news

Zwiespalt um Thema Österreicher-Topf: Warum Sturm verzichtet

Geld aus dem Topf oder durch internationale Transfers? In der Bundesliga herrschen mittlerweile entgegengesetzte Philosophien.

Zwiespalt um Thema Österreicher-Topf: Warum Sturm verzichtet Foto: © GEPA

Das neue Bundesliga-Jahr wird am Freitag von zwei Klubs eröffnet, die derzeit einen unterschiedlichen Zugang zum Österreicher-Topf haben.

Während Rapid auf diese Einnahmenquelle nicht verzichtet, legt Sturm Graz keinen Wert mehr darauf. Die dadurch entstehende Beschränkung bei der Kaderzusammenstellung wird von Sportdirektor Andreas Schicker als Hemmschuh in der Vereins-Entwicklung gesehen. Rapids Sportchef Markus Katzer kann diese Ansicht zumindest nachvollziehen.

Der Österreicher-Topf ist in dieser Saison mit rund 6,1 Millionen Euro dotiert, gespeist wird er aus den TV-Verträgen der Liga und ÖFB-Förderungen. Abgerechnet wird gemäß Einsatzminuten von Österreichern - jene von U22-Kickern zählen vierfach - in den drei Saisonphasen Hinrunde, Rückrunde und Finalrunde.

Partizipieren können Klubs, die in wenigstens einer dieser Phasen nie mehr als sechs Legionäre auf den Spielbericht geschrieben haben.

17 Millionen Euro für Höjlund bringen Sturm mehr

In der Vorsaison brachte es Rapid auf die meisten Österreicher-Minuten, der Lohn dafür war eine stattliche sechsstellige Summe.

Wir haben die Entscheidung getroffen, auf den Österreicher-Topf zu verzichten, weil wir der Meinung sind, dass man das dadurch fehlende Geld mit einem guten internationalen Transfer mehr als zurückholen kann.

Andreas Schicker

Auch Sturm kassierte 2021/22 eine - geringere - sechsstellige Summe, im Sommer aber folgte ein Paradigmenwechsel. Kurz nachdem der Verkauf von Rasmus Höjlund 17 Millionen Euro in die Vereinskassa gespült hatte, hielt man sich nicht mehr an die Kriterien. "Der Österreicher-Topf begrenzt in der Kaderplanung. Wenn man nur sechs Legionäre haben darf, ist das keine einfache Situation", sagt Schicker.

Durch den Österreicher-Topf würden starke heimische Kicker für einen Klub wie Sturm unerschwinglich, betont der Sportchef. So hätte Schicker etwa im vergangenen Sommer gerne Dominik Baumgartner vom WAC zu Sturm gelotst, der Transfer war aber finanziell nicht zu stemmen, obwohl der Innenverteidiger nur noch ein Jahr Vertragslaufzeit hatte.

"Wir haben die Erfahrung gemacht, dass der österreichische Markt teilweise überteuert ist. Wobei ich absolutes Verständnis dafür habe, dass der WAC Baumgartner nicht hergegeben hat", meint Schicker.

Sturm soll kein "Legionärs-Haufen" werden

Günstiger zu haben sind ausländische Talente - die man wie Höjlund oder davor Kelvin Yeboah gewinnbringend weiterverkaufen kann. Schicker: "Wir haben die Entscheidung getroffen, auf den Österreicher-Topf zu verzichten, weil wir der Meinung sind, dass man das dadurch fehlende Geld mit einem guten internationalen Transfer mehr als zurückholen kann."

Man werde aber auch weiterhin nach talentierten jungen Österreichern suchen, betont Sturms Sportdirektor. "Niemand braucht Angst zu haben, dass wir ein Legionärshaufen werden. Und wenn wir Legionäre holen, achten wir auch immer darauf, dass sie zu den Werten des Klubs passen."

Im Zusammenhang mit dem Österreicher-Topf stellt sich für Schicker die Sinnfrage. "Ich verstehe den Gedanken hinter dem Österreicher-Topf, und er ist auch keine schlechte Geschichte. Aber ein guter Österreicher wird sich so oder so durchsetzen."

Zumindest eine Modifizierung der geltenden Zugangsregeln wäre für Schicker denkbar. "Man könnte zum Beispiel einen anderen Verteilungsschlüssel finden", meint der 36-Jährige.

Chance für Eigenbauspieler Rapid-Qualitätskriterium

Katzer attestiert dem Österreicher-Topf "sehr positive Auswirkungen auf den heimischen Fußball, sowohl auf Klubebene als auch im Hinblick auf die Nationalteams".

Rapid habe zuletzt in der Kaderplanung immer im Auge gehabt, die bestehenden Kriterien ohne die Gefahr mannschaftsinterner Probleme einzuhalten, weshalb nur eine limitierte Anzahl von Legionären verpflichtet wurde, teilt Katzer mit.

"Zudem ist es unser Ziel, die besten österreichischen Nachwuchsfußballer in unserer Akademie zu haben. Ein Ansporn, zu uns zu kommen, ist sicherlich auch der in den letzten Jahren gelungene Beweis, dass Eigenbauspieler bei dementsprechender Leistung eine große Chance haben, den Sprung in die Profimannschaft zu schaffen."

Fünf Bundesligisten verzichten auf die Teilnahme

Katzer weist jedoch auch darauf hin, dass immer mehr talentierte heimische Kicker im Teenager-Alter ins Ausland gehen und Österreicher wegen des Österreicher-Topfes immer teurer werden.

"Daher gilt es wohl vor jeder Transferperiode zu evaluieren, wie das Kosten-Nutzen-Verhältnis für die jeweilige Kaderplanung ist."

Rapids Geschäftsführer Sport betont die Qualität der neuen Akademie, in der man möglichst viele Talente ausbilden will. "Diese sollen dann im Idealfall in unserer Profimannschaft für Furore sorgen und - wenn sie nicht mehr zu halten sind - für ordentliche Ablösen in eine der Top-Ligen Europas wechseln. Der Reisepass wird und darf hier jedenfalls nicht das oberste Kriterium sein, das bleibt Talent und vor allem die Leistung", erklärt Katzer.

Sein Klub gehört zu jenen sieben von zwölf Bundesligisten, die in dieser Saison die Österreich-Topf-Kriterien erfüllen und sich daher die 6,1 Millionen Euro aufteilen. Nicht an die Legionärsbeschränkung halten sich neben Sturm auch Red Bull Salzburg, der LASK, Austria Klagenfurt und Austria Lustenau.

Kommentare