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"Ich werde ein bisschen nervös sein"

Wenn Marty Turco am Freitag zum Auftakt des Red Bull Salute das Eis im Salzburger Volksgarten gegen Pardubice (CZE) betreten wird, wird so mancher Eishockey-Fan definitiv den Atem anhalten.

Denn es kommt nicht alle Tage vor, dass sich eine regelrechte NHL-Legende ein Stelldichein in Österreich gibt. Und der 36-jährige Kanadier ist nicht in Salzburg um Urlaub zu machen. Der Keeper wird die Mannschaft von Pierre Page im Kampf um den Titel in der European Trophy unterstützen und seine ganze Erfahrung von 585 NHL-Spielen für die Bullen in die Waagschale werfen.

Wer nun glaubt, dass der langjährige Goalie der Dallas Stars, den Ausflug nach Österreich auf die leichte Schulter nimmt und nur zum „Abcashen“ hierzulande weilt, der irrt. Denn Turco will spielen, koste es was es wolle.

„In meiner Situation wäre es viel simpler auf der faulen Haut zu liegen und das Konkurrenzdenken beiseite zu schieben. Aber das ist nicht meine Art, denn ich bin ein unglaublich ehrgeiziger Mensch“, so der Routinier, der derzeit als Free Agent keinen Verein hat.

Dass dem so ist beweist sein Vita. Neben den eingangs erwähnten 585 Spielen in der stärksten Eishockeyliga der Welt für die Dallas Stars und die Chicago Blackhawks, kann der Kanadier zahlreiche Auszeichnungen sein eigen nennen. So wurde der Keeper 2003, 2004 und 2007 für das All-Star-Game nominiert.  Außerdem wurde er 1999 zum besten Rookie gewählt.

Zwei Mal (2001 und 2003) wurde ihm der Roger Crozier Saving Grace Award, der Preis für den Goalie mit der besten Fangquote in mindestens 25 NHL-Spielen, verliehen. Im Jahr 2006/07 scheiterten die Stars zwar in den Playoffs mit 3:4 an den Vancouver Canucks, mit drei Shutouts bei den drei Siegen, stellte Turco aber einen neuen Rekord auf.

Nun ist der Superstar also in Salzburg und LAOLA1 hat mit dem sympathischen Torhüter über seine Erwartungshaltung, eine mögliche Zukunft in Österreich und seine fehlende Spielpraxis gesprochen.

LAOLA1: Marty, wann bist du in Salzburg gelandet und wie fühlst du dich?

Marty Turco: Ich bin am Sonntag in Salzburg angekommen und fühle mich ausgezeichnet. Nun ja, ehrlich gesagt habe ich ein wenig Jetlag, also sagen wir, fast ausgezeichnet (lacht).

LAOLA1: Hattest du schon Zeit dir ein wenig die Stadt anzusehen?

Turco: Nur ein bisschen. Ich war noch nicht in der Altstadt, aber ich freue mich schon sehr darauf diese zu besichtigen und mir die Festung anzusehen. Aber in erster Linie bin ich hier um Eishockey zu spielen und ich war bereits mit dem Tormanntrainer auf dem Eis. Am Dienstag haben wir das erste Mannschaftstraining und darauf freue ich mich am meisten. Außerdem bin ich stolz, ein Teil des Red-Bull-Teams und in dieser wunderschönen Stadt zu sein.

LAOLA1: Was erwartest du vom Auftritt beim Red Bull Salute?

Turco: Das wird mit Sicherheit aufregend, denn für mich war es in der bisherigen Saison nur wenig prickelnd. Ich habe noch kein Spiel absolviert, weil ich keinen Verein habe und auf der Waiver List stehe. Zu sagen ich wäre „aufgeregt“ ist eigentlich ein komplettes Understatement (lacht).

LAOLA1: Du sprichst die Situation an. Derzeit bist du vereinslos. Wie gehst du damit um und wie hältst du dich fit?

