Es war schon gespenstisch.
Den Innenraum des Allianz-Stadions an einem Europa-League-Abend zu betreten, hat normalerweise durchaus seinen Reiz. Mit dem Vorwissen, welche Europacup-Schlachten an diesem Ort und einst im Hanappi-Stadion geschlagen wurden, stellte sich diesmal aber schnell Ernüchterung ein.
Obwohl man vorgewarnt war. Obwohl man wusste, dass zum großen Highlight gegen den FC Arsenal nur 3.000 statt der sonst international zugelassenen 24.000 Besucher auf den Tribünen Platz nehmen werden. Obwohl man wusste, dass die Grün-Weißen die Heimstätte mehrmals voll gekriegt hätten. Obwohl man wusste, welches Non-Profit-Match bevorsteht – die minimalen Einnahmen an diesem Matchtag waren weit von einer Win-Win-Situation entfernt.
Wer jedoch am meisten darunter litt, waren die Spieler auf dem Platz, die mit dem Boost des zwölften Manns in der Vergangenheit immer wieder bewiesen haben, was alles möglich ist. Das schafften sie phasenweise auch so gegen die Millionentruppe von der Insel, die nicht in Bestbesetzung auflief. Für 50-Millionen-Neuzugang Thomas Partey von Atletico Madrid könnte man jedoch mehrfach den kompletten Rapid-Kader kaufen.
Stars wie David Luiz, Alexandre Lacazette, Nicolas Pepe oder der eingewechselte Pierre-Emerick Aubameyang standen trotzdem auf dem grünen Rasen in Wien-Hütteldorf. Und trotzdem hatte es zumindest anfangs den Flair eines Freundschaftsspiels, bei dem sich das Interesse in Grenzen hält und der Gegner nicht unbedingt übermotiviert auftritt. Viel Lust verspürte der frischgebackene FA-Cup-Sieger irgendwie nicht. Obwohl die glorreichen Zeiten unter Arsene Wenger, mit den Invincibles in der Saison 2003/04, mit Größen wie Thierry Henry oder Dennis Bergkamp oder dem Champions-League-Finale 2006 gegen den FC Barcelona lange zurückliegen, gehören die Gunners weiterhin zur Creme-de-la-Creme des internationalen Fußballs.
Eine dementsprechende Stimmung hätte sich dieser Kracher durchaus verdient. Es gibt wohl niemanden, der sich nicht eine passende Kulisse gewünscht hätte. Das soll keinesfalls als Kritik an den anwesenden Fans verstanden werden, Corona machte jedoch das Spiel des Jahres zum Highlight voller Tristesse. Die spärlich besetzte Osttribüne schrie sich den Leib aus der Seele und klatschte. Mit Einzelaktionen wurde dann sogar die VIP-Tribüne angesteckt, denn es lag durchaus Europacup-Flair in der Luft. Das merkte man beim 1:0-Treffer von Taxiarchis Fountas. Die Freude und der Jubel waren zu spüren, in einem ausverkauften Haus wäre jedoch sprichwörtlich das Dach weggeflogen.
In einem Stadion, das man extra so groß baute, um solche magischen Momente hautnah in heimischen Gefilden zu erleben und nicht ausweichen zu müssen, war dies jedoch mehr ein Lüftchen als der große Sturm, der unter normalen Umständen geweht hätte. Gespenstisch war es allemal – aber was ist das in Zeiten wie diesen nicht?