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Transfer-Streit: So lautet das "Vallci-Urteil"

Salzburg-Kicker wurde im Transfer-Streit tatsächlich geklagt. Gericht hat entschieden:

Transfer-Streit: So lautet das Foto: © GEPA

Im Sommer 2019 war Albert Vallci mit einer Klage wegen seines Transfers zum FC Red Bull Salzburg bedroht - LAOLA1 berichtete damals exklusiv.

Letztlich wurde sie auch eingereicht, und inzwischen ist das Urteil gefällt - ein Urteil, das den Verteidiger aufatmen lässt, schließlich wurde die Klage gegen ihn zurückgewiesen.

"Mein Mandant hat sich nichts zu Schulden kommen lassen", erklärt Vallcis Anwalt Peter Vogl im Gespräch mit LAOLA1.

Der vor dem Landesgericht Graz verhandelte Fall könnte durchaus auch Folgewirkungen für die heimische Berater-Branche haben. Schließlich könnte so manchem Profi das Licht aufgehen, dass sein vermeintlicher Exklusivvertrag mit einem Spielervermittler laut bestehendem Recht gar nicht mal so exklusiv ist.

Vogl: "Ich bin überzeugt, dass nur wenigen Fußballspielern bewusst ist, dass in Österreich exklusive Vermittlungsvollmachten von Spielerberatern praktisch keine Gültigkeit haben - das heißt, die Vollmacht gilt schon, aber sie ist nicht exklusiv. Nach der Rechtslage sind praktisch alle Exklusivitätsklauseln von Spielervermittlern rechtsunwirksam."

Bevor es hier ins Detail geht, ist es zuerst jedoch vermutlich notwendig, die Hintergründe dieses Streits in Erinnerung zu rufen.

Die Ausgangslage

Die Ausgangslage in aller Kürze zusammengefasst: Vallci war jahrelang Klient der Agentur Centerfield, die für ihn die Transfers zum SV Horn (Sommer 2016) und zum FC Wacker Innsbruck (Sommer 2017) abwickelte.

Den lukrativen Wechsel nach Salzburg (Jänner 2019) übernahm jedoch Ex-Profi Daniel Kastner, dessen Agentur vom Steirer kurzfristig ein schriftliches Mandat dafür bekommen hat - zu kurzfristig aus Sicht von Centerfield, das sich auf einen bestehenden Exklusivvertrag mit Vallci berufen und im letzten Moment ausgebootet gefühlt hat.

Alle Versuche einer außergerichtlichen Einigung scheiterten, entsprechend landete die Causa aufgrund einer Klage von Centerfield vor Gericht. Ein in dieser Branche trotz hoher Konfliktanfälligkeit nicht gerade üblicher Vorgang.

Mehr Details zur Ausgangsposition stehen in diesem Text:

Geklagt wurden sowohl Vallci als auch Kastner mit seiner DaKa GmbH.

Die technischen und in weiterer Folge genauer zu erläuternden Details des Urteils: Im Falle von Vallci wurde die Klage wegen Unzuständigkeit der ordentlichen Gerichte zurückgewiesen, die Klage gegen die DaKa GmbH wurde abgewiesen. Da Centerfield auf eine Berufung verzichtete, ist das Urteil rechtskräftig.

Bei LAOLA1 nehmen die drei Streitparteien zum Urteil Stellung:

Alleinvermittlungsaufträge sind im Sport zulässig, aber...

Eine entscheidende Rolle in dieser Causa spielt jedenfalls das Arbeitsmarktförderungsgesetz - konkret Paragraph 5, Absatz 4 des AMFG. Dort heißt es: "Alleinvermittlungsaufträge sind nur zulässig, soweit eine sachliche Rechtfertigung hierfür besteht."

"Das heißt, Alleinvermittlungsaufträge für Sportler sind zwar grundsätzlich zulässig, aber nur wenn eine sachliche Rechtfertigung für diese Exklusivität besteht", erläutert Vogl und konkretisiert:

"Und zwar eine echte sachliche Rechtfertigung, nicht nur eine hohle Begründung. Es ist zu wenig zu behaupten, man habe den Spieler ja laufend beraten, etwa in Ernährungsfragen. Im Vertrag muss drinnenstehen, dass die Agentur auch gewisse Pflichten hat, nicht nur Rechte. Agenturen behalten sich oft das exklusive Recht vor, zu vermitteln und dafür eine Provision zu kassieren. Bestimmte Pflichten für sich selbst sind in Verträgen oft nicht ausreichend vorgesehen."

Brisant in diesem Zusammenhang: Vogl fällt im Fußball gar kein Beispiel für besagte sachliche Rechtfertigung ein - und nach vielen Jahren in der Szene kann man dem Juristen und Ehrenpräsidenten der SV Ried bestimmt nicht vorwerfen, dass ihm die Branche fremd ist.

