Lieblingsgegner war einmal!
Der SK Rapid bekam am 26. Spieltag der Admiral Bundesliga seine Grenzen aufgezeigt. Und zwar ausgerechnet von jenem Team, gegen welches die Hütteldorfer in elf Begegnungen davor nur einmal als Verlierer vom Platz gingen: Dem LASK.
Die Stahlstädter spielten die ersatzgeschwächten Hütteldorfer Gäste in der Raiffeisen Arena 45 Minuten nach allen Regeln der österreichischen Fußballkunst an die Wand, verloren nach Seitenwechsel zwar kurzfristig die Spielkontrolle, allerdings nur, um schlussendlich trotzdem einen hochverdienten 3:1-Sieg einzufahren (Spielbericht>>>).
"Wir haben in den ersten 45 Minuten nicht das auf den Platz gebracht, was wir uns vorgenommen haben. Wir waren wie das Kaninchen vor der Schlange: Zu passiv im Spiel mit und ohne Ball und sehr viele Ballfehler. Wir haben oftmals dem Gegner den Ball in den Fuß gespielt", schüttelt SCR-Coach Zoran Barisic auf der Pressekonferenz nach der Partie den Kopf.
Etwas drastischer als sein Trainer drückt sich Marco Grüll aus: "Die erste Hälfte war einfach unterirdisch. Wir waren vorne nicht drauf, haben uns wieder ein bisserl angeschissen und dann bekommt der Gegner Übergewicht. Man kann froh sein, dass es nicht 3:0, 4:0, 5:0 gestanden ist."
Rapid verteilte gleich mehrere Gastgeschenke
Chancen hätte der LASK nämlich genug auf eine noch höhere Pausenführung gehabt. Das 4-3-3, in welchem Barisic seine Rapidler auflaufen ließ, offenbarte viele Lücken im Mittelfeld, wurde offensiv nichtmal im Ansatz gefährlich und ermöglichte dem Linzer Gegner ein ums andere Mal einfache Ballgewinne.
So resultierte das 2:0 des LASK aus einem horrenden Ballverlust von Aleksa Pejic als letzter Mann; das 3:1 fiel nach einem schlimmen Fehlpass von Ante Bajic in den eigenen Sechzehner.
"Wenn man sich die Tore anschaut, die wir kriegen… Es begleitet uns schon die ganze Saison, dass, wenn wir Fehler begehen, wir rigoros bestraft werden", seufzt Barisic.
"Komplett anderes Gesicht in Halbzeit zwei"
Fast hätte es seine Mannschaft trotz der katastrophalen ersten Halbzeit dennoch zurück ins Spiel geschafft. Nach Seitenwechsel trat Rapid nämlich mit den eingewechselten Patrick Greil und Dejan Petrovic im gewohnten 4-2-3-1 und darin deutlich selbstbewusster auf.
Keine sechs Minuten waren gespielt, als Ferdy Druijf einen wunderschönen Spielzug mit einem technisch feinen Hacken-Abschluss zum Anschlusstreffer unterbrachte. Nur wenige Minuten später ließ der Holländer nach einem hohen Ball an die zweite Stange den Ausgleich aus, Greil scheiterte im Anschluss aus nächster Nähe mit der Ferse.
"In der zweiten Halbzeit haben wir einige Umstellungen vorgenommen und die Mannschaft hat ein komplett anderes Gesicht gezeigt. Plötzlich waren wir am Drücker, haben seriös gespielt, waren im Pressing präsenter und aggressiver und sind verdient zum Anschlusstor gekommen. Da hatte ich das Gefühl, wir haben das Momentum auf unserer Seite", schildert Barisic.
Der LASK kämpfte sich nach 15 wackeligen Minuten schließlich aber zurück in die Partie und stellte diesselbige mit dem 3:1 zehn Minuten vor Ende der regulären Spielzeit endgültig kalt.
"Ein weiteres Geschenk", kann es Barisic ob des bereits erwähnten Bajic-Fehlpasses nicht glauben: "Dann war es vorbei, wie wenn der Stecker gezogen wäre."
