JOSIP ILICIC
- Geburtsdatum: 29.1.1988 (36 Jahre)
- Nationalität: Slowenien
- Position: Offensives Mittelfeld
- Größe: 1,90 Meter
- Vereine: Bonifika Izola, Interblock Ljubljana, NK Maribor, Palermo, Fiorentina, Atalanta, Maribor
- Serie A: 339 Spiele (96 Tore, 66 Assists)
- Europacup: 61 Spiele (23 Tore, 10 Assists)
- Nationalteam: 83 Spiele (17 Tore, 17 Assists)
Der Atalanta-Profi erholt sich, er hat Glück, dass sich die Infektion nicht in seinem ganzen Körper ausbreitet, sondern auf seinen Nacken beschränkt bleibt. Mitte September steht er wieder auf dem Platz und kickt. Für ihn scheint die Sonne wieder, wenngleich diese Episode einen Schatten auf seiner Seele hinterlassen hat.
Doch zunächst läuft alles wunderbar. Ilicic ist wieder der Kicker, den man kennt. Im Sommer 2010 hatte der damalige Palermo-Coach Delio Rossi seinen Sohn Dario nach Slowenien geschickt, um das Spiel Maribor gegen Hibernian zu beobachten. Der Aufsteiger würde im Europacup auf die Sizilianer warten.
Anstatt aber mit einem detaillierten Scouting-Bericht über die beiden Teams heimzukehren, schwärmte der Junior nur von einem 22-Jährigen, den bis dahin keiner kannte: Josip Ilicic. Der offensive Mittelfeldspieler war in der Vorsaison mit Interblock in die zweite Liga abgestiegen und daraufhin nach Maribor gewechselt.
In den Duellen mit den Slowenen stieg Palermo zwar auf, aber Ilicic erzielte ein Tor und überzeugte Sportchef Walter Sabatini restlos. 2,3 Millionen Euro kassierte Maribor für den Youngster, den es Wochen zuvor selbst erst um läppische 80.000 Euro verpflichtet hatte. Jackpot.
Über Sizilien und die Toskana nach Bergamo
Ilicic war eines der funkelnden Sternchen am Himmel der Serie A. 107 Spiele inklusive 25 Toren und 19 Assists absolvierte er für Palermo, ehe er drei Jahre später für neun Millionen Euro nach Florenz wechselte.
In den vier Saisonen in der Toskana überzeugte er mit 37 Toren und 18 Assists in 137 Pflichtspielen. Als er im Sommer 2017 schon am Weg zum Medizincheck nach Genua war, um sich der Sampdoria anzuschließen, schnappte sein Ex-Palermo-Coach Gasperini im letzten Moment zu. 6,4 Millionen Euro für die Fiorentina, Ilicic für Atalanta.
An guten Tagen war der Mittelfeldspieler einer der besten Kicker der Serie A, an schlechten Tagen musste man sich am Ende des Spiels erst versichern, ob er tatsächlich am Platz gestanden war. Licht und Schatten.
Später erinnerte sich Coach Gasperini in einem Interview unter Tränen an diese Zeit: "Er hatte Symptome, es ging ihm gar nicht gut. Er zog sich in seine eigene Welt zurück, war isoliert und alles wurde schlimmer und schlimmer. Es war der Beginn von etwas, das viel stärker war als das Virus. Es war eine Kombination aus mehreren Dingen."
"Er hielt es nicht aus, von seiner Familie getrennt zu sein. Da hat alles begonnen. Wir waren immer in seiner Nähe, sind immer zu ihm gestanden, aber er hatte ein ernsthaftes Problem", so Gasperini. Die Welt des Josip Ilicic ist tiefschwarz.
Teilweise wird er sogar stationär behandelt. Im August 2020 besucht ihn Gasperini im Krankenhaus. "Ich bin hin, um ihn zu sehen. Er hatte zehn bis zwölf Kilo verloren. Ich habe ihn wie eine Puppe gehalten und zu ihm gesagt: 'Komm schon, Josip, komm mit uns.'"
Im Herbst 2020 lichten sich die Wolken, Ilicic kommt zurück, macht seine Spiele, seine Tore, seine Assists. Es hatte den Anschein, als ob die Welt wieder in Ordnung wäre. Ist sie aber nicht. Im Herbst 2021 ist der Slowene meist nur noch ein Schatten seiner selbst, mit Jahreswechsel 2022 ist an Fußball nicht mehr zu denken. Wieder Depressionen, wieder alles dunkel.
"Der Kopf ist das Wichtigste von allem, im Fußball und im Leben. Wer es im Kopf kann, der kann es auch mit den Füßen", sagt Ilicic.
Es sind die kleinen Momente, die große Bedeutung haben. Als Atalanta Ende Oktober 2023 in der Europa League beim SK Sturm gastiert, machen zwei vollbesetzte Fanbusse aus Bergamo einen Abstecher nach Maribor.
120 Fans überraschen Ilicic in seiner Heimat. Gesänge, Umarmungen, ganz viel Liebe. Ein sichtlich bewegter Profifußballer stellt fest, dass er in Italien längst nicht vergessen ist. Die Atalanta-Fans überreichen ihm das Spruchband, mit dem er einst aus Bergamo verabschiedet worden war.
Im Juni 2024 steht Ilicic erstmals seit November 2021 wieder im Kader des slowenischen Nationalteams, wird gegen Armenien eingewechselt und erzielt nur vier Minuten später das Siegtor zum 2:1.
"Jojo" fährt zur EURO 2024
"Jojo", wie sie ihn in seiner Heimat nennen, ist zurück. Dass ihn Teamchef Matjaz Kek dann tatsächlich in den Kader für die EURO 2024 nominiert, sorgt mitunter für Diskussionen. Legende Zlatko Zahovic äußert sich kritisch: "Ich war überrascht. Er hatte nichts mit der Qualifikation zu tun."
Keks Replik: "Es geht nicht um Errungenschaften in der Vergangenheit. Slowenien kann es sich nicht leisten, Spieler auszuschließen, die spielen können und wollen." Dass Ilicic mit der Nummer 26 die letztmögliche aller Kaderspieler wählt, wird gemeinhin als Zeichen gesehen, dass er sich unterordnet, keine Ansprüche stellt.
Er sei wie der große Bruder für viele Spieler, sagt der 36-Jährige. "Ich weiß sehr gut, wo ich in meiner Karriere stehe. Ich erteile Ratschläge und helfe meinen Kollegen, zu wachsen", beschreibt er seine Rolle.
Im letzten Gruppenspiel gegen England wird der Routinier eingewechselt. Noch am Feld gratuliert ihm Arsenal-Profi Declan Rice zu seiner Rückkehr. Das Licht, es ist wieder da.
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