news

GAK-Held Viunnyk: So viel mehr als nur ein Tor

Aus der Ukraine geflüchtet. Foda im Herzen. Nun Goldtorschütze des GAK. Die Geschichte eines Stürmers, dessen Gefühlslage wir uns nicht vorstellen können.

GAK-Held Viunnyk: So viel mehr als nur ein Tor Foto: © GEPA

"Das kannst du dir nicht vorstellen, was mir dieses Tor bedeutet", strahlt Bohdan Viunnyk im Gespräch mit LAOLA1.

Vermutlich kann sich das kaum jemand so wirklich vorstellen.

Denn letztlich ist es so viel mehr als das Goldtor zum 1:0-Sieg des GAK gegen die Admira oder der erste Treffer eines Stürmers für seinen neuen Arbeitgeber - vor heimischem Publikum noch dazu.

All das trifft jedoch auch zu und ist für sich genommen schon ein guter Grund für gute Laune.

Unglaubliche Gefühle

"Die Gefühle sind unglaublich. Es war mein erstes Spiel über 90 Minuten seit bald zwei Jahren. Ich habe jetzt keine Kraft mehr, weil ich alles in dieses Spiel gelegt habe, aber ich bin so glücklich", jubelt der 20-Jährige und meint weiter:

"Für einen Stürmer ist es das Wichtigste, Tore zu schießen, um dem Team helfen zu können. Die Fans so glücklich zu sehen, ist sehr wichtig für mich."

Was dieses Tor außerdem so emotional macht, ist die jüngere Vergangenheit von Viunnyk.

Am 24. Jänner 2022 das letzte Mal zu Hause

Aus sportlicher Perspektive ist es sein erstes Liga-Tor seit August 2021, als er für den FK Mariupol in der ukrainischen Liga genetzt hat.

Heute ist Mariupol eine zerstörte Stadt.

"Am 24. Jänner 2022." Viunnyk kann genau benennen, wann er das letzte Mal in seinem Heimatland gewesen ist.

Auf den Tag genau einen Monat später begann der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Zu diesem Zeitpunkt ist der Stürmer mit dem FK Mariupol auf Trainingslager in der Türkei.

Eine Champions-League-Minute gegen Real

Viunnyk kommt mit einem Rucksack und Fußballschuhen als Flüchtling in die Schweiz, wie er dem "Blick" erzählt. Später schafft auch seine Familie die Flucht in Österreichs Nachbarland.

Viunnyk probierte auch in der EL für Zürich eine spektakuläre Einlage
Foto: © getty

Dort startet der U21-Teamspieler seine unverhoffte Auslands-Karriere beim FC Zürich - und das immerhin mit Champions-League-Erfahrung im Lebenslauf.

Im Oktober 2020 feierte sein Stammklub Shakhtar Donetsk einen sensationellen 3:2-Sieg bei Real Madrid. Viunnyk, damals 18 Jahre alt, wurde in der Nachspielzeit eingewechselt.

In Zürich arbeitet er sich über die zweite Mannschaft zu den Profis hoch. Vergangenen Herbst folgen 14 Pflichtspiele (sieben in der Liga, vier in der Europa League, zwei in der EL-Quali und einer im Cup), wenngleich er meist als Joker zum Zug kommt.

Foda im Kopf und im Herzen

Vor allem jedoch trifft Viunnyk mit Franco Foda auf einen Trainer, den man auch in Österreich und speziell in Graz recht gut kennt.

"Foda hat mir immer gesagt, ein Stürmer muss ein Biest sein."

Bohdan Viunnyk

Der frühere ÖFB-Teamchef und Sturm-Coach fördert den Youngster, dieser ist ihm heute noch dankbar: "Ich habe gute Erinnerungen. Ich habe viele Spiele bestritten. Er ist in meinem Kopf und meinem Herzen."

Was er von Foda gelernt habe? Viunnyk grinst: "Er hat mir immer gesagt, ein Stürmer muss ein Biest sein, Tore schießen und im Strafraum alles reinwerfen."

Foda selbst meinte vor einigen Wochen in der "Krone" über seinen früheren Schützling: "Er ist extrem willig, marschiert 90 Minuten, hat ein gutes Anlaufverhalten und kann die Bälle gut halten. Er ist ein junger Potenzialspieler, der aber keinen Rhythmus hat, jetzt regelmäßig spielen muss."

Das Tor des Jahres ist nur aufgeschoben

Genau das ist der Plan beim GAK. Gegen die Admira stand Viunnyk erstmals in der Startelf und wusste dabei auch abseits seines recht einfachen Tors gut zu gefallen. Eigentlich hätte er das Match mit zwei oder mehr Treffern beenden müssen.

Es war eine Publikumsliebling-verdächtige Performance, deren Highlight ein famoser Fallrückzieher an die Querlatte war, der LAOLA1-Kommentator Johannes Kristoferitsch selbst in den Highlights noch staunen lässt (siehe folgendes Video ab Minute 1:56).

In dieser Szene ließ der Ukrainer einen ernsthaften Kandidaten auf das Tor des Jahres liegen. Für ihn ist das allerdings nur aufgeschoben und nicht aufgehoben:

"Ich werde das mehr trainieren und hoffe, dass ich den Award für das beste Tor nachholen kann", versichert Viunnyk.

