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Vorschau 17/18: SK Sturm Graz

Ist der vorsichtige Optimismus in Graz berechtigt?

Vorschau 17/18: SK Sturm Graz Foto: © GEPA

Im Sommer 2006 wurde Franco Foda zum Chefcoach des SK Sturm Graz befördert.

In den elf Saisonen seither platzierte sich Sturm zwei Mal besser als Rang vier - 2011 als Sensations-Meister und in der vergangenen Spielzeit als Dritter.

Nicht alle diese elf Jahre gingen unter der Anleitung des gebürtigen Mainzers über die Bühne, aber die überwiegende Mehrheit. Auf dem Papier kann man 2016/17 also definitiv als Erfolg einordnen - jedoch mit dem äußerst schalen Beigeschmack, dass angesichts des Traumstarts und des enorm holprigen Frühjahrs noch mehr drinnen gewesen wäre, auf jeden Fall der letztlich wertlose Titel des Vizemeisters.

Und in dieser Saison?

Zugänge

Abgänge
Jörg Siebenhandl (Würzburger Kickers) Sascha Horvath (Dynamo Dresden)
Thorsten Röcher (Mattersburg) Simon Piesinger (Altach)
Peter Zulj (Ried) Kristijan Dobras (Altach)
Oliver Filip (FC Liefering) Baris Atik (Hoffenheim/Kaiserslautern)
Luan (FC Liefering) Seifedin Chabbi (Ried)
Fabian Schubert (Ried) Marko Stankovic (Ried)
Ivan Ljubic (Horn) Roman Kienast (Ziel unbekannt)
Benjamin Rosenberger (WAC/Leihende) Andreas Gruber (Mattersburg)
Ivan Ljubic (Wiener Neustadt/Leihe)
Lukas Skrivanek (Blau-Weiß Linz/Leihe)
Benjamin Rosenberger (Kapfenberg)

Das wird auch diesmal nicht nur von den Steirern abhängen - zu weit enteilt die Konkurrenz aus Salzburg und Wien zumindest in finanzieller Natur.

Der Optimismus, die Dauer-Rivalen aber zumindest ärgern zu können, ist in Graz definitiv spürbar - wesentlich deutlicher als etwa vor zwölf Monaten, als Sturm mit denkbar geringen Erwartungen des Umfelds in die Saison startete.

Die Zuversicht begründet sich auch dadurch, dass in der Transferzeit keine übertrieben schmerzhaften Verluste hingenommen werden mussten - am ehesten fällt noch Sascha Horvath in diese Kategorie, den es zum deutschen Zweitligisten Dynamo Dresden zog. In seiner Zeit bei Sturm deutete er sein Potenzial zwar fraglos an, nachhaltig konnte er dem schwarz-weißen Spiel seinen Stempel aber keineswegs aufdrücken.

Geschäftsführer Sport Günter Kreissl hat die interne Vorgabe, den Kader quantitativ zu verkleinern, aber dennoch punktuell zu verstärken, durchaus erfüllt. Trainer Franco Foda steht ein Aufgebot zur Verfügung, mit dem Sturm wieder eine gute Rolle spielen sollte.

TOR:

Christian Gratzei hat eine gute Saison gespielt, die Verlängerung seines Vertrags um ein weiters Jahr ist eine logische Folge. Als Nummer eins wird das Urgestein diese "Ehrenrunde" nicht in Angriff nehmen. Jörg Siebenhandl ist der nächste in der lange Liste von Gratzei-Konkurrenten. Sportchef Kreissl kennt den Ex-Admiraner bestens aus der gemeinsamen Vergangenheit bei Wiener Neustadt und korrigiert damit auch den Fehler der Verpflichtung von Daniel Lück - der Deutsche spielt in den Planungen keine Rolle mehr und kann/soll sich einen neuen Verein suchen. Mit Tobias Schützenauer (20) und Fabian Ehmann (18) scharren zwei Youngster in den Startlöchern, denen man früher oder später eine Perspektive aufzeigen muss. Einer der beiden soll im Idealfall noch verliehen werden.

