Vor drei Jahren übernahm am 25. Mai 2022 ein Konsortium um US-Geschäftsmann Todd Boehly für fünf Milliarden Euro den FC Chelsea.
Zuvor hatte Ex-Eigentümer Roman Abramovich 19 Jahre lang das Sagen. Am 1. Juli 2003 kaufte er den Klub für 140 Millionen britische Pfund.
Der Oligarch stand wegen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine und seiner Nähe zu Präsident Wladimir Putin auf der britischen, sowie der EU-Sanktionsliste, weshalb er sein geliebtes Projekt aufgeben musste.
Unter dem Russen etablierte sich Chelsea zu einem europäischen Spitzenklub. Mit Boehly hat eine neue Zeitrechnung der "Blues" begonnen.
Doch wie hat sich der FC Chelsea seither entwickelt? Welche Unterschiede zur Abramovich-Ära lassen sich erkennen?
LAOLA1 liefert die wichtigsten Fakten im Vorfeld des Finales der UEFA Conference League, in dem Chelsea in Breslau auf Betis Sevilla trifft (ab 21:00 Uhr im LIVE-Ticker).
Abramovich legte vor – Boehly übertraf alles
Wenn man an den FC Chelsea denkt, dann kommen einem die hohen Transferausgaben in den Sinn.
Blicken wir auf die ersten drei Jahre unter Abramovich zurück, in denen der Russe 427,6 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben hat. Seine Gesamtausgaben für Transfers belaufen sich auf 2,34 Milliarden Euro.
(HINWEIS: alle Zahlen basieren auf Werte von Transfermarkt)
Hernan Crespo, Juan Sebastian Veron, oder Claude Makelele - eine kleine Auswahl an großen Namen, die im Sommer 2003 den Weg zum FC Chelsea fanden.
Hingegen eskalierte Boehly, gemeinsam mit Behdad Eghbali (Mitgründer von Clearlake Capital - mit einem Anteil von 61,5% Mehrheitseigentümer), in seiner ersten Transfersaison komplett.
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2022/23 gab der US-Amerikaner mehr Geld aus, als es Abramovich in seinen ersten drei Jahren tat - 630,25 Mio. Euro waren es an der Zahl. Kaliber wie Raheem Sterling, Kalidou Koulibaly oder Pierre-Emerick Aubameyang kamen, konnten den Erwartungen aber nicht gerecht werden.
Transferentwicklung in den ersten 3 Jahren
Ausgaben | Einnahmen | Saldo | |
---|---|---|---|
Abramovich | 427,60 Mio. € | 38,85 Mio. € | -388,75 Mio. € |
Boehly | 1,37 Mrd. € | 581,96 Mio. € | -555,04 Mio. € |
Jugend forscht: Chelseas neue Strategie
Bei Abramovich waren Transfers von Spielern aus Großklubs geläufig, während Boehly auf junge, aufstrebende und unerfahrene Talente setzt.
Makelele (Real Madrid), Didier Drogba (Marseille), Ricardo Carvalho, Paulo Ferreira (beide Porto) - eine Auswahl an gestandenen Spielern aus der Frühphase der Abramovich-Ära, die nach Chelsea wechselten. Auch ein Petr Cech (Stade Rennes) reifte in London zum Weltklassetorhüter.
Dafür mussten frühere Leistungsträger wie Ed de Goey, Graeme Le Saux oder Gianfranco Zola weichen. Sie erreichten ihren Zenit, ein Umbruch fand schon damals an der Stamford Bridge statt.
Vergleichsweise ist der Umbruch unter Boehly auf einem anderen Level. In dieser Saison stellte Chelsea mit einem durchschnittlichen Startelf-Alter von 24 Jahren und 36 Tagen einen neuen Rekord in der Premier League auf.
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Junge Spieler besitzen Langzeitverträge mit Laufzeiten von bis zu zehn Jahren, was einen finanziellen Kniff zum Hintergrund hat. Ablösesummen werden über die gesamte Vertragslaufzeit des Spielers in der Bilanz abgeschrieben.
