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Krammer will geeinte Rapid-Liste bei Wahl

Ex-Präsident sieht sich als Vermittler zwischen den Präsidiumswahl-Listen:

Krammer will geeinte Rapid-Liste bei Wahl Foto: © GEPA

Seit fast drei Jahren übt Michael Krammer keine offizielle Funktion beim SK Rapid mehr aus.

Wer deswegen glaubt, dass der Ex-Präsident den Hütteldorfern nicht mehr nahesteht, ist allerdings am Holzweg.

"Es tut natürlich weh, ganz besonders nach dem Match am vergangenen Wochenende (gegen den WAC, Anm.). Ich habe mir die erste Halbzeit relive angeschaut und selbst da war ich geneigt, nach 20 Minuten vom Bildschirm zu flüchten", so der 62-Jährige in der "Sky"-Sendung "Talk und Tore", in der vor allem die mittel- bis langfristige Zukunft Rapids sowie die Ende November anstehende Präsidiumswahl, die bereits jetzt für viele Diskussionen sorgt, Thema waren:

Rapid ohne Fans erfolgreicher?

Krammer bereitet nicht nur die aktuelle sportliche Misere der Hütteldorfer Sorgen, "sondern auch das Umfeld." Speziell die Szenen nach der Blamage im Europa-Conference-League-Playoff gegen Vaduz, als viele Hütteldorfer Anhänger die VIP-Tribüne stürmten und die Entlassung der kompletten grün-weißen Führungsriege forderten, erschütterte ihn.

"Zu den 'Bruckner raus'-Rufen kann man stehen, wie man will, aber dass er und sogar Peschek für die Vaduz-Pleite verantwortlich gemacht werden, ist Themenverfehlung. Da hat man sich paralysiert", so Krammer. Präsident Martin Bruckner kündigte daraufhin an, sich bei der Hauptversammlung im November nicht mehr der Präsidiumswahl zu stellen; Wirtschaftsgeschäftsführer Christoph Peschek trat mit sofortiger Wirkung zurück.

Überhaupt lässt Krammer kein gutes Haar an den Rapid-Anhängern, indirekt macht er sie sogar für den sportlichen Misserfolg der letzten Jahre verantwortlich: "Wenn man schaut, wann die zweiten Plätze erreicht wurden, waren das die Corona-Saisonen ohne oder mit kaum Publikum. Das ist frappierend, das sollte zum Nachdenken anregen. Kaum war das Publikum wieder da, war auch die Inkonstanz wieder da."

"Im Staff gibt es Personen, die nur das Negative sehen"

Aber auch gegen die sportlichen Verantwortlichen und deren Öffentlichkeitsarbeit fährt Krammer schwere Geschütze auf: "Es wurde gesagt: 'Wir freuen uns auf die Doppelbelastung. Wir sind für die Spiele bis Weihnachten gut vorbereit.' Was macht man dann? Man verschiebt das Heimspiel gegen Hartberg. Das passt nicht zusammen. Das ist auch ein Signal an die Mannschaft."

Überhaupt sei die Herangensweise in Wien-Hütteldorf an die Doppel- bzw. Dreifachbelastung in Form von Europacup, ÖFB-Cup und Bundesliga eine völlig falsche.

"Man muss schon sagen, dass es im Staff von Rapid Personen gibt, die nur das Negative sehen. Ein Co-Trainer hat mir mal eine intensive Analyse der UEFA vorgelegt, wie viele Punkte man in der Meisterschaft verliert, wenn man europäisch spielt. Ich habe dann gefragt: 'Soll das eine selbsterfüllende Prophezeiung sein, oder machen wir das Richtige, dass das nicht passiert?' Dann haben mich alle mit großen Augen angeschaut. Es hätte also eine vorgreifende Entschuldigung sein sollen...", verrät der 62-Jährige.

Krammer plädiert für geeinte Liste

Auch die Diskussion um die Ende November anstehende Präsidiumswahl beschäftigt Krammer.

Er war der letzte Rapid-Präsident, der sich keinem Wahlkampf stellen musste und ohne Kontrahenten gewählt wurde. Sein Nachfolger, Martin Bruckner, leistete sich hingegen bekanntlich ein hart geführtes Duell mit Roland Schmid, welches Rapid in zwei Lager spaltete. Mit diesen Gräben haben die Hütteldorfer nun, fast drei Jahre später, noch immer zu kämpfen.

