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Morgenstern: "Es war mir alles zu viel!"

Morgenstern:

Wenn Thomas Morgenstern es gekonnt hätte, er hätte vergangenes Jahr für einen kurzen Moment die Zeit angehalten.

Vermutlich an jenem Moment, als in Planica die Traum-Saison 2010/11 zu Ende ging.

Tourneesieger war er geworden, dazu Einzel-Weltmeister am Holmenkollen und Gesamtweltcupsieger.

Ein Jahr später ist das alles Schnee von gestern.

Nur als der Kärntner die Ehrung für den "LAOLA1-Sportler des Jahres 2011" entgegen nimmt, flackern seine Erinnerungen wieder kurz auf.

Präsenter sind beim 25-Jährigen aber die Eindrücke aus der kürzlich zu Ende gegangenen Saison, die zwar nicht schlecht, aber doch durchwachsen war.

Im LAOLA1-Interview erklärt Morgenstern, wieso es 2011/12 nicht so klappen wollte, die Zeit an ihm vorbei rast und 2015 ein Ankerpunkt sein könnte.

LAOLA1: Thomas, die Saison 2011/12 ist seit knapp zwei Wochen schon wieder Geschichte. Froh, dass es vorbei ist oder hätte es noch ein bisschen weitergehen können?

Thomas Morgenstern: Ich bin ehrlich gesagt schon froh darüber. Es hat aber weniger damit zu tun, dass ich nicht mehr springen wollte. Ich wollte jetzt einfach einen Haken darunter machen. Die neue Saison soll kommen. Ich bin schon richtig motiviert.

LAOLA1: Die abgelaufene Saison war geprägt von Wind und Wetter. Wie sehr hat das an den Nerven und an der Substanz gezehrt?

Morgenstern: Es war schon sehr schwierig. Wenn man ständig probiert, in die Saison zu finden und dann wegen Windpech wieder zurück geworfen wird, kann man schwer Selbstvertrauen aufbauen. Aber prinzipiell bin ich mit der Saison gar nicht mal so unzufrieden. Ich hab‘ wieder einige wichtige Sachen gelernt.

LAOLA1: Deine nackten Zahlen lesen sich so: Ein Sieg, sechs weitere Podestplätze, Platz sieben im Gesamtweltcup. Was nimmst du aus dieser Saison tatsächlich mit?

Morgenstern: Dass ich eigentlich sehr gut gearbeitet hab‘. Ich hab‘ nie den Kopf in den Sand bzw. in den Schnee gesteckt. Es hat Tage gegeben, die waren schwieriger, manche eben leichter. Die Ergebnisse waren nicht so schlecht. Aber ich hab‘ mich eigentlich nie richtig in der Lage gefühlt, dass alles passt. Irgendetwas hat immer gefehlt. Ich konnte nie frei drauf los springen, das Gefühl war einfach nicht da.

LAOLA1: Klingt nach einem zähen Jahr.

Morgenstern: Das war es irgendwie auch. Ich war nie richtig fit und hatte schon von Anfang an Probleme. Auch vom Kopf her war es schwierig, es war mir alles zu viel. Für die nächste Saison werde ich mich einfach besser vorbereiten und schauen, was für mich wichtig ist.

LAOLA1: Ist es nicht auch logisch, dass nach so einem Jahr wie du es 2010/11 gehabt hast, ein Abfall kommen muss?

Morgenstern: Von den Ergebnissen natürlich schon. Die Latte ist sehr hoch gelegen. Aber darum ist es mir auch gar nicht gegangen. Ich wollte einfach wieder dieses Feeling spüren, das ich vergangene Saison hatte. Da haben fast alle Faktoren zusammengepasst. Heuer war das leider nicht mehr der Fall. Ich war mehr damit beschäftigt, nach Fehlern und Lösungen zu suchen.

LAOLA1: Du bist erst 25, aber schon über zehn Jahre im Weltcup dabei. Kann man als Sportler überhaupt noch wahrnehmen, wie schnell die Zeit vergeht?

Morgenstern: Es ist schon brutal, wie schnell die Zeit vergangen ist. Früher, als die Leute erzählt haben, dass sie schon zehn Jahre im Weltcup dabei sind, hab‘ ich mir gedacht: Das sind Welten! Mittlerweile weiß ich selbst, dass meine Zeit bald abläuft. So viele Jahre hab‘ ich nicht mehr vor mir. Ich will mich weiterhin der Leidenschaft Skispringen widmen und die letzten Jahre voll auskosten.

LAOLA1: Sind die Olympischen Spiele 2014 in Sotschi ein Ankerpunkt, nachdem man überlegen muss, wie es weitergehen könnte?

Morgenstern: Ehrlich gesagt sind die Weltmeisterschaften 2015 in Falun so ein Ankerpunkt. Bis dahin mach‘ ich auf jeden Fall weiter. Es werden hoffentlich noch coole Jahre.

Das Interview führte Kurt Vierthaler