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Schmid - die (noch) größere Derby-Legende?

Manfred Schmid ist noch mehr Austria als Gegenüber Kühbauer Rapid.

Schmid - die (noch) größere Derby-Legende? Foto: © GEPA

Endlich wieder Derby-Time!

Obwohl das Wiener Derby aufgrund sportlicher Turbulenzen in den vergangenen Jahren vielleicht nicht mehr das absolute Bundesliga-Topspiel darstellte, ist es vom Prestige und der Geschichte her noch immer das größte Duell des Landes.

Mit dem in den letzten Spielen ausgemerzten Liga-Fehlstart Rapids und der Roten Laterne, welche die Austria inne hat, herrscht vor dem anstehenden Duell besondere Brisanz.

Auch auf der Trainerbank: Austrias Manfred Schmid steht vor seinem Derby-Debüt als Chefcoach, schon als Spieler waren er und Gegenüber Didi Kühbauer beinharte Gegenspieler im Dienste ihrer Wiener Herzensklubs.

Was zu der Tatsache führt, dass sich Schmid sogar noch länger, noch öfter, in noch mehr Derbys für die Austria ins Zeug legte, als es Kühbauer für Rapid tat - also eine (noch) größere Derby-Legende ist.

14 Jahre als Spieler plus Jahre als Trainer Austria im Herzen

In Zeiten wie diesen unvorstellbare 14 Jahre trug Schmid das Trikot der Violetten, Vereinstreue auf einem ganz großen Level, auch wenn in den 80er und 90er Jahren noch vergleichsweise viele Spieler zahlreiche Jahre bei einem Verein verbrachten.

Der defensive Mittelfeldspieler, der beim 1. Simmeringer SC startete, trat ab 1988 in die Austria-Jugend ein, die Talenteschmiede der Favoritner, und sollte das Trikot bis 2002 in Ehren halten. Auf höchstem Niveau spielte Schmid sonst nur ein halbes Jahr für den LASK (18 Einsätze), ehe er für ein halbes Jahr zu den Austria Amateuren zurückkehrte und danach nur mehr unterklassig spielte.

283 Mal lief der heute 50-Jährige für seine Veilchen auf, 224 Mal davon in der Bundesliga. Insgesamt schoss er elf Tore für die Austria, wobei seine Qualitäten ganz klar im defensiven Bereich lagen, um seinen offensiven Vorderleuten den Rücken frei zu halten.

Längere Vereinstreue, mehr Spiele, mehr Titel als Kühbauer mit Rapid

Zieht man den Vergleich zu Kühbauer, liegen knapp 100 Einsätze Unterschied zwischen dem Rapid- und dem FAK-Urgestein, ganz genau kurbelte der jetzige SCR-Coach 184 Mal das Spiel seiner Hütteldorfer an (41 Tore), 115 Mal davon in der Bundesliga (30 Tore).

Kühbauer und Schmid im Derby-Clinch
Foto: © GEPA

Ein deutlicher Unterschied liegt bei der Dauer der Vereinszugehörigkeit. Im Gegensatz zu Schmids 14 Jahren im Süden Wiens wirken Kühbauers fünf Saisonen wie ein kurzes Intermezzo - wobei festzuhalten ist, dass sich Kühbauer auch in dieser Zeit als echter Rapidler etabliert und bis heute die Herzen der Fans gewonnen hat.

Zudem war Kühbauer kein Rapid-Eigenbauspieler, blickte er doch auf eine Vergangenheit in der Mattersburg-Jugend und der Admira zurück. Außerdem entschied er sich für eine internationale Karriere, die ihn immerhin zu Real Sociedad und VfL Wolfsburg führte, ehe er seine Profi-Karriere in Mattersburg ausklingen ließ.