Dass er schon wenige Minute zuvor - letztlich vergeblich - zu einem Fallrückzieher angesetzt hat, lässt vermuten, dass er diese Ankündigung durchaus ernst meint.

Ein Talent für Fußball

Sollten solch spektakuläre Einlagen gelingen, ist dies natürlich ein netter Bonus - vordergründig reicht es seinen Chefs und Mitspielern wohl, wenn er die einfachen Chancen verwertet. Bislang hat Viunnyk beim GAK jedenfalls erfolgreich Eindruck geschunden. 

"Er ist 20, für sein Alter sehr kaltschnäuzig, hat einen unglaublichen Speed, kann aus nichts etwas machen. Wie man gegen die Admira gesehen hat, ist er im Eins gegen Eins kaum zu halten. Er hat einfach ein Talent für Fußball", schwärmt Trainer Gernot Messner. Zudem sei er ein Spielertyp, wie er bislang im Kader gefehlt habe.

Auch Routinier Michael Liendl zieht den Hut: "Ein super Spieler. Ich glaube, dass er noch mehr kann, wenn er dann wirklich voll bei Kräften ist. Man hat seine Qualität gesehen. Es tut uns gut, wie er die Bälle hält und dort ist, wo ein Stürmer stehen muss. Wir freuen uns, dass wir ihn haben."

Wie sich der GAK solch einen Spieler angeln hat können? "Da muss man den Didi als Sportdirektor fragen. Das hat er richtig gut gemacht."

Elsneg: Keine Nachfrage bei Foda

Mit Didi ist Dieter Elsneg gemeint, und der betont, dass er diesen Transfer ganz ohne Nachfrage beim Ex-Coach des Lokalrivalen realisiert hätte:

"Nein, ich habe mich über andere Kanäle erkundigt und mir meine eigenen Zugänge geschaffen, um mir ein gutes Urteil bilden zu können. Ich war auch ohne die Meinung von Herrn Foda einzuholen, überzeugt, dass wir ihn holen."

"Er zeigt auch im Wettbewerb, was er kann. Es gibt in der Fußball-Welt viele Spieler, die ihre Qualität im Training zeigen, aber das in einer Wettbewerbs-Phase oder in den Spielen nicht rüberbringen."

Dieter Elsneg

Der Sportchef unterstreicht: "Wir wussten, dass er große Qualität hat, sonst kommst du in der Europa League oder der Champions League auch nicht für wenige Minuten zum Einsatz."

Elsneg taugt vor allem der Umstand, dass der Neuzugang ein Wettkampf-Typ sei: "Er zeigt auch im Wettbewerb, was er kann. Es gibt in der Fußball-Welt viele Spieler, die ihre Qualität im Training zeigen, aber das in einer Wettbewerbs-Phase oder in den Spielen nicht rüberbringen."

Wo kann es für Viunnyk hingehen?

Wie gut kann Viunnyk werden? Solche Prognosen sind immer schwierig. Elsneg glaubt jedoch, dass der Stürmer mit dem Wechsel zum GAK einen guten Karriere-Schritt gemacht haben könnte:

"Nach außen hin sind es zwei Schritte zurück, in die zweite österreichische Liga zu gehen. Aber für ihn ist jetzt einfach wichtig, dass er in einen Spielrhythmus kommt, Substanz aufbaut, verletzungsfrei bleibt und uns weiterhilft."

"Dann", so der Sportchef weiter, "kann der Weg bei seinen Möglichkeiten wieder dorthin gehen, wo er schon einige Minuten sammeln hat können."

Das wäre also im Idealfall die Champions League. Aber vorerst ist wohl Schritt für Schritt angesagt. Messner: "Er hat einen Verein gebraucht, bei dem er spielt. Wir wollten vorne etwas verändern. Es ist eine Win-Win-Situation."

Ein Tor für die Landsleute

Wer weiß, was für den GAK im Frühjahr möglich ist, wenn der Leih-Stürmer, der eigentlich noch bis 2025 bei Shakhtar Donetsk unter Vertrag steht, tatsächlich wie geplant aufgeht.

"Es wäre schön, wenn wir mit den Fans in der Stadt feiern könnten."

Bohdan Viunnyk

Viunnyk ist jedenfalls ehrgeizig genug, um den Aufstieg anzupeilen: "Es wäre schön, wenn wir mit den Fans in der Stadt feiern könnten. Wir werden unser Maximum geben und hoffen, dass wir Erster sein werden."

Gleichzeitig kann man sich vermutlich darauf einigen, dass es derzeit Wichtigeres als Fußball gibt. So schwierig die Situation in der Ukraine ist, ist der Fußball jedoch immerhin eine gute Ablenkung.

"Seit über einem Jahr gibt es jeden Tag Bomben, unsere Leute kämpfen jeden Tag für die Freiheit. Ich schätze unser Militär und alle Menschen, die in der Ukraine sind. Dieser Sieg und dieses Tor sind auch für meine Landsleute."

Nein, wir können uns wirklich nicht vorstellen, was Bohdan Viunnyk dieses Tor bedeutet.

Kommentare