LAOLA1-Bewertung: Fünf Goalies! Böse Zungen würden meinen, dass ein derartiges Überangebot derzeit in der Innenverteidigung praktischer wäre. Die Anhäufung lässt sich jedoch durch die Umstände erklären. Wenn ein Goalie wie Siebenhandl, der im besten Alter ist und nachhaltig bewiesen hat, dass er österreichische Bundesliga kann, auf dem Markt ist, muss man wohl zuschlagen - noch dazu, weil Gratzei ein alterbedingtes Ablaufdatum hat. Siebenhandl wird sicher motiviert sein, das eher missglückte Würzburg-Kapitel vergessen zu machen. In Kombination mit Gratzei verfügt Sturm über eines der besten Goalie-Duos der Liga und darf sich in der Hinterhand über vielversprechende Talente freuen.


ABWEHR:

Falls jemand ein Wettbüro aufsuchen will: Sturm wird in der kommenden Saison wahrscheinlich 38 Gegentore kassieren - dem Gesetz der Serie folgend nach 39 in der Vorsaison, 40 im Jahr davor und deren 41 in der Spielzeit davor. Das kompakte Foda-System begünstigt Abwehrspieler, der Verletzungsteufel verungüstigte indes die Situation in der Innenverteidigung. Lukas Spendlhofer, einer der Besten auf seiner Position in dieser Liga, und Christian Schoissengeyr fehlen vorerst, weshalb sich Oldie Christian Schulz und der vielversprechende Dario Maresic vorerst von selbst aufstellen - außer Foda schenkt Neuzugang Luan sofort das Vertrauen. Außen in der Viererkette werden ihnen wie gewohnt Fabian Koch (rechts) und Charalampos Lykogiannis (links) assistieren - beide haben eine gute Saison hinter sich, "Lyko" wird vermutlich nicht mehr lange zu halten sein. Allrounder Marvin Potzmann hat weiter die Rolle des Einspringers inne. Aus der zweiten Mannschaft des FC Bayern hat Patrick Puchegger in Graz angedockt, wo er seine Lerneffekte aus München in die Profi-Praxis umsetzen will.

LAOLA1-Bewertung: Hinter Salzburg konnte Sturm in der vergangenen Spielzeit mit den zweitwenigsten Gegentoren aufwarten - elf der 39 Gegentore gingen übrigens auf das Konto der Wiener Austria, also mehr als ein Viertel. Personellen Aderlass musste man keinen hinnehmen, mit Puchegger und Luan bekam man vielmehr spannende Personalien dazu, und auch der Stellenwert von Maresic sollte sich weiter steigern. Ohne Verletzungssorgen wäre dies eine eingespielte und erprobte Einheit.


MITTELFELD:

Schlägt - endlich - die Stunde des Sandi Lovric? Derzeit deutet vieles darauf hin, dass Foda gewillt ist, dem "Juwel" mehr Spielzeit zu gönnen. Da eine weitere Vertragsverlängerung an die Zahl seiner Einsätze geknüpft ist, ist es für beide Parteien ohnehin eine Saison der Wahrheit. Mit dem vielseitigen Neuzugang Peter Zulj soll aus der Defensive heraus das Spiel nach vorne besser angekurbelt werden, weshalb die Karten für James Jeggo schlechter geworden sind - dem Australier war im Frühjahr das Fehlen seines kongenialen Partners Uros Matic anzumerken, sein kämpferischer Stil wird aber in so mancher Partie gefragt sein. Der Norweger Martin Ovenstad gilt nicht gerade als Liebkind seines Coaches und dürfte es weiter schwer haben. Stefan Hierländer könnte ebenfalls im Zentrum auflaufen, ist aber vorerst am rechten Flügel eingeplant, wo Philipp Huspek die Alternative ist, wenn Tempo gefragt ist. Auf der linken Seite liefern sich Neuzugang Thorsten Röcher und der in der Vorsaison deutlich gereifte Marc Schmerböck ein spannendes Duell, wobei beide auch auf der anderen Flanke agieren können. Zudem steht Romano Schmid in den Startlöchern, vermehrt Talentproben in der Bundesliga abzuliefern. Beim 17-Jährigen hat Sturm die Chance, die Weiterentwicklung konsequenter hinzubekommen als bei Lovric in den vergangenen Jahren.

