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Wrabetz: Sparprogramm bei Rapid - außer bei der Mannschaft

Das neue Präsidium brachte Ruhe in den Verein. Aber jetzt müssen Ergebnisse auf allen Ebenen sichtbarer werden. Über Erwartungshaltung und nächste Schritte.

Wrabetz: Sparprogramm bei Rapid - außer bei der Mannschaft Foto: © GEPA

Seit etwas mehr als einem halben Jahr ist Alexander Wrabetz Präsident des SK Rapid Wien.

Nach einem stürmischen Herbst haben die letzten Monate unter seiner Führung etwas Ruhe ins grün-weiße Fahrwasser gebracht. Die neue Saison ist eine neue Chance, bringt aber neue Erwartungen der Fans an den Output. Auch abseits des Sportlichen sind Weiterentwicklungen eingeplant.

Welche das sind, warum die Budgeterhöhung eine große Aufgabe wird und was der Vereinsvorstand von der nächsten Zeit erwartet, wurde im LAOLA1-Interview bei der Eröffnung des Trainingszentrums besprochen.

LAOLA1: Sie sind etwas mehr als ein halbes Jahr Präsident. Im Zwischenfazit: War die Aufgabe bislang fordernder, als Sie sich gedacht hätten?

Alexander Wrabetz: Dass es eine besondere herausfordernde Situation ist, habe ich schon gewusst.  Der Verein war gespalten, hatte keine Geschäftsführung, die sportliche Lage war schwierig.

LAOLA1: Haben Sie das Gefühl, dass wieder genug Ruhe in den Verein eingekehrt ist und der Verein sich ausreichend auf die sportlichen Belange konzentrieren kann?

Wrabetz: Besser, als es im letzten Herbst war, ist es ganz sicher. Dass auch jetzt eine hohe Erwartungshaltung da ist, dass sich die Dinge im kommenden weiter Herbst bessern, ist klar. Aber wir haben das Vertrauen, dass wir auf einem Weg sind, auf dem es besser werden kann. Die Suche der Geschäftsführung war etwas zeitintensiver, weil ich eine Top-Lösung wollte und wir uns auch international umgeschaut haben.

LAOLA1: Bekannt wurden Sie als Generaldirektor des ORF - vom größten Medienunternehmen zum größten Fußballklub in Österreich. In welchen Punkten unterscheidet sich die Aufgabe am meisten?

"Bei der Wahl haben wir gesagt, dass unser Ziel die Top 3 sind. Das gilt natürlich grundsätzlich weiter. Wenn wir unsere Situation ehrlich analysieren, wird das in der kommenden Saison sehr schwer, aber näher am dritten Platz als in der abgelaufenen Spielzeit sollten wir dran sein."

Über Zielsetzungen

Wrabetz: Rapid hat die tollen Fans, die mit der Mannschaft über den Kontinent gehen, aber auch hohe Erwartungen an Mannschaft und Verein haben. Beim ORF hatte ich es auch mit unterschiedlichen Stakeholder-Gruppen zu tun, bei denen man schauen musste, mit unterschiedlichen Gruppen trotzdem einen Weg zu finden. Das ist ähnlich. Ansonsten sind es doch zwei sehr unterschiedliche Aufgaben.

LAOLA1: Das neue Präsidium durfte in den letzten Monaten vergleichsweise ruhig arbeiten, während die Vorgänger immer auch Kritik handhaben mussten. Wie werden Sie damit umgehen, dass eine gewisse Erwartungshaltung da sein wird?

Wrabetz: Die Erwartungshaltung haben wir ja selber, weil der sportliche Erfolg bei Rapid das Um und Auf ist. Nur sportlicher Erfolg wird auch eine wirtschaftliche Entwicklung ermöglichen. Darum haben wir gesagt, dass wir uns darauf konzentrieren müssen. Natürlich gibt es ein paar andere Dinge, um die man sich kümmern muss. In der Außendarstellung soll es nur im das Sportliche gehen, nach innen ist zu 95 Prozent die Frage, wie die Rahmenbedingungen für den Sport geschaffen werden, und zwar für die Profi-Mannschaft, damit es ihr besser ergeht.

LAOLA1: Die sportlichen Verantwortungsträger geben sich bei der Ausgabe sportlicher Ziele für die neue Saison defensiv. Was ist der Wunsch des Präsidiums in dieser Hinsicht?

Wrabetz: Bei der Wahl haben wir gesagt, dass unser Ziel die Top 3 sind. Das gilt natürlich grundsätzlich weiter. Wenn wir unsere Situation ehrlich analysieren, wird das in der kommenden Saison sehr schwer, aber näher am dritten Platz als in der abgelaufenen Spielzeit sollten wir dran sein. Auch wenn wir in der Meistergruppe zumindest vier sehr starke Gegner haben. Und das Überstehen der Qualifikationsrunden für die Conference League wäre ebenfalls sehr wichtig. Insgesamt sollten Trainerteam und Mannschaft zeigen, dass wir uns sportlich deutlich weiterentwickeln. Das sind wir den Fans schuldig, auch wenn wir noch einen schweren Weg zurück an die Spitze vor uns haben.