Turco: Derzeit trainiere ich mit einem Major-Junior-Klub in meiner Heimatstadt Sault Ste. Marie in Ontario/Kanada und habe einen eigenen Goalie-Coach.

Goalie Marty Turco absolvierte 585 NHL-Spiele

LAOLA1: Wie ist der Kontakt zu Salzburg zustande gekommen?

Turco: Mein Torwarttrainer, Seamus Kotyk, hat in Österreich, genauer gesagt in Innsbruck, gespielt und hat die Brücke gelegt. Salzburg hat herausgefunden, dass ich voll im Saft stehe und bereit bin zu spielen und plötzlich kam der Anruf. Ich bin mehr als nur glücklich über diese Möglichkeit und dass es sich auch zeitlich organisieren ließ. Derzeit bin ich Free Agent, habe also genug Zeit, um beim Red Bull Salute dabei zu sein.

LAOLA1: Wie sieht dein Zukunftsplan nach dem Red Bull Salute aus?

Turco: Ich will wieder bei Bewerbsspielen im Tor stehen und am liebsten natürlich in der NHL. Aber zuerst gilt es mein bestes für Salzburg zu geben und natürlich im Bullen-Dress das Salute zu gewinnen.

LAOLA1: Hast du bereits eine Ahnung wie stark Salzburg oder die anderen Teams bei diesem Turnier sein werden?

Turco: Während des NHL-Lockouts 2005 habe ich in Schweden für Djurgarden gespielt und daher kenne ich die schwedischen Mannschaften ein bisschen und weiß in etwa um ihre Stärke. Außerdem habe ich gegen europäische Nationalmannschaften mit dem Team Kanada gespielt. Am Sonntag habe ich Salzburgs Auftritt gegen Jesenice gesehen. Die tschechischen Teams sagen mir leider nichts. Ich kenne viele Spieler, die gegen uns Antreten werden und weiß, dass es großer Sport sein wird. Es ist ein großes Turnier, bei dem auch viel Prestige mitschwingt. Es wird nicht einfach werden, aber nur wenige Tage in Salzburg haben mir bereits gezeigt, dass erwartet wird, dass wir den Titel holen. Ich mag dieses Wettberwerbsdenken und die Positionierung der Firma Red Bull und wie das Eishockeyteam die Sache angeht. Das ist genau das Umfeld, das ich brauche und es passt zu hundert Prozent zu meiner Einstellung als Profi.

LAOLA1: Wie schwer wird für dich als Goalie werden, in einer Mannschaft zu spielen, mit welcher du noch nie ein Spiel bestritten hast?

Turco: Leicht wird das ganz sicher nicht, aber das stört mich nicht. In meiner Situation wäre es viel simpler auf der faulen Haut zu liegen und das Konkurrenzdenken beiseite zu schieben. Das ist aber nicht meine Art, denn ich bin ein unglaublich ehrgeiziger Mensch. Ich mag keine halben Sachen, ich will Pucks parieren und an mir arbeiten. Zuletzt hatte ich leider nicht die Gelegenheit dazu. Zwar habe ich mit einem Goalie-Coach gearbeitet und bin im Training im Tor gestanden, aber nichts kann das Gefühl eines Matches ersetzen, egal ob in der österreichischen Liga oder in der NHL. Natürlich hat mich das Training auf und neben dem Eis in den letzten Monaten fit gehalten und ich bin so bereit, wie man es nur sein kann. Allerdings bin ich auch ein bisschen nervös vor dem ersten Spiel. Doch meine Erfahrung wird mir helfen, die fehlende Spielpraxis wett zu machen. Die Tatsache, dass ich länger keine Partie mehr bestritten habe, wird definitiv keine Rolle spielen. Sobald das Spiel begonnen hat, wird alles binnen Sekunden wiederkommen.

LAOLA1: Du hast in deiner Karriere fast 600 NHL-Spiele gemacht. Ist man da wirklich noch nervös?

