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Die Bayern-Defensive bleibt das größte Sorgenkind

Sorgt die anfällige Bayern-Abwehr für die größte Enttäuschung seit 2008?

Die Bayern-Defensive bleibt das größte Sorgenkind Foto: © getty

Der FC Bayern München steht in der Champions League vor dem Viertelfinal-Rückspiel am Dienstag (ab 21 Uhr im LIVE-Ticker) gegen Villarreal ganz gewaltig unter Druck.

Einen Ausrutscher darf sich der deutsche Rekordmeister nach der 0:1-Pleite in Spanien (alle Highlights im UCL-Magazin) nicht mehr erlauben. Die Formkurve zeigte allerdings auch am Wochenende nicht gerade steil nach oben.

Im Bundesliga-Heimspiel am Samstag gab es gegen den FC Augsburg nur dank eines verwandelten Lewandowski-Elfmeters einen knappen 1:0-Heimsieg zu verbuchen. Wie schon gegen Villarreal präsentierte sich die Bayern-Offensive recht ideenlos und in der Defensive nicht unantastbar.

Ein Viertelfinal-Aus der Bayern am Dienstag käme einer Sensation gleich: Seit dem Jahr 2008, als man im UEFA Cup an St. Petersburg scheiterte, flogen die Münchner im Europacup bislang nur gegen absolute Großklubs aus dem Bewerb.

Nagelsmann will Druck von Mannschaft nehmen

Coach Julian Nagelsmann ist sich der Bedeutung der Partie bewusst, versucht im Vorfeld aber trotzdem etwas Druck von seiner Mannschaft zu nehmen: "Müssen ist ein hartes Wort, aber wir sollen, wir wollen liefern. Manchmal sind ein besonderer Reiz und Druck nötig, um besondere Leistungen herauszukitzeln", macht er seinen Mannen Mut.

Das größte Sorgenkind bei den Bayern bleibt in diesen Tagen die Defensive. Im bisherigen Saisonverlauf konnte dieses Manko meist durch die außergewöhnliche Offensiv-Power ausgeglichen werden, seitdem es aber auch im Sturm nicht mehr rund läuft, fällt das schwächelnde Abwehrverhalten immer mehr ins Gewicht.

Bayern mit 0:1 noch gut bedient

So waren die Bayern in der vergangenen Woche mit der 0:1-Niederlage bei Villarreal noch gut bedient. Die gelben U-Boote vergaben einige Top-Chancen auf einen höheren Sieg. Insgesamt kamen die Spanier satte zwölf Mal zum Tor-Abschluss und damit sogar einmal mehr als RB Salzburg im Achtelfinal-Heimspiel gegen die Bayern.

Schon die Bullen aus der Mozartstadt ließen den deutschen Rekordmeister in der Defensive desöfteren schlecht aussehen. Lange Zeit führten die Salzburger in der heimischen Bullen-Arena mit 1:0 und auch sie vergaben gute Möglichkeiten auf weitere Treffer.

Die Jaissle-Truppe wurde im Gegensatz zu Villarreal noch im Heimspiel für die fahrlässige Chancen-Auswertung bestraft: Kingsley Coman schoss im Finish den späten Ausgleich.

Mit dem schmeichelhaften 1:1-Remis durften die Bayern mit einem ordentlichen Ergebnis ins Rückspiel gehen, das sie sogleich in beeindruckender Manier mit 7:1 für sich entscheiden konnten. Allerdings ließen sie auch in der Münchner Allianz-Arena sieben Torschüsse der Salzburger zu.

Kritik an Bayern-Abwehr

"Fehlende Stabilität in der Defensive zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison des FC Bayern", urteilt dementsprechend auch Jürgen Kohler im aktuellen "kicker".

"Vielen Gegnern machen sie es zu leicht, Chancen herauszuspielen. Das hängt mit der fehlenden Dominanz und Spiel- sowie Gegner- kontrolle zusammen und fängt beim Spielaufbau an", erklärt der ehemalige Abwehr-Star, der 1997 mit Borussia Dortmund die Champions League gewinnen konnte.

Dass der Abgang von Abwehrchef David Alaba im vergangenen Sommer zu Real Madrid die Bayern mehr schwächte, als viele ursprünglich vermuteten, wurde schon desöfteren von vielen Experten angemerkt.

Der von Leipzig verpflichtete Dayot Upamecano konnte die vom ÖFB-Teamspieler hinterlassene Lücke bislang nicht wie erhofft füllen. Weder er noch Lucas Hernandez oder Niklas Süle haben bislang die nötigen Führungsqualitäten in die Bayern-Defensive bringen können. Zudem sorgten Upamecano und Hernandez auch immer wieder mit einigen Patzern für zusätzliche Aufregung.

"Upamecano und Hernandez sind nicht die Stärksten in dieser Disziplin. Upamecano spielt bislang keine gute Saison, leistet sich zu viele Böcke. David Alaba war ein Abwehrchef im besten Sinne, Organisator und fußballerisch gut, im Vertikalspiel wie bei Diagonalbällen. Letzteres traf auch auf Jerome Boateng zu. Diese Stärken gehen den aktuellen Verteidigern ab", stellt Kohler fest. "Wer international Titel gewinnen will, braucht mehr Kompaktheit und hinten öfter die Null."

Süle fällt wegen Grippe aus

Für die erhoffte Null sollen gegen Villarreal in der Innenverteidigung Upamecano und Hernandez, der nach seiner bei Villarreal erlittenen Oberschenkelblessur wieder fit ist, sorgen. Süle steht wegen einer Grippe-Erkrankung nicht wie von Nagelsmann erhofft zur Verfügung.

Zusätzliche Stabilität in der Bayern-Defensive sollte es allerdings im Vergleich zum Hinspiel durch eine Umstellung im defensiven Mittelfeld geben. An der Seite von Joshua Kimmich wird voraussichtlich wieder der in den letzten Wochen von Hüftproblemen geplagte Leon Goretzka zum Einsatz kommen. Der deutlich offensiver veranlagte Jamal Musiala rückt nach vorne.

Ex-Bayern-Star Stefan Effenberg meint im "kicker": "Bei Ballgewinn müssen die Münchner im Höchsttempo umschalten, ohne die Ballverluste aus dem Hinspiel. Der FC Bayern muss zu Hause die Spielkontrolle haben, mit einem Ballbesitz von 60 Prozent plus X. Sechser müssen Kimmich plus Goretzka sein, auch wegen der Körperlichkeit."

Nagelsmann verlangt höhere Intensität

Eine höhere Intensität und Emotionalität seiner Mannen als im Hinspiel fordert auch Nagelsmann: "Das kann jeder, egal, ob er gut drauf ist oder nicht. Ein paar deutsche Tugenden können nicht schaden."

Zumindest von Beginn an nicht mithelfen wird voraussichtlich ÖFB-Teamspieler Marcel Sabitzer. Nagelsmann lobte den Steirer zwar nach seinem Einsatz gegen Augsburg, gegen Villarreal will der Coach aber lieber auf Spieler setzen, die schon in der Vergangenheit solch schwierige Situationen im Bayern-Trikot erlebt haben.

Dazu gehört auch Torhüter Manuel Neuer, der den Spaniern einen heißen Tanz verspricht: "Mit uns ist nicht zu spaßen, wenn wir ein Spiel wie dort verloren haben."

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