Somit belasten hohe Transferausgaben den Verein bei einer möglichst langen Vertragslaufzeit entsprechend weniger. Eine Methode mit großer Fallhöhe.
Spieler mit Laufzeiten bis mindestens 2030
Spieler | Laufzeit | Vertrag bis |
---|---|---|
Cole Palmer | 10 Jahre | 30.06.2033 |
Nicolas Jackson | 10 Jahre | 30.06.2033 |
Mathis Amougou | 8,5 Jahre | 30.06.2033 |
Enzo Fernandez | 9,5 Jahre | 30.06.2032 |
Pedro Neto | 7 Jahre | 30.06.2031 |
Mykhaylo Mudryk | 8,5 Jahre | 30.06.2031 |
Filip Jörgensen | 7 Jahre | 30.06.2031 |
Moises Caicedo | 8 Jahre | 30.06.2031 |
Aaron Anselmino | 7 Jahre | 30.06.2031 |
Robert Sanchez | 7 Jahre | 30.06.2030 |
Benoit Badiashile | 7,5 Jahre | 30.06.2030 |
Noni Madueke | 7,5 Jahre | 30.06.2030 |
Malo Gusto | 7,5 Jahre | 30.06.2030 |
Romeo Lavia | 7 Jahre | 30.06.2030 |
Omari Kellyman | 6 Jahre | 30.06.2030 |
Nur vier Spieler besitzen einen Vertrag, der nicht länger als fünf Jahre geht. Dazu gehören Lucas Bergström, Jadon Sancho, Tyrique George und Tosin Adarabioyo. Torhüter Marcus Bettinelli ist der einzige Ü30-Spieler.
Erfahrung gilt als Erfolgsrezept, doch bei Chelsea funktioniert es auch andersrum. Cole Palmer, Moises Caicedo und Marc Cucurella entwickelten sich zu Weltklassespielern. Enzo Fernandez war als Weltmeister bereits ins Rampenlicht gerückt.
Im Winter lag Chelsea nur zwei Punkte hinter Liverpool auf Rang zwei und galt zwischenzeitlich als Titelkandidat – ließ aber zum Jahreswechsel nach. Am Ende reichte es dennoch für Platz vier und damit zur besten Platzierung der Boehly-Ära.
Sinnbild der jungen Mannschaft: Levi Colwills Siegtor im direkten CL-Duell gegen Nottingham Forest. Insgesamt stehen fünf Spieler aus der eigenen Akademie, darunter Colwill, im Profikader.
Ein weiterer davon, Tyrique George, leitete mit seinem Ausgleich gegen Fulham die Trendwende zum Saisonende ein. An der Craven Cottage traf Pedro Neto spät zum Sieg – Chelsea gewann danach (u.a. gegen Meister Liverpool) vier der letzten fünf Ligaspiele.
Maresca im Haifischbecken Chelsea

Enzo Maresca ist der Vater der positiven Entwicklung. Der Italiener übernahm im Sommer 2024 die "Blues", führte den Klub nach zwei Jahren Absenz wieder in die Königsklasse.
Für ihn ist Chelsea eine große Herausforderung: Er musste aus dem überfüllten Kader ein Team formen und trainierte zuvor keinen Top-Klub. Erfahrung sammelte Maresca als Co-Trainer von Pep Guardiola bei Manchester City, als Chefcoach wurde er mit Leicester Meister in der Championship.
Enzo Maresca revolutionierte Chelsea >>>
Es war nicht immer still um den 45-Jährigen, speziell zu Jahresbeginn. In den Medien war Maresca angezählt, doch glaubt man dem Experten Fabrizio Romano, dann war sein Job nie ernsthaft in Gefahr.
Ein Umstand, der unter Abramovich etwas anders war. Er lockte Stars wie Jose Mourinho, Carlo Ancelotti, Raffael Benitez, Antonio Conte, Maurizio Sarri oder Thomas Tuchel an die Stamford Bridge.
