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Mega-Talent, Bad Boy, TSV-Star: Avdijajs Sackgasse

Der Weg von Donis Avdijaj in die Sackgasse. Skandale, Preisschild und wenig Ruhm.

Mega-Talent, Bad Boy, TSV-Star: Avdijajs Sackgasse Foto: © GEPA

Er war ein Jungstar, ein königsblaues Nachwuchstalent, dem die Fußballwelt offenstand.

Von Schalke 04 in jungen Jahren vergoldet - es gibt mit Sicherheit ruhigere Klubs, um am Boden zu bleiben -, hätte Donis Avdijaj Europa erobern sollen. Gelandet ist er mit gerade einmal 25 Jahren beim TSV Hartberg.

Der einst hochgejubelte Rohdiamant steht vor einem Neuanfang. Zu erfolglos sind die letzten Jahre sportlich verlaufen, sein Bad-Boy-Image konnte der Deutsche nie ablegen und polarisiert hat er immer schon. "Er ist ruhiger geworden", verteidigt TSV-Sportdirektor Erich Korherr den Transfer des früheren Problem-Profis, der nach einem aus Hartberg Sicht "super Gespräch" bis 2023 unterschrieb, in der "Kleine Zeitung".

"Er brennt darauf zu spielen, will noch einmal durchstarten und alles zeigen, was er kann", so Korherr. "Ich habe bei Avdijaj wirklich ein gutes Gefühl." Die vergangenen Jahre waren mehr eine Odyssee als ein sportlicher Erfolgslauf. Dass Avdijaj noch immer gute Anlagen hat, ist wohl unbestritten. Ob er jedoch dazugelernt hat und Fußball in seinem Leben wieder mehr Gewicht besitzt, bleibt abzuwarten.

Ein kleiner Rückblick auf seinen bisherigen Karriereweg zeigt definitiv, dass nicht immer alles nach Plan lief.

49 Millionen Ablöse als 17-Jähriger - und die Folgen

Bei Hartberg weiß man, dass Avdijaj turbulente Jahre hinter sich hat. Mit 17 Jahren wurde dem offensiven Ballzauberer bereits ein Preisschild verpasst, vom großen FC Schalke. Es war der März 2014, die Schalker Talenteschmiede zählte damals etwas, Julian Draxler war gerade der jüngste Emporkömmling.

Somit wollte Schalke vorsorgen. Mit sensationellen 44 Toren und 13 Assists in 25 Spielen für die U17 in der Saison 2012/13 sahen die "Knappen" in Avdijaj den kommenden Superstar. In den DFB-Nachwuchsauswahlen spielte er für die U16, U17 und U19, später entschied er sich dann, für den Kosovo aufzulaufen (6 Einsätze, 2 Tore).

Seinen ersten Profi-Vertrag sicherte der ehemalige Sturm-Sportdirektor Horst Heldt dann mit einer unfassbaren festgeschriebenen Ablösesumme von 49 Millionen Euro ab - daran wurde Avdijaj gemessen, davon erholte er sich nie, deshalb war das Abheben möglicherweise nur eine Frage der Zeit. Noch nie wurde eine Ablösesumme für einen Spieler dieses Alters höher festgesetzt, bis zu diesem Zeitpunkt.

Die gesamte Ausbeute für die Schalke-Profis liest sich ernüchternd: 12 Einsätze, 2 Tore - das war's. Weil der Jungstar mehr mit Skandalen, Eskapaden und teuren Autos auffiel.

Bad-Boy, Negativschlagzeilen und verrücktes Interview

Im Oktober 2014 krachte er mit einem Mercedes SL63 AMG V8 Biturbo in einen Lamborghini und ließ bei Schalke die Alarmglocken schrillen. Man wollte darüber hinwegsehen, lieber vom Sportlichen profitieren, doch Avdijaj war noch kein Thema für die Profis und bei der zweiten Mannschaft lief es nicht rund, zudem krachte er mit dem Trainer zusammen.

So kam Avdijaj per Leihe zu Sturm Graz - ein Glücksgriff für die "Blackies" sollte es werden. Der Dribblanski überzeugte, wirbelte die Bundesliga auf, kam in 45 Einsätzen auf 13 Tore und 11 Assists.