Drei Schlüsselspieler fehlten! Barisic: "Suche keine Ausreden"
Die Spurensuche nach den Gründen für die alles in allem ungenügende Leistung in der Raiffeisen Arena führt auf mehrere Fährten:
Zum einen fehlten Stammspieler wie die gesperrten Guido Burgstaller und Denso Kasius sowie der verletzte Leopold Querfeld an allen Ecken und Enden. Zum anderen dürfte die von Barisic zuletzt forcierte 4-3-3-Grundausrichtung nicht unbedingt zum Rapid-Kader bzw. im Speziellen zu den Hütteldorfer Mittelfeldspielern passen.
"Ich suche keine Ausreden, ich sage nicht, dass die Jungs noch nie in dieser Konstellation zusammengespielt haben. Aber es waren viele individuelle Fehler dabei, der Mut, gewisse Dinge einfach zu lösen, war nicht da", sagt Barisic zur Verletzungsmisere.
Und zur Kritik am vom 52-Jährigen gewählten Spielsystem folgendes: "Möglicherweise war es dem System geschuldet. Aber diese Ausrichtung hat schon einen Grund gehabt und es ist nicht das erste Mal, dass wir in so einem System agieren. Unabhängig vom System haben die Spieler, die in der zweiten Halbzeit am Platz waren, mehr Verantwortung übernommen, einfacher gespielt und den Ball nicht so schnell verloren."
Thema ÖFB-Cup nicht aus den Rapid-Köpfen zu bringen
Außerdem spricht Barisic einen weiteren Punkt an, der sein Team mental gedämpft haben könnte: Das in einer Woche anstehende Finale des ÖFB-Cups.
"Man kann dem nicht gegensteuern. Das ist das Cup-Finale, das ist menschlich, dass das in den Köpfen drinnen ist. Ich versuche es rauszubringen, und, dass wir uns auf den Moment konzentrieren."
Obwohl vor dem Endspiel in Klagenfurt noch das schwere Heimspiel gegen Serienmeister Red Bull Salzburg am kommenden Mittwoch ansteht, dreht sich in Wien-Hütteldorf seit Wochen alles nur mehr um das Cup-Finale und die damit verbundene Chance auf den ersten grün-weißen Titel seit 15 Jahren.
Da ist mir scheißegal, wie wir spielen, hauptsache wir gewinnen! Es zählt nur das Ergebnis
Auch auf der Pressekonferenz nach der Partie in Linz war diese Partie ein heißes Gesprächsthema. Es ist ein Thema, bei dem Barisic durchaus emotional wird: "Sogar jetzt reden wir über das Cup-Finale. Da ist mir scheißegal, wie wir spielen, hauptsache wir gewinnen! Es zählt nur das Ergebnis."
Grüll: "So werden wir nichtmal Vierter"
Fakt ist, dass das Klagenfurter Endspiel die wohl letzte Möglichkeit Rapids darstellt, ein Fixticket für eine Europacup-Gruppenphase im kommenden Herbst zu lösen. Rang drei ist nach der Pleite in Linz schon sieben Zähler und damit wohl unerreichbar weit entfernt.
Die Hütteldorfer stecken momentan viel mehr in einem Kampf um Rang vier, der immerhin einen Einstieg in Runde drei der Qualifikation zur Europa Conference League garantiert. Der Vorsprung auf Rang sechs, welcher gleichbedeutend mit einem kompletten Verpassen des internationalen Geschäfts wäre, ist nach Spieltag 26 plötzlich auf zwei Punkte zusammengeschmolzen.
"Jetzt kann es eng werden, das wissen wir selbst. Wenn wir so weiterspielen wie heute in der ersten Halbzeit, werden wir nicht Vierter bleiben. Das muss man ganz offen und ehrlich ansprechen", weiß Grüll.
Denn eines ist klar: Sollte Rapid in der Meistergruppe nicht langsam aber sicher in die Spur kommen, könnte die Hütteldorfer Saison mit einem noch größeren Schrecken enden, als sie begonnen hat.