LAOLA1: Rapid mag starke Gegner haben, aber Potenziale in Bereichen, in denen sie die Konkurrenz nicht so vorfindet. Warum ist es in den letzten Jahren nicht so gut gelungen, den Fan-Zuspruch in Output umzumünzen, auf den es ankommt? Wirtschaftlich und in weiterer Folge sportlich?

Wrabetz: Meinen Vorgängern Tipps über die Vergangenheit zu geben, habe ich nie gemacht.

LAOLA1: Aber Sie werden die Vergangenheit sicher analysiert haben.

Wrabetz: Ja, haben wir. Aber ich glaube, dass alle das Bestmögliche gewollt haben. Manche Dinge sind aufgegangen, manche nicht. Ein Fakt ist, dass wir jetzt ein tolles Stadion und ein tolles Trainingszentrum haben. Das ist auch aus unserer finanziellen Substanz errichtet worden. Die Öffentlichkeit fragt sich, wo wir das Geld haben. Ja, Rapid hat ein starkes Vermögen, aber das ist hier verbaut und gebunden, wir haben durch die neue Infrastruktur auch hohe laufende Kosten. Deswegen ist der Anspruch jetzt, dass man das auch erfolgreich nutzt. Die beiden größten Treiber im österreichischen Fußball sind Transfererlöse und Gruppenphasen. Das wollen wir besser realisieren, als es in den vergangenen Jahren der Fall war. Um dafür die nötige Zeit zu haben, müssen wir ein striktes Sparprogramm in allen Bereichen fahren, die nicht unmittelbar die Kampfmannschaft betreffen. Und uns auf der Einnahmenseite weiterentwickeln. Aber wir haben eine starke Substanz mit den Fans und der Infrastruktur.

LAOLA1: Wie wird sich dieses Sparprogramm ausdrücken?

Wrabetz: In fast allen Bereichen. Aber wie gesagt, die Kampfmannschaft wird mehr Geld zur Verfügung haben. Ich glaube, dass auch die Fans da mitgehen, denn denen geht es ja um das Sportliche. Und so wichtig schöne Veranstaltungen sind, können sie nicht im Vordergrund stehen. Da bin ich bei Marcus Knipping, der über großes Detailwissen verfügt. Und bei vielen Positionen, die bei uns einfach gewachsen sind, gefragt hat: Wieso ist das so? Brauchen wir das wirklich?

LAOLA1: Eines der großen Versprechen Ihres Antritts war die Erhöhung des Budgets der Kampfmannschaft. Mit Marcus Knipping gibt es jetzt einen wirtschaftsverantwortlichen Mann des Understatements, der keine Luftschlösser bauen will. Und auch bei Markus Katzer war zuletzt die Euphoriebremse zwischen den Zeilen>>>. Welcher Zeitraum ist vorgenommen, wirklich relevante Fortschritte zu erzielen?

Wrabetz: Das ist das Ziel bis zum Ende der Dreijahresperiode, für die wir gewählt wurden. Aber die Steigerungen müssen wir vor allem mit Transfererlösen und dem Erreichen von Gruppenphasen finanzieren. Diese führen auch zu höheren sonstigen Erträgen bei Matchday-Erlösen etc. Da wir nicht sicher sein können - siehe Ausscheiden im Playoff vor einem Jahr - dass wir die Gruppenphase erreichen, müssen wir bei Investitionen in den Kader auf Sicht fahren. Ich bin froh, dass wir mit Marcus Knipping jemanden haben, der sehr nüchtern an die Dinge herangeht. Und mit "Mecki" Katzer jemanden haben, der mit den Realitäten umsichtig und kreativ arbeiten kann.

"Es stehen sehr gravierende Entscheidungen im Bereich der TV-Rechte an. Ich habe das von der "anderen Seite" aus rund 25 Jahre gemacht, das sind Erfahrungswerte, die sicher von Nutzen sind."

Über sein Bundesliga-Mandat

LAOLA1: Wird es schwieriger, mehr Geld aufzustellen, als Sie es sich gedacht haben? Sie haben eine relevante Erhöhung des Budgets als Ziel ausgegeben.

Wrabetz: Dass wir deutlich mehr in den Kader investieren müssen, wenn wir vorne mitspielen wollen - daran ändert sich nichts. Über Erfolge und Transfers Geld erwirtschaften, es wieder in die Mannschaft investieren und eine Aufwärtsbewegung in Gang setzen - das ist sicher schwerer, als man es vielleicht gedacht hat, weil unsere sportliche Ausgangssituation viel schwieriger ist.

