Jesus Navas ist der einzige Spieler aus dem Kader aus der goldenen Generation, welche Ende der 00er- und Anfang der 10er-Jahre praktisch dominierte. Der 38-Jährige wurde 2010 in Südafrika Weltmeister und 2012 in Polen und der Ukraine Europameister.
Dennoch: Dem spanischen Kader fehlende Erfahrung abzusprechen, wäre falsch. Mit einem Altersschnitt von 27,0 ist die "Furia Roja" eher im Durchschnitt der EM-Teilnehmer. Eine gute Mischung macht das Aufgebot aus. Während sich viele Akteure im perfekten Fußballalter befinden, ist das Mega-Talent Lamine Yamal erst 16 Jahre alt.
Torwart der Saison aus LaLiga als Rückhalt
Im Tor dürfte der Teamchef auf Unai Simon von Athletic Bilbao setzen. Der langjährige "Einser" bestritt mit einer Ausnahme alle Spiele der EM-Qualifikation.
Mit Arsenals David Raya (28) steht ein weiterer Top-Goalie im Kader. Sociedad-Goalie Alex Remiro (29) komplettiert das Trio.
Sowohl Simon als auch Raya haben sich international bewiesen. Simon wurde 2023/24 in LaLiga sogar zum Torwart der Saison gekürt. Ein Schwachpunkt ist hier nicht auszumachen.
Titelerprobte Abwehr
Als routiniert kann auch die Abwehr bezeichnet werden.
Rechts dürfte Dani Carvajal (32) den Vorzug vor Jesus Navas (38) erhalten. Der Real-Kicker kommt mit jeder Menge Rückenwind nach Deutschland, im Champions-League-Finale gegen Borussia Dortmund erzielte er das 1:0.
Innen stehen mit Aymeric Laporte (30) und Nacho (34) weitere Henkelpott-Gewinner der vergangenen beiden Jahre im Aufgebot.
Auf links könnte mit Alejandro Grimaldo (28) von Bayer Leverkusen ein deutscher Meister auflaufen. Marc Cucurella (25) fungiert wohl als Back-Up.
Aber auch die anderen Defensiv-Leute haben einiges zu bieten. Sociedads Robin Le Normand (27) und Bilbaos Dani Vivian (24) haben eine starke Saison hinter sich. Vivian holte mit Bilbao die Copa del Rey.
Diese gezielte Mischung macht den Kader gefährlich. Bitter ist hingegen der Ausfall von Alejandro Balde (20), für links hinten wäre er eine gute Alternative zu Grimaldo gewesen. Im Frühjahr konnte er allerdings kein Comeback mehr geben.
Und auch für die Zukunft kann sich Spanien neben Balde auf viele Talente freuen. Barcelonas Pau Cubarsi (17) fiel erst dem letzten Kader-Cut zum Opfer.
Rodri als zentrale Figur im Mittelfeld
Im Mittelfeld ist das Fehlen von Gavi (19) bitter. Die Qualität ist dennoch bemerkenswert.
Spanien ist eine durchaus sinnvolle Antwort auf das von vielen Teams verwendete Offensiv-Pressing.
Als pressingresistent zeigt sich beispielsweise Aston Villa unter spanischen Coach Unai Emery und schaltet damit des Öfteren pressingstarke Teams aus. Ähnlich agiert die spanische Nationalmannschaft. Die hohe Qualität der spanischen Kicker im Spiel mit dem Ball wäre für ein hoch anpressendes Österreich zum Beispiel nicht unbedingt von Vorteil.
Probleme gibt es eher gegen Umschaltmannschaften mit hoher Qualität im taktischen Defensivverhalten. Frankreich oder England können hier beispielsweise herangezogen werden. Für diesen Fall braucht es weitere taktische Mittel, die auch in der Konterabsicherung liegen.
Ein weiterer Kritikpunkt, den sich die Spanier in der Vergangenheit immer wieder anhören mussten, war, dass sie kaum in Umschaltsituationen kommen. Zu lange halte das Team den Ball, suche zu selten nach Ballgewinn mutig den Weg nach vorne, hieß es. Gut stehende Abwehrreihen waren so oft nur schwer knackbar.
Genau das hat De la Fuente geändert. Die Spanier fahren die Angriffe gegen defensiv denkende Gegner immer direkter. "Schneller spielen, mehr Lösungen finden und dabei defensiv kompakt sein", seien wichtige Punkte, erklärte der Coach.
Spanien ist variabler geworden
In der Quali präsentierte sich die "Furia Roja" taktisch als äußerst variabel. Dass der Teamchef dies seiner Mannschaft beibringen kann, hat er bereits in der Vergangenheit unter Beweis gestellt.
Den U21-EM-Titel 2019 eroberte der Coach im Finale gegen Deutschland durch perfekt praktiziertes Konterspiel. "Wir haben gezeigt, dass wir eine eingeschworene Einheit sind. Und wir haben im Konter unsere Nadelstiche gesetzt", erklärte der Erfolgstrainer später bei "The Coaches Voice".
Mit schnellen Flügelstürmern wie Nico Williams oder Lamine Yamal könnte das über einzelne Spielphasen durchaus ein Erfolgsrezept werden.
Teamchef lobt Zusammenhalt
Die Mannschaftsführung ist zudem eine der großen Stärken des Übungsleiters. Der Coach gilt als detailverliebt, muss sich in Ansprachen manchmal zusammenreißen, nicht zu übertreiben, denn "Spieler verlieren nach 20 Minuten die Konzentration".