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Robert Micheu: "Wir müssen aufsteigen"

Der Klagenfurt-Coach über seine Leere, seine Kritiker und seinen Nebenjob:

Die vergangene Saison ist zwar noch nicht vergessen, aber abgehakt. Dass der SK Austria Klagenfurt trotz eines 6:1-Erfolgs gegen Wacker Innsbruck den Aufstieg in die Bundesliga verpasst hat, weil die SV Ried den FAC Wien mit 9:0 abgeschossen hat, wurde zur Genüge besprochen.

Diesmal soll es für die Kärntner aber wirklich mit dem Meistertitel in der 2. Liga klappen. "Wir müssen mit diesem Druck umgehen, wir sind die Gejagten", ist sich Trainer Robert Micheu der Ausgangsposition bewusst.

Damit das Ziel erreicht wird, haben sich die Kärntner verstärkt. Und sie können weiterhin auf Philipp Hütter setzen, obwohl der von der SV Ried schon als Neuzugang präsentiert wurde.

Der 45-jährige Coach spricht im LAOLA1-Interview über seine Neuzugänge, den geplatzten Hütter-Transfer, seinen "Nebenjob" bei Intersport und die Klagenfurter Fans.

LAOLA1: Im Gegensatz zu vielen anderen Zweitligisten ist Ihre Mannschaft mit einem 7:1-Sieg gegen Stadl-Paura in der ersten Cup-Runde sehr souverän aufgetreten.

Robert Micheu: Ich war positiv überrascht, weil wir vorher noch auf Trainingslager waren, viel trainiert und eigentlich keine Rücksicht auf dieses Spiel genommen haben.

"Samstag und Sonntag war eine Leere da, wie ich sie in meiner Laufbahn noch nie gespürt habe"

LAOLA1: Die vergangene Saison ist für Austria Klagenfurt sehr, sehr bitter zu Ende gegangen. Wann hatten Sie mit dem, was da in der letzten Runde passiert ist, abgeschlossen?

Micheu: Das Spiel war am Freitag, am Samstag und Sonntag war eine Leere da, wie ich sie in meiner Laufbahn noch nie gespürt habe. Danach haben wir das alles analysiert und es ging wieder. Wir haben die Meisterschaft nicht in den letzten zwei Runden verloren, auch wenn das in Erinnerung bleibt. Wir hatten über die gesamte Saison hinweg so viele Torchancen… Wir haben etwa gegen Steyr vier oder fünf Mal an die Latte geschossen und nur 1:1 gespielt. Die Chancenauswertung war ein Handicap, das wir verbessern müssen.

LAOLA1: Die Mannschaft wurde in der Sommerpause punktuell verstärkt.

Micheu: Ich bin sehr zufrieden. Wir haben Österreicher, zwei Kärntner sogar, geholt – das war mir sehr wichtig, dass wir ein Zeichen setzen, da geht es um die Identifikation für die Zuschauer. Thorsten Mahrer und Markus Pink haben schon Bundesliga gespielt, die werden uns schon weiterbringen.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Was erwarten Sie von Christopher Cvetko. Er ist zwar erst 23 Jahre alt, war aber beim FC Juniors OÖ schon ein absoluter Führungsspieler.

Micheu: Deswegen haben wir ihn auch geholt. Wir sind im Mittelfeld offensiv gut aufgestellt, aber wir denken zu offensiv. Cvetko ist ein sehr solider Spieler, der das macht, was ihm der Trainer sagt. Er war ein Wunschspieler von mir.

LAOLA1: Kwabe Schulz ist von Viktoria Berlin gekommen. Ihn kennt man in Österreich noch nicht.

Micheu: Für mich war er auch ein Unbekannter. Er ist übrigens der Bruder von St. Pöltens Kofi Schulz. Er hat gute Ansätze, ist irrsinnig schnell und kann in der Defensive viele Positionen spielen. Ein spannender Spieler.

LAOLA1: Zan Pelko, der beste Tormann der Vorsaison, hat keinen neuen Vertrag bekommen. Phillip Menzel wurde aus Wolfsburg geholt. Die Latte liegt hoch.