LAOLA1: Inwiefern wird das neue Trainingszentrum ein wirtschaftlicher Faktor? Und wie weit sportliche Voraussetzungen schaffen, die vorher nicht da waren?

Wrabetz: Das liegt an denen, die hier arbeiten. Nur, wenn sich da alle voll reinhauen, von den Jungen bis zur Profimannschaft, wird sie sich auch wirtschaftlich rentieren. Jetzt ist das Zentrum einmal ein Vorinvestment, das Rapid getätigt hat. Die rund zehn Millionen Euro, die es gekostet hat, hätten wir auch in den Kader investieren können. Aber in ein paar Jahren werden uns die ersten Spielerverkäufe von jungen Spielern, die sich hier entwickelt haben und stark geworden sind, zeigen, dass es funktioniert. Und hoffentlich schon vorher sportlich, wenn die Mannschaft mit einem neuen Athletiktrainer (Martin Mayer, Anm.) und einem besseren Auftritt in die neue Saison geht.

LAOLA1: Im Frühjahr sollen die ersten Spiele der Frauenmannschaft stattfinden. Wie sieht der Fahrplan aus?

Wrabetz: Wir wollen mit der Herbstsaison 2024/25 in den Spielbetrieb einsteigen und vorher mit Testspielen beginnen. Wir stellen das Projekt von unten herab auf, beginnen jetzt einmal bei den Mädchen. Auch der Frauensport ist etwas, wo wir in die Zukunft investieren. Und das wird nur Schritt für Schritt gehen.

LAOLA1: Sie haben ein persönliches Mandat im Bundesliga-Aufsichtsrat angenommen. Warum?

Wrabetz: Nachdem meine erste Bewerbung im Herbst schiefgegangen ist, habe ich es noch einmal versucht. Das Mandat war durch den Abstieg von Ried vakant. Ich sehe Rapid in der Liga nicht unbedingt als etwas Besonderes, aber es ist wichtig, dass sich der größte Verein auch auf Augenhöhe mit den anderen einbringt, wenn es um gemeinsame Anliegen geht. Das habe ich in die Hand genommen. Es stehen sehr gravierende Entscheidungen im Bereich der TV-Rechte an. Ich habe das von der "anderen Seite" aus rund 25 Jahre gemacht, das sind Erfahrungswerte, die sicher von Nutzen sind.

LAOLA1: Wie ist Ihr persönliches Verhältnis zu anderen Klubbossen? Gibt es irgendwo Nachbesserungsbedarf? Vielleicht in Richtung Linz?

Wrabetz: Nein, gar nicht. Ich bin sehr froh, dass mich der LASK und Sturm vorgeschlagen haben. Mit Christian Jauk habe ich sowieso ein sehr gutes Verhältnis, weil wir uns beruflich schon lange kennen. Aber auch mit den anderen. Dass diese Wahl einstimmig über die Bühne ist, zeigt, dass eine gute Gesprächsbasis vorhanden ist. Es ist auch eine besondere Situation, dass mit Christoph Peschek ein alter Bekannter in der Klubkonferenz drin ist. Er hat sich voll für Rapid reingehaut und vieles geschaffen. Es wird von mir nie ein schlechtes Wort geben.

LAOLA1: An Herrn Peschek dachte ich gar nicht vorrangig.

Wrabetz: Sondern an Siegmund Gruber. Er war derjenige, der mich vorgeschlagen hat! Da gab es in der Vergangenheit Geschichten, aber er unterstützt das voll. Wir sind eben im Sport. Da ist jeder auch darum bemüht, der Beste und ganz vorn dabei zu sein. Und vorne gibt es nur wenige Plätze, da hat man eine Konkurrenz. Aber das heißt ja nicht, dass man nicht viele gemeinsame Themen hat. Darum geht es in der Bundesliga: Wie können wir sie weiterbringen. Vielleicht nützt mir da, dass ich noch keine so lange Funktionärsgeschichte habe.

LAOLA1: Was sind die Stellschrauben für die Saison 2023/24, an denen das Präsidium drehen will? Was wird hinter den Kulissen vorangebracht?

Wrabetz: Weil hinter den Kulissen viel zu tun ist, sollte man davor nicht zu viel darüber sprechen. Aber ich erwarte mir von Marcus Knipping, dass er jede einzelne Position zu optimieren versucht. Das wird ein paar Monate dauern. Zu Jahresbeginn 2024 möchten wir die endgültige Zielstruktur der Innenorganisation und personellen Aufstellung haben, dann sollen auch erfolge sichtbar werden. Das ist die Erwartung. Jene an den Sport ist, dass deutlich wird, dass wir die neue Infrastruktur gut nützen und mit den besten und modernsten Methoden arbeiten.

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