meisten Fällen der Bundesliga.

Rapid steht vor einer Grundsatzentscheidung und hat die Qual der Wahl. „Wir haben einfach einen breiten Kader. Der Trainer hat es schon angesprochen, dass es im Moment ein ausgeglichener Konkurrenzkampf ist, dass keiner vom anderen meilenweit entfernt ist, sondern dass er auf jeder Position mehrere Möglichkeiten hat. Es ist wichtig, dass wir da jetzt dranbleiben, dass jeder in der Mannschaft spielen und im Training reinhauen kann – dann bleibt der ‚Gesamtzug‘ einfach drinnen“, äußerte sich Kapitän Stefan Schwab nach dem 5:2-Sieg gegen Hartberg zu der Causa.

Der Anreiz, dass man nichts geschenkt kriegt und sich jeder für die Startelf qualifizieren kann, stellt den entscheidenden Punkt in Kühbauers Überlegungen dar. Es forciert nicht nur den Konkurrenzkampf, sondern motiviert die Spieler, bis zur Startelf-Entscheidung nicht nachzugeben. Selbst für Tribünenhocker kann es schnell gehen, wie die letzten Spiele bewiesen haben. Eine Rotation mit Konzept – auch wenn die Spieler nicht wissen, woran sie sind.


Diese Spieler setzte Kühbauer als Rapid-Trainer (seit 1. Oktober 2018) in Pflichtspielen ein:

Spieler Einsätze Tore
Richard Strebinger 17 0
Stefan Schwab 17 0
Boli Bolingoli 17 0
Thomas Murg 16 4
Christoph Knasmüllner 15 2
Dejan Ljubicic 15 1
Mario Sonnleitner 13 3
Marvin Potzmann 13 1
Mert Müldür 13 1
Andrei Ivan 12 0
Manuel Martic 12 0
Veton Berisha 11 2
Deni Alar 11 0
Andrija Pavlovic 10 4
Mateo Barac 10 0
Christopher Dibon 9 0
Philipp Schobesbeger 8 1
Maximilian Hofmann 5 1
Stephan Auer 5 0
Manuel Thurnwald 4 0
Jeremy Guillemenot 2 0
Srdjan Grahovac 1 0
Philipp Malicsek 1 0
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