LAOLA1-Bewertung: Ist Lovric wirklich ein "Jahrhundertalent" beziehungsweise kann er den Nachweis erbringen, dass er berechtigterweise von vielen Seiten gefordert wird? Können Zulj und Röcher Topklub in Österreich? Funktioniert Jeggo auch ohne Matic? Kann Hierländer in eine Chefrolle auf dem Platz hineinwachsen, wie es sein Potenzial erlauben würde? Kann diese Einheit für die in den vergangenen Jahren etwas vermisste Torgefahr aus der zweiten Reihe sorgen? Gut möglich, dass alle oder zumindest die meisten dieser Fragen mit Ja beantwortet werden - dann schaut es für Sturm gut aus. Aber noch sind es viel zu viele Fragezeichen, deswegen die etwas dezente Benotung.


ANGRIFF:

Deni Alar hat nachdrücklich bewiesen, dass er weiß, wo in der Bundesliga das Tor steht - zumindest im Herbst. Dem im Frühjahr verspielten Titel des Torschützenkönigs trauert der Steirer durchaus hinterher. Seine Motivation, in dieser Spielzeit Verpasstes nachzuholen, ist riesig. Im Frühjahr fehlte ihm Bright Edomwonyi, der ihm an vorderster Front viele Räume öffnete. Nun soll Philipp Zulechner Löcher reißen, weshalb Alar wieder eine Etappe nach hinten rücken kann. Zulechner konnte in seinem ersten Jahr in Graz nicht überzeugen und ist ohnehin den Nachweis schuldig, dass sein Traum-Herbst einst in Grödig wirklich seiner Qualität geschuldet war. Gelingt ihm das, hat sich die gehörige Portion Geduld ausgezahlt. Ein wirklich spannendes Projekt ist Fabian Schubert, der für die Amateure eingeplant war, aber Foda in der Vorbereitung überzeugte. Mit seinen 1,94 Metern bringt er eine körperliche Präsenz im Strafraum mit, die seine Angreifer-Kollegen so nicht einbringen. Oliver Filip will bei seinem Stammverein zeigen, was er in den vergangenen Jahren in Diensten von Red Bull in Salzburg gelernt hat.

LAOLA1-Bewertung: Alar ist in der Bundesliga natürlich eine Hausnummer. Aber sonst? Die übrigen Stürmer könnten funktionieren, verlassen kann man sich darauf jedoch wahrlich nicht. Kein Wunder, dass Foda laut über eine zusätzliche Alternative für den Angriff nachdenkt.


TRAINER:

Ungefähr so kontrovers wie die Redaktions-interne Diskussion über die Berwertung von Franco Foda darf man sich auch die Meinungen unter Sturm-Fans über ihren eigenen Trainer vorstellen. Ein Liebling des harten Kerns in der Nordkurve wird der Deutsche wohl nie so richtig werden, und das nicht nur wegen des bisweilen unterkühlten Spielstils. Vorwürfe wie, dass Foda Eigenbauspieler wie Lovric nicht genügend fördert oder die taktische Flexibilität nicht gerade erfunden hat, stehen im Raum. Am Ende der Vorsaison wurde die Kritik von Seiten der Fans unmissverständlich formuliert. Dem gegenüber gibt es aber auch genügend Anhänger, bei denen die Dankbarkeit für den Meistertitel 2011 beziehungsweise die - mit einer unfreiwilligen Unterbrechung - konstante Arbeit im vergangenen Jahrzehnt viel zählt.

