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Marketing-Check: Wirklich mehr als ein Club?

Marken-Analyse zeigt, sogar Handball-Vereine arbeiten professioneller als ÖFB-Erstligisten!

Marketing-Check: Wirklich mehr als ein Club?

„Echte Liebe“. „Mes que un club“. „Mia san mia“.

Die Claims europäischer Großklubs sind vielen schon genau so geläufig wie „Taste the feeling“, „Was der alles hat“ oder „Wir lieben Autos.“

Kein Wunder. Die Prinzipien modernen Marketings gelten da wie dort. Alleine die 577 Mio. Euro, die Real Madrid in der vergangenen Saison umgesetzt hat, machen deutlich, dass es sich hier längst nicht mehr nur um „Sport-Vereinigungen“ handelt.

Doch gerade in Sachen Marketing und Marken-Bildung stellt sich die Frage: Wie professionell arbeiten eigentlich die österreichischen Klubs?

LAOLA1 hat sich die Positionierung der zehn Oberhaus-Vereine in der vergangenen Saison anhand von Marketing-Archetypen angeschaut. Das Ergebnis ist ernüchternd: Hinter Salzburg, Rapid und Austria klafft eine große Lücke. Sogar heimische Handball-Klubs arbeiten besser als so mancher Fußball-Erstligist…

Arche…was???

Seine Marke aufzuladen. Sich zu positionieren. Sich in gewisser Hinsicht einzigartig oder eben „unique“ zu machen. Das und noch viel mehr macht Marketing.

Zur besseren Veranschaulichung, wie sich die Klubs positioniert haben, bedient sich LAOLA1 dem Archetypen-Ansatz. Zum Verständnis ein zarter Happen Theorie:

Dieser Ansatz geht auf den Schweizer Psychologen Carl Gustav Jung zurück, der beobachtete, dass es in Mythen und Erzählungen aller Kulturen ständig wiederkehrende Grundtypen von Figuren mit festen Bedeutungs-Zuschreibungen gibt. Jung reduzierte diese Schlüsselbilder auf zwölf sogenannte Archetypen. Diese „Helden-Arten“ bleiben im Laufe der Zeit konstant. Heute sind sie in jedem Kino-Film zu finden. Das Ziel von Archetypen-Marketing lautet somit, seine Marke als eine dieser in unserem Unterbewusstsein verankerten Helden-Figuren zu positionieren. Überschneidungen inklusive.

Eine Charakterisierung der zwölf Archetypen:



Ein breites Feld tut sich auf. Doch welchen Nutzen bringt eine derartige Positionierung nun genau für einen Sport-Verein? „Im Idealfall finden Sponsoren sowie Klubs mit einer passenden Ausrichtung so besser zueinander“, erklärt Michael Holzer. Der Geschäftsführer der Agentur „Mensch & Marke“, der Sport-Größen wie Felix Gottwald, Julia Dujmovits oder Rainer Schönfelder betreut, weiß jedoch, dass der Alltag (noch) etwas anders aussieht. „In den meisten Fällen kommt ein Sport-Sponsoring viel banaler zustande“, spielt der Szene-Kenner auf typisch österreichische Faktoren wie „Ich kenne einen, dessen Frau kennt…“ an. „Aber man sieht, dass die Entwicklung sehr wohl in eine professionellere Richtung geht.“

Doch bevor Holzer mit LAOLA1 die zehn österreichischen Oberhaus-Klubs im Archetypen-Universum einzuordnen versucht, drängt sich die Frage auf, inwieweit überhaupt moderne Marketing-Begriffe mit Low-Budget-Teams wie Mattersburg oder Grödig zusammenpassen? Oder anders gefragt: Geschieht dort überhaupt eine Positionierung?

Holzer entkräftet: „Mit Positionierung verhält es sich wie mit Kommunikation. Genau wie man nicht nicht kommunizieren kann, kann man sich auch nicht nicht positionieren.“ Es sei lediglich eine Frage der Ausdifferenziertheit.


