Wer vom SK Sturm Graz zum SK Rapid Wien wechselt, noch dazu auf umstrittene Art und Weise, darf sich bei seiner ersten Rückkehr an die alte Wirkungsstätte üblicherweise auf etwas gefasst machen.
Davon kann nun auch Deni Alar ein Lied singen.
Besonders gerne ziehen die enttäuschten Anhänger der "Blackies" dann Quervergleiche zu Schweinen. Immerhin blieb Alar ein Sauschädl erspart, wie er einst Florian Kainz gewidmet war, er wurde dafür per Transparent als "ehrloses Charakterschwein" bezeichnet.
Im Spiel selbst gab Alar die entsprechende Antwort und rettete Rapid mit seinem Treffer zum 1:1-Endstand einen Punkt. Ansonsten hieß das Motto des Stürmers auf wie abseits des Platzes offenkundig: Nur nicht provozieren lassen.
Alar: "War nichts Tragisches dabei"
Lediglich auf besagtes Transparent angesprochen, fiel dem Steirer eine durchaus kecke Antwort ein. "Hätte jeder gemacht in meiner Situation", konterte er. Was gemacht? "Zu Rapid wechseln."
Alars Motive, Sturm den Rücken zu kehren und nach Hütteldorf zurückzukehren, wurden ausführlichst besprochen. Ob es in der Tat jeder so halten würde, sei dahingestellt. Fakt ist, dass der 28-Jährige seine Entscheidung getroffen hat und dazu steht - so umstritten der Transfer auch war.
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Ein Spießrutenlauf war das erste Gastspiel in Graz seit dem Sturm-Abschied vor allem vor dem Anpfiff. Auf die Plakate folgten ein gellendes Pfeifkonzert bei der Bekanntgabe der Rapid-Aufstellung sowie diverse Schmähgesänge, die auch während der Partie immer wieder angestimmt wurden. Ein Pfeifkonzert bei jeder Ballberührung, wie es etwa Kainz über sich ergehen lassen musste, blieb ihm jedoch erspart.
"Es war nichts Schlimmes dabei. Ein paar Gesänge, aber nichts Tragisches", fand Alar. Alles in allem sei alles im Rahmen geblieben: "Man kriegt es natürlich mit, aber ich habe kein Problem damit. Man merkt einfach, dass ich ein wichtiger Spieler für den Verein war."
Tor als beste Antwort
Dass die Sturm-Fans ihren Unmut zum Ausdruck bringen würden, habe er erwartet. Groß Zeit, um sich darauf einzustellen, habe er angesichts der englischen Wochen jedoch nicht gehabt: "Wir waren zuletzt ja immer unterwegs. Ich habe damals für Rapid gespielt, als das mit 'Kainzi' war. Aber man kann sich eh nicht darauf vorbereiten. Es ist einfach so. Dennoch: Ich glaube, im Großen und Ganzen war es okay."
Neben Alar bestritt auch Marvin Potzmann sein erstes Spiel in Graz seit dem Wechsel von Sturm zu Rapid. Trainer Goran Djuricin schnappte sich das Duo im Vorfeld der Partie:
"Ich habe es mit beiden kurz angeprochen und ihnen gesagt, was sie ungefähr erwarten wird. Sie haben gesagt, dass sie es wissen. Wir haben gesagt, dass wir es beiseite und uns dadurch nicht verrückt machen lassen. Ich denke, dem war auch nicht so. Die beste Antwort, die Deni geben konnte, war das Tor zu schießen."
Wie man in Graz-Liebenau Tore erzielt, wusste er schon als Sturm-Goalgetter. Wenn er für Sturm traf, jubelte er meist enthusiastischer. Diesmal verzichtete er darauf - nicht nur, weil dies gegen Ex-Klubs längst zum guten Ton gehört.
Kein Jubel
"Ich glaube, nach dem 1:1 wollte er gleich zurück zur Mittellinie, damit sie weiterspielen können. Da wird er nicht so viel über das Jubeln nachgedacht haben", vermutete Peter Zulj. Der Alar-Kumpel im Sturm-Dress kennt den Ex-Kollegen bestens.
"Es erinnert mich ein bisschen an Robert Beric, der damals auch immer getroffen hat, wenn wir in Graz gespielt haben."
"Es ist normal, dass ich nicht juble. Ich wollte eigentlich schnell den Ball rausholen, irgendwer hat ihn allerdings weggeschossen", bestätigte Alar.