Das sagt Kastners Anwältin

Paragraph 5, Absatz 4 des AMFG spielt jedenfalls eine entscheidende Rolle bei der Abweisung der Klage gegen Daniel Kastner und seine DaKa GmbH. Im Namen des früheren Profis, der einst für Austria Salzburg und die SV Ried in der Bundesliga stürmte, bekräftigt dessen Anwältin Susanne Aigner:

"Albert Vallci hat vollkommen korrekt gehandelt, die drei Jahre alte Exklusivvollmacht war rechtsunwirksam. Er hat also zurecht auch einen anderen Berater bevollmächtigt. Es war Free Agent!"

Peter Vogl

"Mit meiner Mandantin hatte Centerfield bekanntermaßen keinen Vertrag abgeschlossen. Centerfield hätte gegenüber meiner Mandantin daher nur dann einen Anspruch durchsetzen können, wenn ein wirksam zwischen Centerfield und Vallci abgeschlossener Alleinvermittlungsauftrag gebrochen worden wäre. Das Vorliegen eines solchen Alleinvermittlungsauftrages wurde vom Gereicht verneint."

Aigner weiter: "Die Klagsabweisung gegen meine Mandantin wurde vor allem damit begründet, dass die Vereinbarung eines Alleinvermittlungsauftrages nur bei sachlicher Rechtfertigung zulässig ist. Eine solche sachliche Rechtfertigung liegt im konkreten Fall nicht vor. Dies insbesondere, da in der abgeschlossenen Vereinbarung keinerlei Verpflichtungen - zum Beispiel Beratungspflichten - von Centerfield enthalten waren. Centerfield bemühte sich, die sachliche Rechtfertigung damit zu begründen, dass tatsächlich diverse Beratungsleistungen für Vallci getätigt wurden. Solche freiwilligen Leistungen begründen aus Sicht des Gerichts allerdings keine sachliche Rechtfertigung."

Vogl: "Vallci war Free Agent"

Der im Jahr 2016 geschlossene Vertrag zwischen Centerfield und Vallci, im Rahmen dessen eben die Transfers zum SV Horn und nach Innsbruck abgewickelt wurden, verlor mit dieser Begründung aus Sicht des Gerichts seine Exklusivität.

Vogl: "Es geht darum, ob ich gegen Exklusivität verstoßen kann, wenn diese Exklusivität nicht wirksam vereinbart wurde. Natürlich gab es eine Bevollmächtigung. Aber was Albert Vallci zurecht und mit Erfolg vor Gericht eingewendet hat, ist, dass es die von Centerfield behauptete Exklusivität nicht gegeben hat."

Zwar seien exklusive schriftliche Bevollmächtigungen nicht unüblich. "Aber diese exklusiven schriftlichen Bevollmächtigungen sind in den allermeisten Fällen nichtig, weil gesetzeswidrig. Soll heißen: Albert Vallci hat vollkommen korrekt gehandelt, die drei Jahre alte Exklusivvollmacht war rechtsunwirksam. Er hat also zurecht auch einen anderen Berater bevollmächtigt. Er war Free Agent!"

Dass diese Begründung zwar bei der Abweisung der Klage gegen Kastner zum Zuge kam, das Gericht im Falle seines Mandanten die Klage lediglich wegen Unzuständigkeit zurückgewiesen hat, spiele laut Vogl in der Bewertung keine entscheidende Rolle: 

"Der Richter hat die Klage wegen einer Schiedsgerichtsvereinbarung aus formellen Gründen zurückgewiesen. Die entscheidende Passage im Urteil ist aber der Hinweis des Gerichts auf AMFG, Paragraph 5, Absatz 4, mit dem die Exklusivität der Vollmacht verneint wurde."

Centerfield-Geschäftsführer Hackl: "Urteil nicht verständlich"

Besagte Zurückweisung ist wiederum für Centerfield bitter. Auf Nachfrage von LAOLA1 betont Geschäftsführer Otmar Hackl: "Das Urteil ist aus unserer Sicht und auch aus Sicht des ÖFB nicht verständlich."

"Unabhängig von den juristischen Gründen für das Urteil kann es aber natürlich sein, dass unethisches Verhalten noch mehr überhand nimmt, da manche Berater es so auslegen werden, dass Abwerbungen trotz aufrechter Zusammenarbeit keine Konsequenzen haben."

Otmar Hackl

Der Grund, warum sich das Landesgericht Graz zwar im Falle des Streits mit der DaKa GmbH zuständig fühlte, jedoch nicht im Konflikt zwischen Centerfield und Vallci, liegt in einem juristischen Detail.

Hintergrund: Bis 2014 gab es ein von FIFA und ÖFB vorgesehenes Lizenzierungssystem für Spielervermittler. Dabei war für Streitigkeiten aus Spielervermittlungsverträgen ohne Auslandsbezug die Schiedskammer des ÖFB, ansonsten ein bei der FIFA eingerichtetes Schiedsgericht zuständig. Dieses Lizenzierungssystem gibt es nun nicht mehr.

