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Michael Liendl: "Irgendwann kommt das letzte Jahr"

Er ist die älteste Stammtkraft der Bundesliga. Und immer noch einer der Besten.

„Mir ist aufgefallen, dass wir die Kapitänsfrage noch gar nicht geregelt haben, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass das so auf der Hand liegt, dass diese Frage erst gar nicht geregelt werden muss“, grinst Robin Dutt.

Der Deutsche ist beim Wolfsberger AC zwar erst seit wenigen Wochen im Amt, wer der Leader in seiner Mannschaft ist, ist ihm aber natürlich längst klar. Michael Liendl ist der Mann, der in der Kabine das Sagen hat.

Im Frühjahr 2003 hat der in Vorarlberg aufgewachsene Steirer erstmals für die Profis des GAK gekickt. Zählt man die Winter und Sommer zusammen, ist es demnach die 34. Saisonvorbereitung, die der Mittelfeldspieler aktuell absolviert.

„Ich habe mich noch in jeder Vorbereitung wohlgefühlt, auch, wenn es sehr oft sehr anstrengend war. Aber es macht trotzdem immer wieder Spaß“, grinst er. Ob das die Wahrheit oder vielleicht doch einfach riesige Routine im Umgang mit Medien ist, die da aus ihm spricht, weiß nur er selbst.

Fakt ist, dass Liendl trotz seiner inzwischen 35 Jahren physisch voll auf der Höhe ist. „Mir geht es sehr gut, ich konnte die ganze Vorbereitung ohne Probleme mitmachen, habe jedes Training und Spiel absolviert“, sagt er.

Die älteste Stammkraft der Liga

Der WAC-Kapitän ist immer noch einer der besten Spieler der Bundesliga, sein linker Fuß gefürchtet. Dank seiner Technik und Erfahrung ist Liendl auch in Zeiten, in denen Pressing bei vielen Klubs an der Tagesordnung steht, die ungestörte Zeit am Ball in die Sekundenbruchteile geht, nur schwer vom Leder zu trennen. Der Spielmacher ist jederzeit für eine unerwarteten Pass gut. Und wenn der Ball ruht, dann werden sowieso alle Gegner nervös.

Nicht schlecht für einen, dem sein damaliger Trainer Karl Daxbacher vor fast zehn Jahren noch die nötige Dynamik absprach, um an der Bundesliga-Spitze dauerhaft zu reüssieren. Aber vielleicht liegt es gerade daran, dass Liendls Qualitäten immer schon zeitlos waren und von Alterserscheinungen wie fehlender Spritzigkeit unabhängig funktionieren.

Wenn der Mann, der im Juni 2014 sein einziges ÖFB-Länderspiel absolviert hat, den WAC in der ersten Runde im Kärntner Derby aufs Feld führt, wird er die älteste Bundesliga-Stammkraft sein. Nur Alexander Walke (Salzburg), Thomas Gebauer (LASK) und Philipp Netzer (Altach) sind älter, allesamt aber maximal noch Ergänzungsspieler.

„Darüber habe ich noch nie nachgedacht. Das ist auch nicht wichtig, die Leistung entscheidet“, winkt Liendl ab.

VIDEO: Wer soll künftig die WAC-Tore schießen?

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

Vor über 13 Jahren ist der ehemalige Deutschland- und Holland-Legionär erstmals in der Bundesliga aufgelaufen. Für die Kapfenberger SV. Es waren andere Zeiten. Josef Hickersberger bereitete das ÖFB-Team auf die Heim-EM vor, Marc Janko zerschoss die Bundesliga, Mario Haas und Samir Muratovic glänzten für den SK Sturm und Haudegen wie Pepi Schicklgruber, Michael Baur, Ivo Vastic, Roland Kirchler, Niko Kovac und Didi Kühbauer gaben in der Bundesliga den Ton an.

Selbst damalige Teenager wie Daniel Beichler, Veli Kavlak und Sandro Zakany haben längst aufgehört. Liendl indes ist immer noch da. Aber wie lange noch?

Im Frühjahr musste der Routinier ungewöhnlich lange warten, ehe er seine Unterschrift unter ein neues Arbeitspapier setzen konnte. Erst Anfang Mai war es soweit. Die Hängepartie war keine feine. „Natürlich denkt man da nach. Es ist nie angenehm, wenn man sehr lange Zeit im Ungewissen ist, vor allem in meinem Alter“, blickt der Offensivspieler zurück.

Die letzte Saison?

Spätestens zum Beginn des nächsten Jahres werden wieder die Fragen nach seiner Zukunft kommen. Denn sein neuer WAC-Vertrag läuft wieder nur ein Jahr. Ist es seine letzte Saison?

"Ich habe das alles Revue passieren lassen und würde das eine oder andere anders machen oder anders kommunizieren."

„Darüber mache ich mir gar keinen Kopf. Ich will dieses Jahr genießen und wenn es dann noch ein Jahr wird, werden wir eine Lösung finden. Aber es ist in meinem Alter auch naheliegend, dass irgendwann das letzte Jahr kommt. Mal sehen, ob es dieses ist“, sagt er.

Für Liendl geht es in dieser, seiner vielleicht letzten, Spielzeit auch darum, sein Bild in der Öffentlichkeit wieder ein wenig zurechtzurücken. Der öffentlich ausgetragene Machtkampf mit dem damaligen WAC-Coach Ferdinand Feldhofer zu Beginn der Frühjahrssaison hat dem Image des Kickers leichte Kratzer verpasst.

Das sei damals „keine schöne Situation“ gewesen, meint er. Gleichzeitig verteidigt sich Liendl: „Dass es nicht nur zwischen mir und der einen oder anderen Person nicht funktioniert, sondern eigentlich mit der ganzen Mannschaft nicht so harmonisch war, ist kein Geheimnis. Dass ich dann an vorderster Front war, damit muss ich leben und kann ich auch ganz gut umgehen.“

Kein Kontakt zu Feldhofer

Foto: © GEPA

Ob er – als er auf der Bank schmoren musste – vielleicht das eine oder andere Interview weniger geben hätte sollen? Nein, das sieht der 35-Jährige anders: „Ich werde immer einer sein, der sich den Fragen stellt – egal wie schwierig die Situation ist. Natürlich ist in der Kommunikation das eine oder andere schiefgelaufen. Ich habe das alles Revue passieren lassen und würde das eine oder andere anders machen oder anders kommunizieren.“

Seit dem Aus Feldhofers im Lavanttal habe er keinen Kontakt mehr zu ihm gehabt, sagt er. Liendl selbst hat damit aber längst abgeschlossen. „Das ist nicht mehr so wichtig.“ Wichtiger ist freilich das Verhältnis zu seinem neuen Coach, Robin Dutt.

Und das passt. „Der Trainer macht einen sehr entspannten Eindruck. Ein sehr akribischer Trainer, der auf Details achtet. Wir sind alle sehr, sehr zufrieden. Es hat vom ersten Tag an harmonisch gewirkt, wir haben uns recht schnell gefunden. Der Umbruch im Kader war nicht so groß, deshalb war das von Anfang an recht stimmig“, berichtet der Kreativspieler, der inzwischen 269 Bundesliga-Partien (62 Tore, 92 Assists) in den Beinen hat.

Die Anforderungen von Dutt an Liendl – aber auch die weiteren Führungsspieler Michael Novak und Mario Leitgeb – sind klar: „Die Erfahrenen müssen vorangehen, das erwarte ich mir.“

Die Umsetzung wird Liendl nicht schwerfallen. Der WAC-Star ist in seiner Leader-Rolle längst angekommen.

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