Doch auch in der Steiermark blieben die Schlagzeilen nicht aus. Hinter vorgehaltener Hand berichten Ex-Kollegen von so manchem nächtlichen Ausflug, der Youngster genoss das Nachtleben in Graz und Wien in vollen Zügen. Eines der legendärsten Interviews überhaupt stammte aus dieser Zeit, in dem sich der aufstrebende Youngster in einem Schwimmbad voller Geld wähnte, umgeben von Pferden auf denen er wegreitet.

Hier gibt es das verrückte Kultinterview zum Nachsehen:

Avdijaj hob ab und ging bei Schalke unter

Es sollte nicht das einzige Interview bleiben, das aufgrund der offenen und ehrlichen Art des Osnabrückers zum Schmunzeln animierte. Auch nach seiner Rückkehr von Graz nach Gelsenkirchen rissen die negativen Schlagzeilen nicht ab, das Sportliche rückte immer mehr in den Hintergrund.

Wieder war eine Autofahrt Schuld daran, dass er massive Kritik erntete. Bei einer Spritztour durch Osnabrück ignorierte er eine rote Ampel, gefährdete eine Radfahrerin und beschädigte ein anders Fahrzeug beim Einparken, ohne den Vorfall auch nur irgendwie zu melden.

Schlussendlich ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen Fahrerflucht, Schalke verpasste ihm eine gehörige Geldstrafe, den Führerschein war er vorerst mal los und die Einsicht kam - wenn überhaupt - dann erst spät. Denn Avdijaj rückte dann doch raus, was passiert war und Schalke versuchte den Vorfall wieder öffentlich aufzuklären und das Fehlverhalten des Spielers zu entschuldigen.

Avdijaj lernte daraus aber zu diesem Zeitpunkt nur wenig, kam zu wichtigen Terminen zu spät oder agierte lustlos auf der Asienreise des Klubs und ließ seine Unlust die Öffentlichkeit spüren. Irgendwann war das Fass übergelaufen, Schalke zog einen Schlussstrich, nachdem er auch bei der Leihstation Roda Kerkrade mit 14 Einsätzen (4 Tore) nicht brillierte.

Vereinslos, viele Klubs, wenig Erfolg

Seitdem tingelt Avdijaj in der Weltgeschichte herum. Der Erfolg hielt sich in Grenzen. Nach seinem Auftritt bei Willem II war er sogar vier Monate vereinslos. Es folgten Stationen bei Trabzonspor, Heart of Midlothian in Schottland und weitere vier Monate ohne Vertrag bei einem Klub.

Jeder Klub hoffte, das Potenzial des begabten Akteurs doch noch irgendwie herauszukitzeln und einen Umschwung zu bewirken, allerdings ohne Erfolg.

Der Abstieg ging mit nur zwei Monaten beim FC Emmen und einem halben Jahr bei AEL Limassol weiter. Nun soll er geläutert sein, bei Hartberg einen Neuanfang wagen und alles hinter sich lassen, darauf hoffen zumindest die Verantwortlichen der knapp 7.000-Einwohner-Stadt in der Oststeiermark.

Korherr hofft auf Avdijaj: "Ich glaube, die Ruhe in Hartberg kann perfekt sein"

Korherr konnte sich etwa in Bezug auf den noch offenen Wohnort Avdijajs - in Hartberg, Gleisdorf oder Graz - einen kleinen Seitenhieb nicht verkneifen. "Ich habe ihm aber gleich gesagt, dass ich sehr viele Leute in Graz kenne. Ich glaube, die Ruhe in Hartberg kann perfekt sein", wäre es dem sportlichen Leiter lieber, wenn er nicht in einer für das Nachtleben bekannten Hochburg unterkommen würde, sondern sich in Hartberg auf das Wesentliche konzentriert.

Dieser meint zur neuen Aufgabe: "Ich freue mich total auf die Aufgabe in Hartberg. Es ist ein toller Klub, der sehr stabil geführt ist und sich sehr gut hält. Sie vertrauen mir, ich vertraue ihnen. Ich denke, dass wir gemeinsam erfolgreich sein können."

Vertrauen wird entscheidend sein, um die Karriere des 25-jährigen Stürmers wieder anzukurbeln. Vielleicht ist der Groschen gefallen und die Steiermark verleitet ihn ein weiteres Mal dazu, ein positives Kapitel in seiner Karriere einzuleiten.

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