Auch in puncto Titel hat Schmid die Nase vorne. Als Aktiver konnte der Mittelfeldakteur drei Mal den Meistertitel mit den Violetten erringen (1991, 92, 93) und einmal den ÖFB-Cup (1994) einstreifen. Kühbauer hingegen blickt auf eine Meisterschaft 1996 und den letzten Rapid-Cupsieg der Geschichte 1995 zurück, dazu kommt der Europacup-Finaleinzug 1995/96 mit dem verlorenen Endspiel gegen Paris St. Germain.

Direkte Derby-Duelle waren Salz in der Suppe

Von diesem Standpunkt her, auch wenn "Don Didi" definitiv für mehr Schlagzeilen sorgte, ist die Person Manfred Schmid der Austria noch mehr verbunden als Kühbauer Rapid.

Schmid ist ein echter Wiener, Kühbauer ein Burgenländer. Lustiges Detail am Rande: Das Selbstvertrauen Schmids ragt genau einen Zentimeter mehr zum Himmel als jenes von Kühbauer (1,74 zu 1,73m Körpergröße). Auf dem Platz trafen die beiden verbissenen Kämpfer und Rackerer des öfteren aufeinander.

Insgesamt 13 Mal standen sich die beiden Kontrahenten unterschiedlicher, grün-weißer bzw. violetter Gesinnung, in der Bundesliga gegenüber, 1.089 Minuten Spielzeit absolvierten sie gegeneinander - die Bilanz ist komplett ausgeglichen.

Kühbauer ging vier Mal, Schmid ebenfalls vier Mal als Sieger vom Platz, fünf Mal gab es eine Punkteteilung im Duell der Austria mit Rapid, wenn beide Akteure auf dem Feld standen. Selbst das Torverhältnis von 15:16 ist fast ausgeglichen in diesen Spielen. Ein Tor konnte keiner der beiden jemals in einem Wiener Derby erzielen.

Schmids Weg eng mit Stöger verbunden

Auch nach dem Karriereende war der nunmehrige Austria-Cheftrainer dem FAK eng verbunden, immerhin startete er als U19-Trainer die "Karriere danach", war Co-Trainer der Austria Amateure, ehe er bei Schwanenstadt Erfahrung sammelte, um dann bei Wiener Neustadt wieder in die zweite Reihe zu treten - hinter Helmut Kraft, Peter Schöttel und... Peter Stöger.

Ein einschneidendes Erlebnis, denn dem ehemaligen Teamkollegen wich er in weiterer Folge nicht mehr von der Seite. Als sein Co-Trainer wurde er 2013 Meister mit der Austria, in viereinhalb Jahren gelang beim 1. FC Köln der Aufstieg, Etablierung in der deutschen Bundesliga sowie die Rückkehr in den Europacup.

Auch bei Borussia Dortmund war er an Stögers Seite, ehe sich die Wege trennten und Schmid als Chefscout und nachher als Co-Trainer sowie Individual- und Entwicklungscoach zum 1. FC Köln zurückkehrte und im Sommer ausgerechnet Stögers Erbe als Cheftrainer seiner großen violetten Liebe antrat.

Schmid und Austria - das passte in der Vergangenheit bereits sehr gut, über viele Jahre. Ob es nun auch als Cheftrainer klappt, bleibt abzuwarten. Ein positives Derby-Ergebnis wäre durchaus ein vielversprechender Start und würde ihn in der Gunst der eigenen Fans noch mehr steigen lassen. Denn die Derby-Bilanzen der Austria-Trainer könnten unterschiedlicher nicht sein:

Die Bilanz der Austria-Trainer bei ihrem Derby-Debüt:

Trainer
  1. Wr. Derby
Ergebnis Derby-Bilanz
Peter Stöger 29.11.2020 1:1 2 Spiele: 2 Remis
Christian Ilzer 1.9.2019 1:3 2 Spiele: 1 Remis, 1 Niederlage
Robert Ibertsberger - - Kein Derby
Thomas Letsch 15.4.2018 0:4 1 Spiel: 1 Niederlage
Thorsten Fink 12.8.2015 2:5 (h) 12 Spiele: 3 Siege, 3 Remis, 6 Niederlagen
Andreas Ogris 17.5.2015 1:4 (a) 1 Spiel: 1 Niederlage
Gerald Baumgartner 24.8.2014 2:2 (h) 3 Spiele: 2 Siege, 1 Remis
Herbert Gager 6.4.2014 0:1 (h) 1 Spiel: 1 Niederlage
Nenad Bjelica 11.8.2013 0:0 (a) 3 Spiele: 1 Remis, 2 Niederlagen
Peter Stöger 5.8.2012 3:0 (a) 4 Spiele: 3 Siege, 1 Remis
Ivica Vastic 18.2.2012 0:0 (a) 2 Spiele: 2 Remis
Karl Daxbacher 24.8.2008 0:3 (a) 14 Spiele: 5 Siege, 3 Remis, 6 Niederlagen
Georg Zellhofer 5.11.2006 1:1 (a) 7 Spiele: 1 Sieg, 4 Remis, 2 Niederlagen
Frenkie Schinkels 5.3.2006 3:0 (a) 3 Spiele: 2 Siege, 1 Remis
Peter Stöger 26.5.2005 1:0 (a) 4 Spiele: 2 Siege, 2 Niederlagen
Günther Kronsteiner/Lars Söndergaard 2.5.2004 2:1 (a) 4 Spiele: 2 Siege, 2 Remis
Joachim Löw 17.8.2003 2:2 (a) 3 Spiele: 1 Sieg, 2 Remis
Christoph Daum 27.10.2002 2:1 (a) 3 Spiele: 1 Sieg, 2 Remis
Walter Schachner 7.8.2002 1:1 (h) 1 Spiel: 1 Remis
Didi Constantini 6.3.2002 1:1 (a) 2 Spiele: 2 Remis
Walter Hörmann/Anton Pfeffer 25.11.2001 1:1 (a) 1 Spiel: 1 Remis
Arie Haan 6.5.2001 0:2 (a) 2 Spiele: 1 Sieg, 1 Niederlage
Heinz Hochhauser 13.8.2000 1:1 (a) 3 Spiele: 2 Siege, 1 Remis
Ernst Baumeister 9.5.2000 3:0 (h) 1 Spiel: 1 Sieg
Herbert Prohaska 31.7.1999 0:3 (h) 3 Spiele: 3 Niederlagen
Friedl Koncilia 11.5.1999 0:0 (a) 1 Spiel: 1 Remis
Zdenko Verdenik 8.9.1998 0:1 (h) 3 Spiele: 1 Remis, 2 Niederlagen
Robert Sara 2.5.1998 0:0 (a) 1 Spiel: 1 Remis
Wolfgang Frank (bis 8.4.1998 im Amt) 4.5.1997 0:0 (h) 4 Spiele: 1 Remis, 3 Niederlagen

Richungsweisendes Wiedersehen ehemaliger Erzrivalen

Das 333. Wiener Derby wird eine Nervenschlacht, ein richtungsweisendes Duell zweier Erzrivalen, die sich den Saisonstart durchaus positiver ausgemalt hätten.

Kühbauer fühlt sich aktuell bestätigt, die vergangene Woche hat sportlich für Vieles entschädigt und die Frage nach "Minimalismus" in den Hintergrund gedrängt, auch wenn die Leistungen trotz guter Ergebnisse noch weit weg von überzeugend waren.

Die Austria hat mit nur drei Punkten aus fünf Spielen einen richtigen Fehlstart hingelegt, auch wenn schon vor Saisonanpfiff alle wussten, dass ein forderndes Jahr auf alle Beteiligten zukommt. Zuletzt konnte Schmid mit seiner Taktik aber Sturm Graz überraschen und sein gutes Händchen als Trainer unter Beweis stellen.

Beim Wiedersehen von Kühbauer und Schmid auf der Trainerbank werden mit Sicherheit Erinnerungen an die Vergangenheit aufkommen, viel wichtiger ist es jedoch, wie die beiden Trainer ihre Mannschaften in die Zukunft führen.

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