LAOLA1-Bewertung: Fachlich können auch zahlreiche seiner Kritiker Foda nur wenig vorwerfen. Dass er bisweilen aber nicht aus seiner Haut kann und stur - manchmal zu stur - an die Sache herangeht, gereicht Sturm jedoch manchmal zum Nachteil. In punkto Attraktivität ist ebenso Luft nach oben wie in Sachen taktischer Flexibilität, was die "Blackies" in einer Liga, in der sich die jeweiligen Kontrahenten naturgemäß bestens kennen, ein bisschen weniger leicht ausrechenbar machen würde. Zaghafte Versuche, zum Beispiel mal eine Dreierkette einzustreuen, gab es in der Vorsaison, aber da ginge noch mehr. Wie in der Vorsaison überhaupt sowohl die Stärken als auch die Schwächen von "FF" gut zur Geltung kamen. Gerade im Herbst verstand er es, einer neu zusammengewürfelten Mannschaft schnell das notwendige Rüstzeug mitzugeben. Als es im Saisonverlauf nicht mehr nach Wunsch lief, fiel jedoch auch Foda nur mehr wenig ein - auch als es um das Matic-Erbe ging. Die Jobsicherheit des Urgesteins ist hoch, sein neues Arbeitspapier ist bis 2019 datiert. Über Ruhe und Unruhe bei Schwarz-Weiß wird aber auch die Herangehensweise von Foda in dieser Saison maßgeblich entscheiden.

SO TIPPT DIE LAOLA1-REDAKTION:

Rietzler Altmann Prantl Karper Wechtl Kastler Terler Nemetz
1. Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg Salzburg
2. Rapid Rapid Austria Austria Rapid Austria Austria Rapid
3. Austria Austria Rapid Rapid Austria Rapid Rapid Austria
4. Admira Sturm LASK Sturm LASK Sturm LASK LASK
5. Sturm LASK Sturm LASK Sturm LASK Sturm Sturm
6. LASK Admira Mattersburg Admira Admira Admira Admira Admira
7. Altach Altach Admira Mattersburg Mattersburg Mattersburg St. Pölten Mattersburg
8. St. Pölten Mattersburg St. Pölten Altach Altach Altach Altach Altach
9. Mattersburg St. Pölten Altach WAC WAC WAC Mattersburg WAC
10. WAC WAC WAC St. Pölten St. Pölten St. Pölten WAC St. Pölten

FAZIT

Erwartungshaltung (vorne angreifen) und Realität (selten besser als Vierter) gingen bei Sturm im vergangenen Jahrzehnt nicht immer Hand in Hand. Mal gab man intern zu großspurige Ziele aus, mal erhoffte sich das Umfeld zu viel. Man kann den Eindruck haben, dass sich die Sache mit der Erwartungshaltung in der jüngeren Vergangenheit - wohl auch wegen des spürbaren finanziellen Vorteils der Hauptkonkurrenten - etwas besser eingependelt hat, ohne aber an Angriffigkeit einzubüßen. Falls in Salzburg oder Wien geschwächelt wird, muss Sturm da sein. Es gibt sehr wohl Verbesserungspotenzial: 55 Saison-Tore wie im Vorjahr waren zwar eine deutliche Steigerung zu den 40 im Jahr davor, lassen sich aber definitiv noch einmal steigern. Die gerne eingestreuten Umfaller gegen vermeintlich schwächere Gegner dürfen seltener werden - natürlich kann in dieser Liga "jeder jeden schlagen", aber es muss nicht so oft daneben gehen. Und eine derartige Horror-Bilanz in der Fremde wie im Frühjahr (ein Sieg, sieben Niederlagen) darf sich Sturm nicht noch einmal erlauben. Steigert man sich in den genannten Punkten und bewahrt man gleichzeitig die defensive Kompaktheit, könnten die Grazer erneut ein Wörtchen um die Top-3 mitreden. Die Qualifikation für Europa ist bei fünf österreichischen Startern angesichts der eigenen Ansprüche ohnehin Pflicht.


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