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Rapid in der Krise: Die Mentalitätsfrage

Ist Rapid eine Einheit und wer übernimmt Verantwortung? Mentalität ist gefragt.

Rapid in der Krise: Die Mentalitätsfrage Foto: © GEPA

Beim SK Rapid ist Feuer am Dach - wieder einmal!

Kaum waren die Altlasten nach langer Verdauungsphase abgehakt, das Gefühl einer Euphorie vor dem Saisonstart zu erkennen, wird diese nach wenigen Wochen sofort wieder im Keim erstickt.

Nach nur einem Sieg aus vier Pflichtspielen, inklusive einem 1:1 gegen Altach, der 1:2-EL-Niederlage bei Slovan Bratislava und dem laut Präsidenten Michael Krammer eines "SK Rapid unwürdigen" 0:0 gegen den WAC ist die Krise perfekt - jetzt geht es im Rückspiel gegen Slovan um sehr viel (ab 20:30 Uhr im LIVE-Ticker).

Fehlt es Rapid an der notwendigen Mentalität?

Probleme, die schon Büskens und Canadi orteten

Eine Frage, die nicht zum ersten Mal aufkeimt. Immer wieder wurde hinterfragt, ob der aktuelle Kader die nötigen Spielertypen hat, um auf Rückschläge zu reagieren, auch kritische Phasen zu verarbeiten und das Siegergen in sich trägt.

Als es unter Ex-Sportdirektor Andreas Müller kriselte, löste dieser mit der Aussage "Diese Mannschaft ist keine Einheit" ein Erdbeben in Wien-Hütteldorf aus. So etwas hört man nicht gerne, schon gar nicht bei den Grün-Weißen, die sich Kritik oftmals verschlossen.

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Müller musste schlussendlich samt Mike Büskens die Koffer packen, wirklich besser wurde es nicht. Auch Nachfolge-Coach Damir Canadi prangerte die Wohlfühl-Oase beim Rekordmeister an, die vorzeitige Zufriedenheit und den fehlenden Biss.

Auch er spielte auf die Mentalitätsfrage an, der nächste Trainer wurde verschlissen. Seit Zoran Barisic besteht dieses Problem, drei Trainerwechsel und nur knapp zwei Jahre später wird bereits Goran Djuricin angezählt.

Ein Teamgefüge mit Makel

Dabei sind es wohl eher andere Mechanismen bei Rapid, die eine richtig erfolgreiche Saison inklusive Titel nicht möglich machen. Viele Spieler sind über die Jahre geblieben und müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, die Zeichen der Zeit nicht erkannt zu haben.

Rekord-Transfers ohne Output für die Hütteldorfer, eine Vielzahl an Legionären anstatt eigener, noch unter Barisic forcierten Talente und abgesägte Leistungsträger haben dem Teamgefüge sicherlich mehr geschadet als Nutzen gebracht.

Zuletzt räumte auch der aktuelle Sportchef Fredy Bickel im "Kurier" ein: "Diese Mannschaft ist extrem: Bei großem Lob wie nach dem starken Start neigt sie zur Überheblichkeit, bei harter Kritik ist der Hang zur Depression groß."

Ein deutlicher Beweis, dass die Spielertypen nicht ausreichend harmonieren, dass die Zusammenstellung des Kaders scheinbar zu einseitig war und es von jenen Charakteren, die die Mannschaft herausreißen und wieder aufbauen, zu wenige gibt. Fehler gibt Bickel zu, doch viele dieser Spieler waren schon vor seiner Amtszeit bei Rapid.

Dass in diesem Sommer wieder vier Legionäre geholt wurden, die der deutschen Sprache noch nicht mächtig sind und dadurch eine längere Eingewöhnungsphase brauchen, war sicherlich auch nicht dienlich. Ebenso wie die Verpflichtung von Christoph Knasmüllner schon vor dem Vollzug viele Skeptiker ob dessen Einstellung auf den Plan rief.

Wer übernimmt Verantwortung?

Dass Rapid spielerisch ein Level erreichen kann, auf dem man konkurrenzfähig ist, hat man mehrmals bewiesen - auch unter dem oft kritisierten Trainer Djuricin. Nur 45 gute Minuten, nach Führungen abschalten oder sich mit dem Erreichten zufrieden zu geben, sind eher mentale Problem, die das Team hat.