"Die Klage wurde abgewiesen, da es eine Schiedsgerichtklausel, die früher Pflicht war, gibt. Der ÖFB beschäftigt sich jedoch seit Änderung des Spielervermittler-Reglements nicht mehr damit, was wir vom ÖFB auch schriftlich hatten. Das Gericht hat jedoch trotzdem gesagt, dass aufgrund dieser Klausel der ÖFB zuständig ist", erklärt Hackl.

Beim ÖFB sieht man dies laut Centerfield-Boss nach wie vor anders: "Der ÖFB hat uns noch mal klar gemacht, dass sie es auf keinen Fall behandeln und wir bei Gericht Berufung einlegen müssten. Dort würden sie das auch noch mal per Zeugenaussage darlegen."

Keine Berufung aus wirtschaftlichen Gründen

Diese Berufung wird es jedoch nicht geben, da Centerfield darauf verzichtet und das Urteil bereits rechtskräftig ist. Laut Hackl erfolgt der Verzicht jedoch nicht, weil man sich juristisch nicht im Recht fühle, sondern hauptsächlich aus wirtschaftlichen Überlegungen:

"Die Kosten und das finanzielle Risiko erhöhen sich bei einer Berufung noch einmal deutlich. Als kleineres Unternehmen konnten wir dieses einfach nicht mehr übernehmen."

"Spielervermittler sollten ihre Vertragsmuster auf ihre rechtliche Zulässigkeit überprüfen lassen."

Susanne Aigner

Stellt sich die Frage, ob dieses erstinstanzliche Urteil Auswirkungen auf die ganze Branche haben wird und wenn ja welche. Hackl glaubt nicht an gravierende Auswirkungen, da es aus seiner Sicht kein inhaltliches Urteil gegeben habe, sondern nur eine Abweisung wegen Unzuständigkeit.

Was er sehr wohl für möglich hält: "Unabhängig von den juristischen Gründen für das Urteil kann es aber natürlich sein, dass unethisches Verhalten noch mehr überhand nimmt, da manche Berater es so auslegen werden, dass Abwerbungen trotz aufrechter Zusammenarbeit keine Konsequenzen haben."

Keine "Knebelung" - ein Vorteil für die Spieler

Für Spieler könnte es indes ein Vorteil sein, dass sich sich nicht an eine vermeintlich exklusive Vollmacht "geknebelt" fühlen brauchen, sollte diese nicht rechtswirksam vereinbart sein. Sie könnten im Falle eine Wechsel-Wunsches auch mehrere Vollmachten ausstellen. Den Zuschlag bekäme schließlich jener Berater, der "verdienstlich" wird, sprich den neuen Vertrag aushandelt.

"Es gibt viele Spieler, die mit der Beratung unzufrieden sind, sich aber nicht trauen, den Spieleragenten zu wechseln, weil sie eine exklusive Vollmacht auf einen gewissen Zeitraum befristet haben", erläutert Vogl, der in besagter Causa jedoch nicht vom "Vallci-Urteil" sprechen möchte:

"Letztlich ist es ein Urteil erster Instanz, gegen das nicht berufen wurde. In meinen Augen konnte aber auch nicht berufen werden, weil in dem Urteil eine völlig klare Rechtslage zu Gunsten des Spielers Auswirkung gefunden hat. Da gab es keinen Interpretationsspielraum."

Ein guter Rat an die Spielervermittler

Aigner hat daher nach dieser Causa einen guten Rat für die Berater-Branche parat:

"Für Spielervermittler bedeutet dies für den Abschluss von Alleinvermittlungsaufträgen, dass auch sie sich gegenüber dem Spieler zu diversen Leistungen verpflichten müssen. Sind - wie im gegenständlichen Fall - nur Pflichten des Spielers im Vertrag enthalten, ist eine Exklusivitätsklausel nicht wirksam."

Sie empfiehlt allen Spielervermittlern daher, "ihre Vertragsmuster aus ihre rechtliche Zulässigkeit überprüfen zu lassen".

Oder wie es Vogl auf den Punkt bringt: "Das Besondere an diesem Fall ist, dass nicht ein Fußball-Senat, sondern ein nationales Gericht im Namen der Republik gesagt hat: Meine Herren, es gibt zur Frage von exklusiven Vermittlungsvollmachten ein Gesetz - Paragraph 5, Absatz 4 AMFG. Nach diesem Gesetz gibt es keine Exklusivität im Sportvermittlungsgeschäft - außer es gibt eine ganz konkrete sachliche Rechtfertigung, und Spielerberatung ist keine sachliche Rechtfertigung. Eine ganze Branche wurde also auf bestehendes österreichisches Recht hingewiesen - und zwar ein Gesetz, das womöglich kaum einem Spieler in Österreich bekannt ist."

Das sollte sich hiermit ändern.

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