SV Grödig: Abhanden gekommener Rebell

"Der aufmuckende Rebell" sollte hier eigentlich stehen. So hatten sich die Grödiger innerhalb des Oberhauses nämlich positioniert. Denn Abstieg hin oder her - wenn man wie Grödig im unmittelbaren Umfeld von Liga-Krösus Salzburg versucht mitzumischen, dann hat das zweifellos etwas Rebellisches.

Der Ausstieg aus dem Profi-Fußball macht diese Einschätzung jedoch mehr oder weniger obsolet. Aus Marketing-Sicht sah Holzer das Tabellen-Schlusslicht gar nicht schlecht aufgestellt. "Mir fehlte es aber an der letzten Inspiration und wie so oft an der Beantwortung der Frage: Warum soll ein Fan sein Herz an Grödig hängen? Es fehlten die Emotions-Treiber." Etwas, das auch seinen Teil zum Grödiger Aus beigetragen hat.


SV Mattersburg: Kaum Kommunikation, kaum positioniert

Keine Presse-Aussendungen, keine Facebook-Seite, kaum Hintergrund-Berichte auf der Homepage. Aus dem Auftritt der Mattersburger spricht einzig die Knappheit der Mittel. Es sieht nicht danach aus, als würde Wert auf Marken-Aufbau gelegt werden.

„Wenn man den Mattersburgern unbedingt einen Archetypen andrehen wollte, dann den des Rebellen, weil sie zwar zu kurz kommen, aber TROTZDEM in der ersten Liga spielen“, schließt Holzer.


SCR Altach: Im Geheimen ein kleiner Schöpfer

„Das Einzige, was in der Kommunikation der Vorarlberger bislang herausstach, war die übermäßige Präsenz des Wettsponsors, was in Zeiten von Spielmanipulationen von den Menschen eher negativ konnotiert wird“, so der Markenexperte.

Auf der neuen Homepage kommen die Rheindorfer sortierter daher und streichen ihre Bedeutung sowie Vorreiterrolle in Sachen Profi-Sport innerhalb der Region hervor. Ein Bild, welches außerhalb der Klub-Broschüre sowie der Ländle-Grenzen bislang aber nicht angekommen ist.


SV Ried: Die Magie ist dahin

Ried war in Österreich über Jahre hindurch der Inbegriff des Fußball-Dorfes. Die Wikinger bewiesen auf gallische Art und Weise, dass man keine Metropole sein muss, um eine Rolle zu spielen. Das ständige Herauszaubern von neuen Spielern und funktionierenden Trainern nahm streckenweise wundersame Züge an.

Doch die fortschreitende „Provinzialisierung“ der Bundesliga durch Klubs wie Grödig oder Mattersburg sowie sportliche Krisen der Innviertler haben dazu geführt, dass vom einstigen Alleinstellungsmerkmal nicht mehr viel übrig ist. „In Sachen Markenauftritt sowie emotionaler Aktivierung geht mehr. Der Internet-Auftritt erinnert an einen Fleckerl-Teppich“, resümiert Holzer.


Wolfsberger AC: Mischung aus Kumpel und Schöpfer

Die Kärntner sind ein gutes Beispiel dafür, dass Marketing keine Frage des Geldes ist.

Das erkennt auch Holzer honorierend an: „Beim WAC sitzen Leute, die mit frischen Ideen daherkommen, die einige Dinge sehr richtig machen. Von Extra-Benefits für Abonnenten über Konzerte, einem frechen Twitter-Account bis hin zu einem Facebook-Support, der mir taugt.“ Dabei begegnen Klub und Fans einander auf Augenhöhe.


Wie die obere Tabellenhälfte abschneidet und was der Kardinalfehler der meisten Klubs im Marketing ist, erfährst du im zweiten Teil:


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