Turco: Natürlich. Wäre ich nicht mit Herz bei der Sache, wäre ich wahrscheinlich nicht nervös, aber ich will gewinnen, eine ansprechende Leistung bieten und die Stadt Salzburg, Red Bull sowie das Team so gut es geht repräsentieren. Ich habe keine Schmetterlinge im Bauch, aber ich werde definitiv ein bisschen unruhig vor dem Spiel werden. Es ist ein gewisser Druck in einem neuen Team zu sein und den Ansprüchen und Erwartungen gerecht werden zu müssen, denn Salzburg wollte mich unbedingt haben. Auf der anderen Seite habe ich genug Partien auf dem Buckel und Emotionen zu zeigen, ist keine schlechte Sache. Ich bin sehr selbstbewusst und weiß um mein Können. Man darf aber nicht außer Acht lassen, dass es sich um ein Knock-Out-Turnier handelt, sprich wir müssen jedes Spiel gewinnen. Ich habe schon einige solche Turniere gespielt, also kenn ich auch den Druck, der auf einem einzigen Spiel lastet. Aber ich freue mich darauf. Natürlich war die Situation in den letzten Monaten für mich keine leichte, denn ich will eigentlich nur spielen, aber ich habe so hart, wie es nur geht an mir gearbeitet und mehr kann ich von mir selbst nicht verlangen. Wenn ich in meinem „zu Hause“ bin, sprich im Tor stehe, und die Torpfosten berühre, wird das verflogen sein.

Nach elf Jahren in der NHL ist Turco derzeit ohne Verein

LAOLA1: Solltest du keinen NHL-Verein finden, besteht die Möglichkeit, dass du dich über das Salute hinaus an Salzburg bindest?

Turco: Im Moment liegt mein Hauptaugenmerk darauf, das Turnier zu spielen und ich will eigentlich keinen Vertrag unterzeichnen, damit ich noch die Möglichkeit habe, einen Verein in der NHL zu finden. Je länger ich aber in Salzburg bin und je mehr ich das Umfeld und Leute kennenlerne, sowie die Geschichte und Kultur dieses wunderbaren Landes, könnte ich mir schon vorstellen hierher zurückzukommen. Jetzt heißt es aber alle Konzentration auf Freitag und das eine Spiel zu lenken, aber langfristig gedacht wäre es sicher mal schön in Österreich zu spielen, denn ich kenne auch Wien und Innsbruck und mag Land und Leute. Ich könnte hier leben, aber wie gesagt, jetzt ist das Salute und wir werden sehen, wie es dann weiter geht.

LAOLA1: Kennst du eigentlich irgendeinen österreichischen Spieler?

Turco: Nein, vor meiner Ankunft kannte ich keinen. Ich habe einige Spieler am Sonntag kennengelernt und Freunde von mir haben in Österreich gespielt. Jeremy Rebek hat zwei Saisonen in Salzburg gespielt und er ist einer meiner besten Freunde aus meiner Heimatstadt. Er hat mir gesagt, ich solle mich auf die Spiele freuen, denn die Qualität sei gut.

LAOLA1: Lass uns noch kurz über die NHL sprechen. Du hast zehn Jahre für die Dallas Stars gespielt. Wie beurteilst du ihre bisherige Leistung in dieser Saison?

Turco: Die NHL ist eine harte Liga mit 30 Teams und derzeit müssen die Stars zusehen, dass ihr Einser-Goalie Kari Lehtonen wieder fit wird, außerdem ist Kapitän Brenden Morrow verletzt. Von seiner Genesung hängt vieles ab. Sie haben einige vielversprechende junge Cracks wie Jamie Benn und Loui Eriksson aus Schweden. Das werden die nächsten Superstars in der NHL. Die Mannschaft hat das Potenzial in die Playoffs zu kommen, was ihnen in den letzten drei Jahren nicht gelungen ist. Ich hoffe die Stars schaffen es. In meinem Herzen bin ich ein Dallas Star.

LAOLA1: Wer ist dein Favorit auf den Stanley Cup?

Turco: Im Moment würde ich sagen die New York Rangers.

LAOLA1: Danke für das Gespräch.

Das Interview führte Sebastian Rauch