Schon als Sturm-Spieler vermied er es oft, seine Tore in den Mittelpunkt zu stellen. Auch diesmal klang im selben Atemzug Ärger über eine vergebene Topchance durch: "Es war wichtig für die Mannschaft, dass ich getroffen habe, aber ich hätte auch 15 Minuten vorher treffen oder zumindest auf das Tor schießen müssen."
Seine Kollegen freute der Treffer naturgemäß. "Deni ist ein Torjäger, das hat er unter Beweis gestellt. Er hat sich nicht hängen lassen, obwohl er vorher einen Sitzer ausgelassen hat, weiter an sich geglaubt und den Ball dann eiskalt reingehaut", meinte Thomas Murg.
Alar erinnert an Beric
Stefan Schwab dachte an einen anderen Ex-Sturm-Spieler, mit dem er bei Rapid zusammenspielte: "Es erinnert mich ein bisschen an Robert Beric, der damals auch immer getroffen hat, wenn wir in Graz gespielt haben. Leider hat er vorher eine Riesen-Chance vergeben, die er normalerweise macht. Mich freut es für Deni. Es ist wichtig für einen Stürmer, dass er trifft. Das gibt ihm Selbstvertrauen."
Der Kapitän streicht hervor, dass sich Alar durch den Rummel um die Rückkehr nicht ablenken ließ: "Wir haben im Vorfeld natürlich gewusst, dass so etwas kommen kann. Aber Deni ist alt und routiniert genug. Ich glaube, man hat gesehen, dass ihn das nicht beeinflusst. Wir können mit dem Punkt zufrieden sein, und ich glaube, auch Deni kann gut schlafen nach dem Spiel."
Letztlich hat der Torjäger gemacht, wofür er in den kommenden vier Saisonen von Rapid bezahlt wird: Tore schießen. Deshalb möchte Torhüter Richard Strebinger den Treffer auch nicht als Antwort auf die Plakate und Unmutsäußerungen der Sturm-Anhänger verstanden wissen:
"Er ist Stürmer. Er ist dafür da, dass er uns mit Toren hilft. Das hat er gut gemacht. Ich denke nicht, dass er den Fans eine Antwort geben wollte. Er wollte einfach für Rapid erfolgreich Fußball spielen."
Keine perverse Stimmung
In den vergangenen beiden Saisonen spielte Alar durchaus erfolgreichen Fußball mit und für Sturm, wo er seine Karriere wieder in Fahrt brachte, nachdem er in Hütteldorf zuvor auf dem Abstellgleis stand.
"Ich glaube, dass alles im Rahmen war. Die Sturm-Fans haben so wie die Fans aus Wien gute Stimmung gemacht. Es war keine perverse Stimmung, so dass man den Kopf schütteln müsste."
Dass er nun ausgerechnet gegen Sturm netzte, fiel natürlich auch seinen Ex-Kollegen auf. "Wobei mir relativ wurscht ist, wer das Tor von Rapid macht", meinte Stefan Hierländer, "wir haben einen Fehler gemacht. Ich bin zu spät aus der Kette rausgerückt und habe das Abseits aufgehoben. Deswegen ärgere ich mich mehr und das analysiere ich. Wer für Rapid trifft, ist mir egal."
Die Gesänge gegen Alar beurteilte der nunmehrige Sturm-Kapitän wiefolgt: "Ich glaube, dass alles im Rahmen war. Die Sturm-Fans haben so wie die Fans aus Wien gute Stimmung gemacht. Es war keine perverse Stimmung, so dass man den Kopf schütteln müsste."
Peter Zulj, Elfmeterschütze des Grazer Führungstreffers, meinte: "Was soll ich dazu sagen? Er ist in der Vorbereitung zu Rapid gewechselt. Das ist nicht so toll für die Fans und natürlich auch nicht für uns. Er hat sich dafür entschieden. Dass die Fans dann singen, ist ihr Recht. Was sie schimpfen, will ich nicht kommentieren, das ist ihre Entscheidung."
Kehrt nun Ruhe ein?
Zulj ist übrigens jener Sturm-Spieler, mit dem Alar am meisten Kontakt pflegt. "Mit Peter habe ich sehr viel Kontakt, wir telefonieren alle zwei, drei Tage. Mit den anderen schreibe ich ab und zu", berichtete der Goalgetter.
Allzu viele Glückwünsche werden zumindest diesmal nicht dabei sein. Den ersten Auftritt als Wieder-Rapidler in Graz hat Alar jedenfalls hinter sich. Ob jemals Ruhe in diese Causa kommen wird? Die nächsten Duelle werden es weisen.
Alar: "Für mich ist das Thema abgeschlossen. Aber ich weiß nicht, ob es das für die anderen auch ist."