Zudem sind jene Typen, die Verantwortung übernehmen rar gesät. Dass das Karriereende von Steffen Hofmann inklusive Vorlaufzeit auch hierarchisch eine Neuordnung brachte, ist eine Tatsache.

Mit Stefan Schwab wurde ein neuer Kapitän auserkoren, der immer mit positivem Beispiel vorangeht, auch versucht, die Mannschaft aufzurütteln. Aber es ist auch logisch, dass er noch kein Hofmann ist, noch nicht die Erfahrung in dieser Rolle mitbringt und noch nicht jener Akteur ist, an dem sich alle Spieler anhalten, wenn es mal schlecht läuft.

Dahinter klafft jedoch bereits eine Lücke auf. Christopher Dibon wäre einer, der von der Mentalität her Gold wert ist, doch dessen Verletzungsmisere ist bekannt, somit kann er auf dem Platz aktuell wieder nicht helfen. Auch Max Hofmann genießt als Ur-Rapidler intern viel Respekt, ist aber auch nicht immer Stammspieler und vielleicht noch nicht laut genug.

Hängende Köpfe statt selbstbewusster Typen

Mario Sonnleitner hat die Erfahrung, ist einer der weiß, wie der Hase läuft, doch das oftmals fehlende Vertrauen in seine Person in den vergangenen Jahren hat auch an seiner Bedeutung für den Klub Spuren hinterlassen.

Louis Schaub war einer, dem diese Rolle zugetraut wurde, doch auch er konnte vor seinem Wechsel zum 1. FC Köln nie wirklich in diese Führungsrolle hineinwachsen. In den vergangenen Saisonen war es am ehesten noch Thomas Murg, der sich aufrieb und oftmals am Platz das Heft in die Hand nahm. Doch wie bei vielen anderen Akteuren fehlt ihm noch die nötige Konstanz, diese Verantwortung in jedem Spiel zu tragen.

Im Großen und Ganzen sind es, wie von Bickel angedeutet, zu viele Spieler aktuell, welche die Köpfe hängen lassen, wenn es mal nicht nach Plan läuft, die den nötigen Einsatz vermissen lassen und mental so angeknackst sind, um ihr Leistungspotenzial nicht mehr abrufen zu können.

Einer, der immer läuft und rackert ist Veton Berisha, diesen hob auch Kapitän Schwab in dieser schwierigen Zeit hervor. Allerdings agiert er vor dem Tor und bei gewissen Entscheidungen auf dem Platz glücklos und steht trotz der hochgehaltenen Rapid-Werte aufgrunddessen bei den Fans in der Kritik.

Lösung gesucht - besser heute als morgen

Diese Gründe werden mit Sicherheit bei Rapids Fehlersuche und Aufarbeitung der nicht zufriedenstellenden Wochen zum Thema werden. Die Frage ist nur, wie man mit dieser Erkenntnis umgeht und wie man das Problem löst?

Zeit ist bekanntlich teures Gut. Schon am Donnerstag im Rückspiel gegen Slovan Bratislava sollte eine Reaktion folgen, um nicht schon früh das erste Saisonziel, die Gruppenphase der Europa League, ad acta legen zu müssen.

Wie Bickel betonte, ist die Schuld nicht bei einem Einzelnen zu suchen - weder beim Trainer, noch beim Sportdirektor, noch bei einem einzelnen Spieler. Aus der aktuellen Situation können die Wiener nur zusammen rauskommen.

Bickel und Djuricin glauben noch an den Umschwung, wollen den Zusammenbruch abwenden. Allerdings müsse sich jeder hinterfragen. Nur wenn jeder nach dem nächsten Spiel behaupten kann, alles für den Erfolg versucht zu haben, können die Grün-Weißen aus diesem Loch herausfinden.

Es wird eine Mentalitätsfrage, wer diesem Druck bei Rapid gewachsen ist und wer sich gegen die immer größer werdende Krise aufbäumt. Fällt die Antwort negativ aus, warten auf Rapid ungemütliche Wochen, die in einem neuerlichen Umbruch gipfeln könnten.

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