Micheu: Rico Sygo, der in der Vorsaison unser Zweier-Tormann war, ist zurzeit unsere Nummer eins. Er hat eine unglaubliche Einstellung. Ich glaube, ich habe noch nie einen Tormann gesehen, der im Training so viel hält. Menzel hat jetzt länger nicht gespielt, er wird seine Zeit brauchen.

LAOLA1: Wie ist der Stand der Dinge bei Julian von Haacke, dessen Vertrag ausgelaufen ist?

Micheu: Ich will unbedingt, dass er bleibt. Wir suchen noch Spieler und ich will einen, den ich schon kenne, will keine Experimente.

(Artikel wird unter dem Video fortgesetzt)

LAOLA1: Einige Spieler haben den Klub verlassen, etwa Scott Kennedy und Thomas Blomeyer. Tut einer der Abgänge weh?

Micheu: Kennedy tut schon ein bisschen weh – er ist ein guter Verteidiger mit einer guten Geschwindigkeit. Aber wir haben jetzt Mahrer und Schulz, da wird Kennedys Abgang nicht so ins Gewicht fallen.

LAOLA1: Wie ist Sandro Zakany die Umstellung vom Spieler zum Co-Trainer gelungen?

Micheu: Es freut mich, dass er diesen Schritt gemacht hat. Die Vereinsführung hat ihm mitgeteilt, dass es eher schwer wird, weiter bei uns zu spielen. Ich habe mich dann dafür eingesetzt, dass er zu uns in den Trainerstab kommt. Ich bereue es nicht. Mit ihm haben wir jetzt noch eine bessere Bindung zwischen Trainerteam und Mannschaft. Und für die Spaßeinheiten im Training braucht man ihn einfach.

"Ich hoffe, die Fans verzeihen Philipp Hütter auch, im Cup gab es jedes Mal, wenn er am Ball war, ein bisschen ein Pfeifkonzert."

LAOLA1: Wer schreit denn jetzt eigentlich in der Kabine nach einem Sieg?

Micheu: Wahrscheinlich Markus Rusek. (lacht)

LAOLA1: Philipp Hütter wurde schon als Ried-Neuzugang präsentiert, der Transfer hat sich dann aber doch noch zerschlagen. Wie war das?

Micheu: Ich habe erfahren, dass er angefragt hat, den Klub zu verlassen. Im persönlichen Gespräch hat er mir dann gesagt, dass er die Chance hat, in die Bundesliga zu gehen. Es war Ried, gegen die wir bis zuletzt um den Aufstieg gekämpft haben. Ich war ein bisschen enttäuscht, weil er ein wichtiger Spieler war. Trotzdem habe ich ihm gesagt, er kann gehen, weil ich keinen Spieler brauche, der nicht unbedingt bei uns bleiben will. Dann hat sich der Transfer irgendwie zerschlagen.

LAOLA1: Und dann?

Micheu: Wir haben uns dann ausgesprochen, es war ein sehr positives Gespräch. Vom Sportlichen her wird es kein Problem geben. Ich hoffe, die Fans verzeihen ihm auch, im Cup gab es jedes Mal, wenn er am Ball war, ein bisschen ein Pfeifkonzert. Er gibt immer sein Bestes, ich denke, das wird bald kein Problem mehr sein. Mannschaftsintern war das überhaupt kein Problem, wir sind wirklich ein super Haufen.

LAOLA1: Nach dieser Saison war es fast nicht mehr zu erwarten, dass Okan Aydin eine weitere Saison in der 2. Liga spielt.

Micheu: Er hat sehr viele Freiheiten bei uns, das braucht er auch. Und er zahlt es mit Leistungen zurück. Innerhalb der Mannschaft wird das so akzeptiert. Für ihn ist wichtig, dass er noch ein Jahr gut spielt. Das gilt auch für Oliver Markoutz, der zum WAC gehen hätte können. Ein Spieler muss seine Leistungen auch mal bestätigen, bevor er den nächsten Schritt wagt.

Foto: © GEPA

LAOLA1: Vergangene Saison hatte man von außen das Gefühl, Austria Klagenfurt kann, muss aber nicht aufsteigen. Das hat sich geändert, oder?