Die Reißleine wurde unter dem russischen Ex-Boss bei Misserfolgen schnell gezogen. Der längstdienende Trainer war Mourinho, in seiner ersten Amtszeit von Juni 2004 bis September 2007. Er blieb 3 Jahre und 3 Monate im Amt.
Wie sieht das unter Boehly aus?

Nun ja, mit Tuchel gab es Meinungsverschiedenheiten. Nach der CL-Pleite gegen Dinamo Zagreb folgte die Trennung. Es kam dann Graham Potter für 17,4 Millionen Euro von Brighton, der aber floppte und dran glauben musste.
Alle Chelsea-Trainer seit dem Jahr 2000 >>>
Bruno Saltor (1 Spiel) und Frank Lampard übernahmen interimsweise, doch die internationalen Plätze wurden 2022/23 deutlich verpasst (12. Platz). Im Sommer 2023 folgte Mauricio Pochettino, der nach einem Stolperstart Chelsea zumindest in die UEFA Conference League führte. Aber auch der Argentinier musste nach nur einem Jahr gehen.
Maresca ist der sechste Trainer unter Boehly, der von ihm vollstes Vertrauen genießt. Der Italiener besitzt einen Vertrag bis 2029.
Mit der geschafften CL-Quali ist an der Stamford Bridge etwas Ruhe eingekehrt. Gekrönt werden kann die Saison mit dem Titel in der Conference League.
Aber wird das dem Klub gerecht? Eine Milliarde Euro nur für einen Titel im dritthöchsten Wettbewerb? Klingt im ersten Moment nach einem Projekt, das zum Scheitern verurteilt ist....
Abramovich vs. Boehly: Titel in der ersten 3 Jahren
Titel | Endspiele | Bester Ligaplatz | |
---|---|---|---|
Abramovich | 4 | 2 | Platz 1 |
Boehly | 0-1 | 2 | Platz 4 |
Abramovich formte den Klub mit den Verpflichtungen von Stars wie Didier Drogba, Petr Cech oder Ricardo Carvalho zu einem Champions-League-Dauergast. Frank Lampard kam bereits 2001 an die Stamford Bridge. Offensiv konnte sich auch Arjen Robben ins Rampenlicht spielen. Defensiv wurde Eigengewächs John Terry einer der besten Innenverteidiger der PL-Geschichte.
Der erste PL-Titel 2004/05, erste Saison unter Jose Mourinho, wurde mit einer jungen Mannschaft (ø-Alter 24,9 Jahre) geholt. Ähnlich, aber nicht so extrem, verfolgte Abramovich die Förderung von jungen Spielern.
In den ersten drei Jahren unter dem Russen holte Chelsea zweimal die Meisterschaft, sowie jeweils einmal den Community Shield und League Cup. Dazu kommen kommen zwei Halbfinals in der UEFA Champions League.
Und mit Boehly?
Bislang blieb Chelsea unter seinen Fittichen ohne Titel.
Zumindest stehen zwei Final-Teilnahmen (League Cup & Conference League) in seiner Vita. In seiner ersten Saison 2022/23 schaffte Chelsea den Sprung ins CL-Viertelfinale.
Danach verschwanden die "Blues" international ins Nirvana, ein Jahr kein europäischer Fußball. Im zweiten Jahr "nur" die Conference League. Allerdings hat der US-Amerikaner ironischerweise die Chance, international mehr Titel zu holen als Abramovich in seinen ersten drei Jahren.
Aber national waren die Leistungen für Chelsea-Verhältnisse von überschaubar bis hin zu sehr schwach. In der Premier League lauteten die Platzierungen 12, 6 und 4.
Man sieht, dass die Tendenz nach oben zeigt. Und im Sommer steht noch die FIFA Klub-WM in den USA an, wo sich die Londoner wieder mit europäischen Größen messen können.