Um die Wiederholung einer solchen Situation zu vermeiden, gibt Krammer alles dafür, dass es dieses Jahr nur eine Liste gibt, die sich bei der Hauptversammlung zur Wahl aufstellt. "Wir haben es 2019 mit einem Wahlkampf probiert, das ist - milde ausgedrückt - nicht so gut ausgegangen. Es ist notwendig, eine Liste zu formieren und nicht zwei, die mit eigenen Konzepten antreten. Sonst gibt es eine 55% zu 45% Abstimmung und dann sind 45% Verlierer", hofft Krammer, dass bei Rapid aus vergangenen Fehlern gelernt wird.

Krammer: "Hofmann will nicht Präsident werden"

Sich selbst sieht der Wiener in einer Vermittlerrolle, eine eigene Präsidentschaftskandidatur schließt er aus. Aktuell sei er daran interessiert, "die beiden Gruppierungen zusammenzubringen, damit sie miteinander reden und eine gemeinsame Liste abgeben, die bei der Hauptversammlung ein überzeugendes Konzept präsentiert".

Diese beiden Lager bestehen auf der einen Seite aus einer Liste rund um Klub-Legende Steffen Hofmann, andererseits aus einer Gruppierung rund um Gewerkschafter Franz Binderlehner, Birgit Trojan (Brauerei Schrems), Alban Caslli (Unternehmer), Oliver Stauber (Anwalt) und Markus Posset (Honorarkonsul, Medienmanager), die eigentlich für kommenden Freitag die Präsentation ihrer Kandidatur geplant gehabt hätte - allerdings wurde ihr von offizieller Rapid-Seite gedroht, dies vorerst zu unterlassen (Alle Infos>>>).

Krammer will allerdings wissen, dass die von Hofmann angekündigte Liste, die laut Medienberichten unter anderem Milliardär und SCR-Sponsor Michael Tojner, Allianz-Vorstand Christoph Marek und "Erste Group"-CEO Andreas Treichl beinhalten soll, in dieser Form gar nicht existiere. Hofmann selbst würde mit Sicherheit nicht Präsident werden wollen, ist sich Krammer sicher, viel mehr sieht er im Rapid-Rekordspieler eine Identifikationsfigur, die die Emotionen beruhigen soll und um die herum ein Präsidium geformt werden kann.

Überhaupt gehe es Krammer in der aktuellen Diskussion viel zu sehr "um einzelne Personen. Was ist das Ziel? Den Verein zu vereinen. Es geht darum, wie ich mit den Strukturen des Vereins umgehe, wie ich den sportlichen Bereich weiterentwickle, wen wir suchen, um Strukturen zu schaffen, die ein drei- bis fünf-Jahre-Konzept ermöglichen. Das alles geht mir ab."

Bleibt Rapid ein Mitgliederverein?

Auch die langfristige, strategische Ausrichtung Rapids beschäftigt Krammer. Für ihn gibt es für die SCR-Zukunft nur zwei Optionen: "Die erste wäre meine bevorzugte. Ich glaube, dass man einen Mitgliederverein sehr wohl fortführen kann, aber dann muss man an der Satzung einiges ändern. Man müsste meiner Ansicht nach die Periode, in der das Präsidium arbeitet, mindestens auf fünf Jahre (aktuell sind es drei, Anm.) ausweiten, um Konstanz hineinzubekommen. Außerdem müsste man das Wahlkomitee anders strukturieren, damit es nur eine Liste gibt, die zur Wahl antritt."

Er führt fort: "Die zweite Variante ist, Investoren zuzulassen. Ich frage mich aber, was besser laufen soll, wenn Investoren zugelassen werden. Wir haben Rapid 2017 mal bewerten lassen, als es eine Anfrage aus China gab. Eine Unternehmensberatungsfirma hat den Unternehmenswert auf 120 Millionen Euro bewertet. Wenn man verkaufen will, sind das 20, 30, 40 Millionen Euro. Jetzt frage ich mich: Welches österreichische Unternehmen nimmt mindestens 20 Millionen Euro in die Hand, um Sperrminoritäten zu kaufen?"

Der SK Rapid steht also am Scheideweg - wieder einmal. Ausgang ungewiss...

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