Micheu: Wir wollen aufsteigen, das ist unser Ziel. Wenn ich jetzt sagen würde, wir wollen unter die ersten Sechs, wäre ich der falsche Trainer. Wir müssen mit diesem Druck umgehen, wir sind die Gejagten. Gemeinsam mit Wacker Innsbruck sind wir die Favoriten, wobei man auch Blau-Weiß Linz nicht außer Acht lassen darf.

LAOLA1: Wie erleben Sie, was da beim FC Wacker passiert?

Micheu: Sie haben sich gut verstärkt, aber unser Vorteil ist, dass unsere Mannschaft zusammengeblieben ist, wir haben keine Experimente gemacht. Es liegt an uns. Wir müssen auch unseren Chancen mehr Tore machen und die Aussetzer minimieren.

LAOLA1: Haben Sie das Gefühl, dass die Mannschaft schon so weit ist, konstanter Punkte einzufahren?

Micheu: Ich glaube schon. Und vor allem haben wir jetzt zwei Bundesliga-Spieler geholt, die die anderen weiterbringen werden. Vor allem Mahrer strahlt sehr viel Ruhe aus.

"Für mich ist der Kontakt zu den Fans wichtig. Es ist ganz gut, wenn man dann die Einschätzungen der ganzen Fachmänner und Fußballtrainer hört."

LAOLA1: Arbeiten Sie weiterhin als Verkäufer bei Intersport?

Micheu: Ja, aber nur acht Stunden in der Woche. Es ist eine Abwechslung. Für mich ist der Kontakt zu den Fans wichtig. Es ist ganz gut, wenn man dann die Einschätzungen der ganzen Fachmänner und Fußballtrainer hört. Das ist sehr interessant. (grinst)

LAOLA1: Sie sind im neuen Pro-Lizenz-Kurs des ÖFB dabei. Was erwarten Sie davon?

Micheu: Neue Inputs! Ich will immer dazulernen, mir ist das wichtig. Dinge, die für mich interessant sind, werde ich aufnehmen. Ich freue mich schon irrsinnig darauf.

LAOLA1: Sie werden immer wieder blockweise abwesend sein, wie beeinflusst das Ihre Arbeit in Klagenfurt?

Micheu: Wir haben zwar ein kleines Trainerteam, sind aber richtig gut aufgestellt. Hin und wieder ist es ja ganz gut, wenn die Spieler den Trainer mal drei, vier Tage nicht hören.

LAOLA1: Wie erleben Sie die Entwicklung im Verein? Von außen hat man das Gefühl, dass es immer professioneller wird, dass sich der Eigentümer Home United immer mehr einbringt.

Micheu: Ich habe unter Peter Svetits angefangen – man darf über ihn ja nichts Schlechtes sagen, hätte es ihn nicht gegeben, hätte es den Klub wohl auch nicht gegeben. Seit der Übernahme merkt man schon Veränderungen. Vielleicht wäre der Aufstieg für die ganze Entwicklung noch zu früh gewesen. Mit Harald Gärntner gibt es jetzt einen weiteren Geschäftsführer, es gibt einen neuen Nachwuchsleiter. Der Verein verbessert sich ständig. Heuer ist das Jahr, in dem wir aufsteigen sollten, sogar müssen! Jetzt haben wir noch ein Jahr Zeit, um noch bessere Strukturen zu schaffen und dann wird es in der Bundesliga auch leichter sein.

LAOLA1: Der Profi-Fußball in Klagenfurt war in der jüngeren Vergangenheit ein schwieriges Thema – vom FC Kärnten über Austria Kärnten. Wie schwierig ist es, die Herzen der Fans zurückzugewinnen?

Micheu: Es ist überall gleich. Wenn es mal nicht läuft, kommen gleich die Kritiker, die einen neuen Trainer fordern. Aber damit muss man einfach leben, so ist die Gesellschaft heutzutage – man braucht Erfolg, man muss abliefern. Als Trainer muss ich damit umgehen, mir taugt die Rolle auch. Grundsätzlich sind die Zuschauer aber positiv, und wenn wir Erfolg haben, dann passt das.

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